Opposition fordert Aufklärung über Notverstaatlichung
Wien (pk) - Das Bankenhilfspaket und die Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria beschäftigen
weiter das Parlament. Im Hauptausschuss des Nationalrats forderte die Opposition einmal mehr Aufklärung darüber,
warum sich Österreich seinerzeit für die Notverstaatlichung der Kärntner Hypo entschieden habe,
und drängte neuerlich auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Zudem äußerten Grüne,
FPÖ und BZÖ die Befürchtung, dass die Kosten für das Bankenhilfspaket deutlich höher ausfallen
werden, als Berichte von Finanzministerin Maria Fekter vermuten lassen. Die Entscheidung, ob Österreich Bayern
klagen wird, fällt laut Staatssekretär Andreas Schieder in den nächsten Tagen, noch würden
die Bankenorgane und die Finanzprokuratur den Sachverhalt prüfen.
Schieder verteidigte die Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria allerdings vehement. Anderenfalls hätte seiner
Meinung nach aufgrund der enormen Haftungen durch das Land Kärnten ein viel größerer Schaden gedroht.
Man habe im Zuge der Verhandlungen mit Bayern verschiedenste Szenarien durchgedacht und sich schließlich
für die Verstaatlichungsvariante entschieden. Die "Was-wäre-wenn-Rechnung" der Opposition ist
Schieder zufolge müßig, letztendlich könne nie geklärt werden, ob Bayern die Hypo Alpe Adria
tatsächlich in die Insolvenz geschickt hätte. Die negativen Konsequenzen eines solchen Schrittes hätten
ihm zufolge Österreich jedoch mit Sicherheit deutlich härter getroffen als Bayern.
Äußerst geringen politischen Willen ortet Schieder in Bezug auf die Aufnahme weiterer Banken in das
Bankenhilfspaket. Es gibt ihm zufolge zwar noch einen gewissen finanziellen Spielraum, er sieht den Kreditsektor
aber gefordert, sich selbst zu helfen.
Hatte Bayern gegen Österreich ein Druckmittel in der Hand?
Eingeleitet wurde die Diskussion im Ausschuss von Abgeordnetem Bruno Rossmann (G). Er bezweifelte die Berechnungen
der Regierung, was das aktuelle Ausmaß des negativen Saldos des Bankenhilfspakets betrifft, und meinte, die
Verluste könnten sich auf bis zu 5,6 Mrd. € kumulieren. Rossmann warf der Regierung außerdem vor, die
für die Hypo Alpe Adria und die KA Finanz übernommenen Garantien und Zuschusszahlungen falsch im Budget
zu verbuchen und damit den Eindruck zu erwecken, die Republik wäre um ein 1,4 Mrd. € reicher, als sie tatsächlich
ist.
Abgeordneter Alois Gradauer (F) brachte neuerlich die Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria zur Sprache und verlangte
wie die anderen Oppositionsparteien die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Klärung der Umstände
rund um die Notverstaatlichung. Es habe den Anschein, dass Bayern durch Verhandlungsgeschick die österreichische
Seite "gewaltig über den Tisch gezogen hat", erklärte er.
Ähnliche Vermutungen äußerte Grün-Abgeordneter Werner Kogler. Er glaubt, dass Bayern ein Druckmittel
in der Hand gehabt haben muss, warum hätte sich Österreich sonst auf die Notverstaatlichung einlassen
sollen. Kogler hinterfragte in diesem Zusammenhang auch die Befürchtung, dass Bayern die Hypo Alpe Adria tatsächlich
in die Insolvenz geschickt hätte. Sollten sich die Koalitionsparteien weiter weigern, über diese Frage
zumindest im Rechnungshofausschuss des Nationalrats ausführlich zu diskutieren, wenn schon nicht in einem
Untersuchungsausschuss, würden sich die Grünen "lautere und stärkere Mitteln innerhalb und
außerhalb des Parlaments überlegen", drohte Kogler.
