Finanzpaket von Ausfuhrfinanzierung bis Zertifikatshandel
Wien (pk) - Mit Finanzthemen beschäftigte sich der Nationalrat am Abend des 05.12.. Im Zuge
der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit soll ab 2014 das Bundesfinanzgericht seine Tätigkeit aufnehmen und
an die Stelle des unabhängigen Finanzsenats treten. Österreich bekommt auch eine Bilanzpolizei, die die
Finanzmarktaufsicht unterstützen wird.
Finanzverwaltungsgerichtsbarkeit, Ausfuhrförderung und Zertifikatshandel
Abgeordneter Elmar PODGORSCHEK (F) führte aus, seine Fraktion bewerte die unter " Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz
2012" zusammengeführten Regierunsvorlagen unterschiedlich. So sei etwa keine Zustimmung der FPÖ
zur Vorlage für das Bundesfinanzgericht zu erwarten, da es bei der Bestellung der dortigen RichterInnen an
Transparenz mangle, befürwortet werde von den Freiheitlichen dagegen die Einrichtung einer Bilanzpolizei.
Ebenfalls zustimmend äußerte sich der F-Mandatar zum Entwurf der Novelle des Ausfuhrförderungsgesetzes,
obwohl die FPÖ im Ausschuss Bedenken geäußert habe, Haftungen würden durch diese Novelle auf
Kosten der SteuerzahlerInnen gehen. In einem Entschließungsantrag forderte Podgorschek die Bundesregierung
auf, im Sinne der Verwaltungsvereinfachung das FPÖ-Pendlerentlastungsmodell umzusetzen.
Abgeordneter Martin BARTENSTEIN (V) zeigte sich erfreut über den Stimmungswandel der FPÖ bezüglich
des Ausfuhrförderungsgesetzes, darin werde nämlich nur eine Fristverlängerung aber keine Erhöhung
der Exportförderung verankert. Da in Österreich jeder zweite Euro mit Exporten verdient werde, sei die
Unterstützung dieses Wirtschaftsbereichs essentiell, so Bartenstein.
Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) prangerte die Regelungen für das neue Bundesfinanzgericht an. Er verwies auf
eine Stellungnahme des Verwaltungsgerichtshofes, der, wie er sagte, bekrittle, dass durch unterschiedliche Rechtsmaterien
und Zuständigkeiten in der betreffenden Regierungsvorlage keine Vereinfachung zum Nutzen der BürgerInnen
zu erwarten sei.
Abgeordnete Petra Bayr (S) befasste sich im Rahmen der Novelle zum Ausfuhrförderungsgesetz vor allem mit der
Neuausrichtung der Entwicklungspolitik und unterstrich, die Struktur der Entwicklungsbank müsse verschlankt
werden, um zukünftig Doppelgleisigkeiten zu vermeiden. Zum Ausfuhrförderungsgesetz generell sagte sie,
dadurch solle auch das Auslagern von Arbeitsplätzen ins Ausland verhindert werden.
Abgeordnete Elisabeth KAUFMANN-BRUCKBERGER (T) beleuchtete kritisch die geplante Einführung der Bilanzpolizei,
denn Österreich sei "Schlusslicht" bei der Befolgung dieser EU-Verordnung, die bereits 2007 in Kraft
trat, und außerdem würden die Kosten dieser Kontrollinstitution nun den Unternehmen angelastet. Auch
vermute sie politische Einflussnahme bei der Bilanzpolizei, wogegen sich ihre Fraktion dezidiert ausspreche.
Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) bezeichnete die beiden Ausfuhrförderungsgesetze als wichtige Impulse
für Österreichs Erfolge im Export und meinte, die Förderung habe es den heimischen Betrieben ermöglicht,
in Nischen zu investieren und Produkte mit hoher Wertschöpfung ins Ausland und dabei auch verstärkt in
die Wachstumsmärkte außerhalb Europas zu exportieren.
Abgeordneter Maximilian LINDER (F) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion zu den beiden Ausfuhrförderungsgesetzen
an, schlug aber vor, Exportfinanzierung und Exportgarantien nach dem Vorbild Deutschlands auszugliedern.
Abgeordneter Kurt GARTLEHNER (S) bekannte sich zur Vereinheitlichung im europäischen Zahlungsverkehr, empfahl
den Banken aber, für ihre User in einer App IBAN- und BIC auf ihrer Online-Plattform bereitzustellen, um die
Verwendung einfacher zu machen.
Finanzministerin Maria FEKTER (V) stellte in einer Replik auf den Abgeordneten Linder klar, das System der Ausfuhrfinanzierung
sei bereits privatisiert.
Abgeordnete Gabriele TAMANDL (V) unterstützte die Bilanzpolizei und betonte, man habe von Strafen abgesehen,
da die Veröffentlichung von Fehlern beim Jahresabschluss ausreiche.
