Ein kompakter Auszug aus dem vielfältigen Schaffen des schon zu Lebzeiten weltweit anerkannten
Künstlers Fritz Wotruba ist bis 7. April im 21er Haus im Schweizergarten zu sehen
Wien (rk) - Stein und Bronze, Würfel und Quader – starke Materialien und kubische Formen kennzeichnen
das kraftvolle Werk eines Bildhauers, der Generationen von KünstlerInnen beeindruckt und provoziert hat und
sie bis heute prägt. Der Wiener Fritz Wotruba (1907-1975) hat ein vielseitiges Werk hinterlassen: rund 500
Steinskulpturen und Metallplastiken, 2.500 Zeich-nungen, 1.500 Druckgraphiken und spannende bühnenarchitektonische
Arbeiten wie Kulissen und Kostümentwürfe für das Burgtheater der 1960er Jahre.
Weg vom "unechten" Theaterbau, hin zur "echten" Architektur führte ihn der Auftrag ein
Kloster zu errichten. Nach heftigen Widerständen seitens Kirchenvertretern und Architekten wurde schließlich
Mitte der 1970er Jahre an anderer Stelle die Kirche "Zur Heiligsten Dreifaltigkeit" in Wien-Mauer realisiert.
Wotruba damals über den Höhepunkt seiner künstlerischen Arbeit: "Wenn dieser Bau glückt,
wird er von großer Dynamik und Dramatik sein. Das scheinbare Chaos, das durch die Anordnung asymmetrischer
Blöcke entsteht, sollte zuletzt eine harmonische Einheit ergeben." Die Einweihung 1976 erlebte Wotruba
nicht mehr. Das Modell dieser "Wotruba-Kirche", aus Gips und Bronze aus dem Jahr 1967, findet sich im
21er Haus (3., Arsenalstraße 1), in der von Bundespräsident Heinz Fischer, Mitte Dezember eröffneten
Ausstellung.
"Wotruba. Leben, Werk und Wirkung"
Unter diesem Titel sind bis 7. April, insgesamt 30 Originale, chronologisch geordnet, im Untergeschoß des
21er Hauses zu betrachten. Darunter Skulpturen, Plastiken, Werkskizzen, Fotos und Briefe von zeitgenössischen
Freunden wie Robert Musil und Elias Canetti, Zeitungsausschnitte, Dokumente und mehr. Die Arbeiten geben Einblick
in das vielfältige Schaffen einer bedeutenden Künstlerpersönlichkeit und eines der größten
Bildhauer Österreichs.
Wie nachhaltig Wotrubas Schaffen ist, beweisen auch die Gäste bei der Eröffnung der Ausstellung. Neben
zahlreichen KunstfreundInnen waren auch einige Studierende der Akademie der Bildenden Künste anwesend, um
ihrem Vorbild und Lehrer Fritz Wotruba die Ehre zu erweisen: Unglaublich jung gebliebene Bildhauer von Weltformat
wie Wander Bertoni (87), der 1943 als Zwangsarbeiter nach Österreich kam, der Vorarlberger Herbert Albrecht
(85), Alfred Czerny (78) und Oskar Höfinger (77). Sie alle bekundeten einander auch in Erinnerung an streitbare
Zeiten vor allem gegenseitige Wertschätzung – auch das ist ein Verdienst Wotrubas.
Wer war Wotruba?
Als jüngstes von acht Kindern, eines böhmischen Vaters und einer ungarischen Mutter, ist Fritz Wotruba
in der Wiener Josefstadt aufgewachsen. Mit sieben Jahren schuf er seine erste Plastik, und nach der Lehre als Metallarbeiter
und seinem "Hang zum Sozialismus"* wäre er beinahe in die Politik gegangen. Mit seiner jüdischen
Frau Marian musste er 1938 emigrieren. Im schweizerischen Zug lernte er vertriebene Vertreter der Moderne kennen
und knüpfte wertvolle Freundschaften, etwa mit Canetti und Musil sowie mit den Kunstsammlern Editha und Fritz
Kamm, deren Wotruba-Sammlung als Stiftung im Kunsthaus Zug zu sehen ist.
Bereits zum Abschluss der Kunstgewerbeschule attestierten ihm seine Lehrer Anton Hanak und Eugen Steinhof "sehr
gute technische und kompositionelle Begabung in der freien Gestaltung von Blech und Stein." Mit 25 Jahren
vertrat er erstmals Österreich bei der Biennale in Venedig. In den 1950er Jahren folgten Ausstellungen in
London, Montreal, Pittsburgh, in der Schweiz, Prag, Wien, Graz, Tokio, Italien, Deutschland, im ehemaligen Jugoslawien,
Budapest und anderen Ländern und Städten.
Heimatstadt Wien
Doch Wien war und blieb Wotrubas Heimatstadt, in der er unzählige Skulpturen schaffen konnte: "Der
plötzliche Wechsel wirkt wie ein Schock auf mich und meine Arbeit. Die Zerstörungen lösen keine
Untergangskunst aus, im Gegenteil das Skulpturale, also die Figur als Begriff und Vorstellung eines Körpers,
mit festen reinen Umrissen, deutlich und klar". Es entstanden Werke wie "Weibliche Kathedrale" (Coverbild
des Ausstellungsbuches) aus einem Sandsteinblock des zerbombten Stephansdoms, später die "Stehende Figur",
die noch heute im Florianipark hinter dem Rathaus steht. Als künstlerischer Leiter der Galerie Würthle
in Wien konnte er sich ein Herzensanliegen erfüllen: "den kulturellen Wiederaufbau Wiens zu fördern
und zeitgenössische Kunstströmungen sichtbar machen."
Wotruba erhielt 1947 den ersten Preis der Stadt Wien in der Kategorie Bildhauerei, 1975 wurde ihm der Titel "Bürger
der Stadt" verliehen. Doch nicht nur die Stadt Wien würdigte seine Verdienste: von der Kunstakademie
in Florenz wurde er zum Ehrenmitglied ernannt, Papst Paul VI. verlieh ihm die Pontifikatsmedaille.
Nach seinem unerwarteten Herztod 1975 fand der Bildhauer in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof seine letzte
Ruhestätte.
Wotruba-Museum im 21er Haus
Das ehemalige 20er Haus im Schweizergarten wurde in den 1950er Jahren von Karl Schwanzer als Österreich-Pavillon
für die Brüsseler Weltausstellung 1958 erbaut. Fritz Wotruba gestaltete dafür ein monumentales Figurenrelief.
Von 1962 bis 2001 diente das Gebäude als erstes Museum für moderne Kunst in Wien, das heute als MUMOK
im MuseumsQuartier zu finden ist. Die nächsten Jahre ist im 21er Haus, unter der Leitung des Belvederes, das
Wotruba-Museum eingerichtet.
Zur Ausstellung haben Wilfried Seipel & Fritz Wotruba Privatstiftung das Buch "Wotruba. Leben, Werk und
Wirkung" herausgegeben, erschienen im Christian Brandstätter Verlag.
Quelle der Zitate: wotruba.at und Gerhard Habarta: Frühere Verhältnisse. Kunst in Wien nach ´45,
Verlag Der Apfel, 1996.
Veranstaltungsdetails
Termin: bis 7. April 2013
Öffnungszeiten: Mi 10 bis 21 Uhr, Do-So 10 bis 18 Uhr
Ort: 21er Haus, Schweizergarten, 3., Arsenalstraße 1
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