Abseits der Hypo Alpe Adria sprach FPÖ-Abgeordneter Gradauer auch die ab dem nächsten Jahr fällige
Rückzahlung von Partizipationskapital und in den Medien kolportierte Probleme der Hypo Niederösterreich
und der Hypo Tirol an. Abgeordneter Gerhard Huber (B) wollte in diesem Zusammenhang wissen, ob Staatssekretär
Schieder Anzeichen dafür habe, dass weitere Banken das Bankenpaket in Anspruch nehmen wollen. Er drängte
überdies darauf, die Finanzmarktaufsicht einzuschalten, um die Geschäfte der Hypo Tirol genauer zu prüfen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) betonte, seine Fraktion stehe nach wie vor hinter dem Beschluss, die Hypo Alpe
Adria notzuverstaatlichen. Im Konkursfall wären Haftungen des Landes Kärnten schlagend geworden, die
einen weitaus größeren Schaden verursacht hätten als die Notverstaatlichung, zeigte er sich überzeugt.
Krainer geht aber, wie er sagte, davon aus, dass sich die Regierung Schritte gegen Bayern überlegt, sollte
eine Klage von Gutachtern als erfolgversprechend eingestuft werden.
Was die Rückzahlung von Partizipationskapital betrifft, rechne er angesichts der Situation am Kapitalmarkt
nicht damit, dass dies einer Bank im nächsten Jahr gelingen werde, hielt Krainer fest. Fällig würden
die Rückzahlungen ihm zufolge ohnehin erst im Jahr 2014, wobei er auch hier Zweifel hat, dass diese planmäßig
erfolgen werden.
Generell führte Krainer aus, man habe das Bankenpaket nicht geschnürt, um damit ein Geschäft zu
machen, sondern um größeren Schaden abzuwenden. Trotz der drohenden Verluste war es seiner Auffassung
nach richtig, das Risiko einzugehen.
Schieder: Klage gegen Bayern wird noch geprüft
Staatssekretär Andreas Schieder teilte die Einschätzung von Abgeordnetem Rossmann nicht, dass die staatlichen
Zuschusszahlungen und Garantieübernahmen für die Hypo Alpe Adria und andere Banken Maastricht-widrig
verbucht wurden. Welche Forderungen einbringlich oder nicht einbringlich sein werden, wird ihm zufolge erst dann
feststehen, wenn klar sei, welche Erlöse man beim angestrebten Verkauf der Banken lukrieren könne. So
ist Schieder zufolge der Privatisierungsprozess der Kommunalkredit derzeit im Laufen. Das vorläufige Minus
beim Bankenpaket von rund 1,9 Mrd. € ist für ihn in diesem Sinne nur ein vorläufiger Saldo.
Die Erste Bank habe dem Finanzministerium bereits offiziell bekannt gegeben, dass sie im kommenden Jahr Partizipationskapital
zurückzahlen wolle, skizzierte Schieder. Grundsätzlich sei aber eine Rückzahlungsverlängerung
auch über das Jahr 2014 hinaus möglich. In einem solchen Fall würden aber die Zinsen für die
Banken steigen.
Zur Notverstaatlichung der Hypo Alpe-Adria merkte Schieder an, die "Was-wäre-wenn-Rechnung" der
Opposition sei müßig, es werde sich nie feststellen lassen, ob Bayern die Hypo Alpe Adria tatsächlich
in den Konkurs geschickt hätte. Es habe aber, so Schieder, eine Fülle von Anzeichen gegeben, dass das
Risiko eines Konkurses für Österreich deutlich höher gewesen sei als für Bayern. International
wäre der Konkurs dem Finanzplatz Österreich zugerechnet worden und hätte einen Dominoeffekt sowie
einen enormen Schaden für den Wirtschaftsstandort bewirken können. Es wäre auch Österreich
gewesen, wo die Leute vor einer verschlossenen Bank gestanden wären.