Abgeordnete Laura RUDAS (S) begrüßte die Bilanzpolizei als langjährige Forderung der SPÖ und
sah darin einen Schritt zur besseren Regulierung des Marktes.
Abgeordneter Hermann SCHULTES (V) meldete angesichts des hohen Erdölpreises Zweifel an der Sinnhaftigkeit
des Zertifikate-Handels an und meinte, das System sei von der Realität überholt worden, es wäre
an der Zeit, sich im Interesse des Klimaschutzes etwas Neues zu überlegen.
Abgeordnete Christine LAPP (S) verteidigte die Bilanzpolizei als Maßnahme, sämtliche gesetzliche Vorgaben
zu erfüllen, und wies insbesondere den Vorwurf zurück, es handle sich dabei bloß um eine Schröpfung
der Unternehmen.
Abgeordneter Konrad STEINDL (V) erwartete sich von den Bestimmungen über die Bilanzpolizei zusätzliche
Attraktivität für den Börsenplatz Österreich.
Abgeordneter Werner KOGLER (G) brachte den Fall Heini Staudinger zur Sprache und stellte kritisch fest, die Gesetze
würden zwar ausreichen, um dem Waldviertler Schuhfabrikanten die Finanzmarktaufsicht auf den Hals zu hetzen,
bei der Kommunalkredit sei man hingegen trotz 100 Seiten im Rechnungshofbericht untätig geblieben. Staudinger
der Großes für die regionale Wirtschaft leiste, werde verfolgt, jene Banken, die Milliarden "verzocken",
lasse man unbehelligt, empörte sich Kogler. Der Grün-Mandatar warf den Banken überdies vor, ihr
Geld für riskante Geschäfte im Ausland einzusetzen anstatt heimische Unternehmen zu unterstützen.
Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) wies den Vorwurf, Staudinger würde verfolgt, zurück. Die Finanzmarktaufsicht
könne nicht anders handeln, zumal die Geldaufbringung durch den Waldviertler Schuhfabrikanten einem Einlagegeschäft
gleichkomme, argumentierte Krainer, der allerdings Handlungsbedarf bei der Schaffung von billigeren Finanzierungsformen
für kleinere Betriebe ortete.
Bei der Abstimmung wurde das Zahlungsdienstegesetz einstimmig angenommen. Das Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz,
die Änderungen des Börsegesetzes, des Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetzes, des Ausfuhrförderungsgesetzes
sowie das Rechnungslegungs-Kontrollgesetz passierten das Plenum mit Stimmenmehrheit. Abgelehnt wurde der F-Entschließungsantrag
betreffend Verwaltungsvereinfachung durch das FPÖ-Pendlerentlastungsmodell.
Steuerabkommen und Strukturänderungsfonds für Trafiken
Abgeordneter Roman HAIDER (F) begrüßte das Abkommen mit Jersey, sah hingegen aber keine Notwendigkeit
zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit Rumänien und warnte in diesem Zusammenhang vor einer
Aufweichung des österreichischen Bankgeheimnisses.
Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) erwartete sich von dem Modell des Strukturänderungsfonds eine gezielte
Hilfe für die 300 Trafiken in Grenzregionen, die vor allem unter dem Zigarettenschmuggel leiden, und sprach
sich für eine Evaluierung der Bestimmungen auf ihre Treffsicherheit aus.
Abgeordneter Bruno ROSSMANN (G) signalisierte die Zustimmung der Grünen zu den beiden Doppelbesteuerungsabkommen
mit Jersey und Rumänien, meinte aber, es wäre besser, der Zinsrichtlinie der EU von 2005 beizutreten,
um den Informationsaustausch zu beschleunigen. Er warf Finanzministerin Fekter vor, diese Richtlinie zu blockieren
und damit der Steuerhinterziehung in Europa Vorschub zu leisten.
Abgeordnete Heidrun SILHAVY (S) rechnete mit einer Steigerung der Verwaltungseffizienz als Folge des Antrags betreffend
die steuerlichen Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der Körperschaften des öffentlichen
Rechts. Ein von der Rednerin eingebrachter S-V-Abänderungsantrag zu diesem Antrag hatte weitere Klarstellungen
zum Inhalt.
Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) beklagte, die Regierung mache es den Trafikanten nahezu unmöglich, erfolgreich
zu wirtschaften. Er kritisierte die Fondslösung und plädierte dafür, nicht nach dem Gießkannenprinzip
zu agieren, sondern vielmehr kleine Trafikanten zu unterstützen und Schmuggel wirkungsvoll zu bekämpfen.
Abgeordnete Elisabeth KAUFMANN-BRUCKBERGER (T) stellte die Ablehnung des vorliegenden Entschließungsantrags
zum Solidarfonds für TrafikantInnen durch das Team Stronach in Aussicht. Ihrer Meinung nach gehen die vorgesehenen
Unterstützungsmaßnahmen für TrafikantInnen in die falsche Richtung. Statt Zusperr-Überbrückungshilfen
und Stilllegungsbeihilfen zu zahlen, wäre es sinnvoller, mit Ergänzungszahlungen das Überleben von
TrafikantInnen sicherzustellen, betonte sie. Kaufmann-Bruckberger fürchtet, dass in nächster Zukunft
300 TrafikantInnen zusperren müssen, nicht weil ihre Einkünfte sinken, sondern die Lohn- und Fixkosten
ständig steigen. TrafikantInnen seien aber wichtige Nahversorger.