Kritik übte Schieder daran, dass Bayern vor der Notverstaatlichung bewusst begonnen habe, Eigenkapital aus
der Bank abzuziehen. Ob es in Bezug auf die Frage Eigenkapital versus Kredit eine Klage gegen Bayern geben wird,
entscheiden ihm zufolge die Bankenorgane in den nächsten Tagen. Gleichzeitig prüfe die Finanzprokuratur,
ob eine Irrtumsanfechtung des Vertrags möglich sei.
Zur Hypo Tirol und zur Hypo Niederösterreich hielt Schieder fest, es sei bisher kein Ansuchen beim Finanzministerium
auf Unterstützung aus dem Bankenpaket eingelangt. Der politische Wille, eine neue Bank in das Hilfspaket aufzunehmen,
gehe allerdings ohnehin "gegen null", meinte er. Alle Kreditinstitute seien aufgefordert ihre Probleme
selbst zu lösen, auch wenn es noch einen gewissen finanziellen Spielraum gibt. Kritik an der mangelhaften
Prüfung der beiden Banken durch die Finanzmarktaufsicht wies Schieder zurück.
Quartalsberichte zum Bankenpaket: Negativer Saldo von 1,93 Mrd. €
Grundlage für die Diskussion im Ausschuss bildeten die von der Regierung im 2. und 3. Quartal 2012 ergriffenen
Maßnahmen zur Stabilisierung des Bankensektors. Daraus geht unter anderem hervor, dass der Staat seit Implementierung
des Bankenpakets rund 1,86 Mrd. € an Einnahmen verzeichnen konnte. Dem stehen Ausgaben in Höhe von rund 3,79
Mrd. € gegenüber, was einen negativen Saldo von rund 1,93 Mrd. € ergibt.
Der Haftungsrahmen von 15 Mrd. € gemäß Finanzmarktstabilitätsgesetz wurde mit rund 12,23 Mrd. €,
ausgenützt, der freie Rahmen beträgt mit Ende September 2012 rund 2,77 Mrd. €.
Was die Hypo-Alpe-Adria betrifft, so wurde der EU-Kommission Mitte März 2012 ein überarbeiteter Restrukturierungsplan
vorgelegt. Der Kapitalbedarf der Bank beträgt aufgrund von Bilanzdaten knapp weniger als 1,5 Mrd. €, der so
weit wie möglich mittels Haftungsübernahmen des Bundes für Aktiva abgedeckt werden soll. Das Rekapitalisierungserfordernis
umfasst jedoch die Summe von rund 2,2 Mrd. €, das ab 31. März 2013 zu erbringen ist. Für die restlichen
0,7 Mrd. € wurde im Bundesvoranschlag für 2013 vorgesorgt.
Hinsichtlich der Privatisierung der Kommunalkredit Austria AG wird derzeit das potentielle Investoreninteresse
am Markt sondiert. Eine weitere Stützungsmaßnahme der Bank aus dem Bankenpaket sei aus heutiger Sicht
nicht vorgesehen, heißt es im vorliegenden Bericht.
Die weitere Entwicklung der KA Finanz ist von den Refinanzierungsbedingungen und dem Kapitalbedarf aufgrund der
jeweiligen Marktentwicklung abhängig. Insbesondere die Umschuldung Griechenlands und die Verschlechterung
der Ratings von Spanien und Italien sowie erhöhte Marktvolatilitäten wirken sich laut Finanzministerium
negativ auf die Kapital- und Liquiditätssituation der Bank aus.