Auch Abgeordneter Maximilian LINDER (F) wies darauf hin, dass TrafikantInnen oft die letzten seien, die die Nahversorgung
und das Postservice am Land gewährleisten. Man müsse alles daran setzen, um die Trafiken aufrecht zu
erhalten, mahnte er. Linder glaubt allerdings, dass viel weniger Mittel als erwartet, nämlich nur 5 bis 7
Mio. € in den Strukturänderungsfonds fließen werden.
Ausdrücklich begrüßt wurde von Linder die vorgesehene Steuerbefreiung für Gemeinden bei Gemeindezusammenlegungen
und bei der Rückabwicklung von Ausgliederungen. Gemeindezusammenlegungen seien zu befürworten, wenn sie
auf freiwilliger Basis erfolgen, bekräftigte er.
Abgeordneter Franz KIRCHGATTERER (S) machte geltend, dass die SPÖ stets hinter den TrafikantInnen gestanden
sei. Durch den Solidarfonds konnten in der Vergangenheit viele Trafiken in den Grenzregionen abgesichert werden,
erinnerte er. Was die nunmehr vorgesehene Neuregelung betrifft, ist es für ihn entscheidend, dass der Fonds
von allen Teilen der Tabakindustrie gespeist wird und unabhängig von der Tabakindustrie ist. Generell wertete
Kirchgatterer das österreichische Tabakeinzelhandelsmonopol als Vorbild für andere Staaten.
Abgeordneter Erwin KAIPEL (S) setzte sich mit dem Abkommen zwischen Österreich und Jersey auseinander und
führte aus, Österreich schließe keine Doppelbesteuerungsabkommen mit Steueroasen. Durch das vorliegende
Abkommen wird ihm zufolge aber ein Informationsaustausch in bestimmten Bereichen sichergestellt. Ausdrücklich
begrüßte Kaipel auch das neue Steuerabkommen mit Rumänien.
Abgeordneter Kurt GASSNER (S) wertete die steuerlichen Sonderregelungen für Gemeinden als positiv. Allerdings
bedauerte er, dass die Umsatzsteuerbefreiung nicht auch in jenen Fällen wirksam wird, in denen Gemeinden auf
Basis von Kooperationsverträgen zusammenarbeiten. In anderen Bereichen sei es sehr wohl möglich, interne
Umsätze von der Umsatzsteuer zu befreien, sagte er.
Finanzministerin Maria FEKTER hielt Abgeordnetem Gaßner entgegen, sie habe aufgrund einer geänderten
Judikatur des EuGH und der Judikatur des Verwaltungsgerichtshof keinen Handlungsspielraum. Es bleibe nichts anderes
übrig, als in jedem Einzelfall zu prüfen, ob im Rahmen von Kooperationsverträgen hoheitliche oder
nichthoheitliche Leistungen erbracht werden, konstatierte sie.
Die steuerlichen Sonderregelungen für Gemeinden wurden vom Nationalrat unter Berücksichtigung des S-V-Abänderungsantrags
einstimmig beschlossen. Die Grundzüge der Förderungskriterien des Solidarfonds für TrafikantInnen
nahmen die Abgeordneten mehrheitlich an.
Einstimmig erteilte der Nationalrat dem Abkommen mit Jersey seine Genehmigung. Das Abkommen mit Rumänien erhielt
mehrheitliche Zustimmung.
Neue GO im Gemeinsamen Ausschuss gemäß Finanz-Verfassungsgesetz
Zu den finanzpolitischen Entscheidungen des heutigen Tages zählt auch der einstimmige Beschluss einer
neuen Geschäftsordnung im Ständigen gemeinsamen Ausschuss im Sinne des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes.
Dieser 26-köpfige Ausschuss, der neu konstituiert wurde, setzt sich aus je 13 Mitgliedern des Nationalrates
und des Bundesrates zusammen. Der Ausschuss hat die Aufgabe, über Einsprüche der Bundesregierung gegen
Gesetzesbeschlüsse der Landtage zu entscheiden.
Die neue Geschäftsordnung trägt der jüngsten Novelle des Finanz-Verfassungsgesetzes im Rahmen der
Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit Rechnung. Mit dieser Novelle wurde das Einspruchsrecht der Bundesregierung
auf jene Landtagsbeschlüsse eingeschränkt, die Abgaben zum Gegenstand haben.
Die neue Geschäftsordnung tritt an die Stelle der alten Geschäftsordnung des Ausschusses aus dem Jahr
1948 und wird im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden.
|