Der Restrukturierungsplan der Österreichischen Volksbanken wurde in der Zwischenzeit von der EU-Kommission
genehmigt. Demnach wird die ÖVAG einen Teil ihrer Geschäftsbereiche verkleinern und sich vorwiegend auf
die Zusammenarbeit mit dem Volksbankensektor konzentrieren. Der Bund nahm zur Abwendung der drohenden Unterschreitung
der erforderlichen Eigenmittel an einem bis zu 70%igen Kapitalschnitt zur Abdeckung des Bilanzverlusts 2011 teil
und führte darüber hinaus 250 Mio. € an Eigenkapital im Rahmen einer Kapitalerhöhung durch. Die
bisherigen Aktionäre sind ebenfalls zu Stützungsleistungen bereit, sodass die Volksbanken 234 Mio. €
an Eigenkapital zuführen und die DZ-Bank ein signifikantes Portfolio an Aktiva übernimmt. Der Kapitalschnitt
wurde in der Hauptversammlung vom vergangenen April beschlossen, die Kapitalzufuhr des Bundes erfolgte auf ein
Treuhandkonto. Die Primärbanken des Volksbanken-Sektors und die ÖVAG schließen sich zu einem Kredit-Institute-Verbund
zusammen. Der Bund hält nunmehr rund 43% des Grundkapitals der ÖVAG, zusätzlich besteht das nach
dem Kapitalschnitt verbleibende Partizipations-Kapital von 300 Mio. €.
Beide Quartalsberichte wurden mit den Stimmen der Koalitionsparteien zur Kenntnis genommen.
Ausfuhrförderung: Haftungsübernahmen stiegen im 3. Quartal deutlich
Einstimmig passierten die Berichte der Finanzministerin über die im 2. und 3. Quartal 2012 übernommenen
Haftungen, Haftungsinanspruchnahmen und Rückflüsse aus Haftungsinanspruchnahmen den Hauptausschuss.
Den Berichten zufolge war der Haftungsrahmen von 50 Mrd. € Ende September 2012 mit 35,6 Mrd. € ausgenützt,
womit die Ausnützung bei rund 71,2% lag (Ende Juni 2012: 72,3%). Wie der Bericht ausführt, gab es im
3. Quartal 2012 trotz Rückgangs der Ausnützung des Haftungsrahmens eine deutliche Ausweitung der Neuzusagen
gegenüber dem 3. Quartal 2011 und zum Vorquartal, was man seitens des Finanzministeriums als ein positives
Indiz für die weitere Entwicklung wertet. Insgesamt werden nach Auskunft des Ressorts rund 1.400 Garantie-
und Wechselbürgschaftsnehmer betreut.
Die neuen Haftungen betrafen im dritten Quartal rund 1,66 Mrd. €. Davon entfielen auf Garantien 812 Mio. €, auf
Wechselbürgschaften rund 764 Mio. € und für die Österreichische Entwicklungsbank rund 82 Mio. €.
Insgesamt ergab sich mit Stand 30. September erneut ein Deckungsüberschuss von 40 Mio. €, womit der positive
Trend der letzten Jahre fortgesetzt wurde.
Im 2. Quartal 2012 wurden 16 Garantien übernommenen, im 3. Quartal 18 Garantien. Nähere Informationen
dazu sind auf der Homepage der Österreichischen Kontrollbank ( www.oekb.at ) zu finden.
Im Rahmen einer kurzen Diskussion forderte Abgeordneter Gerhard Huber (B), dass die unter dem Titel Ausfuhrförderung
zur Verfügung stehenden Mittel auch tatsächlich der österreichischen Exportwirtschaft zugutekommen.
Abgeordneter Albert Steinhauser (G) hinterfragte zwei Wasserkraftwerksprojekte in der Türkei und kritisierte,
dass ökologisch zweifelhafte Projekte immer öfter als kurzfristig zahlbar bewertet würden, um, wie
er vermutete, eine Vorabveröffentlichung zu umgehen.
Abgeordneter Roman Haider (F) äußerte sich kritisch zum Ausmaß der Haftungsübernahmen und
fragte, ob man die Haftung nicht privat organisieren könnte. Er wies außerdem darauf hin, dass ein Großteil
der uneinbringlichen Haftungen 2012 in Afrika angefallen sei, und bezweifelte ob bei den Haftungsübernahmen
die notwendige Sorgfalt angewendet wurde.
Staatssekretär Andreas Schieder machte geltend, dass bei beiden von den Grünen angesprochenen Wasserkraftwerden
keine ökologischen Bedenken bestehen. Was das Ausmaß der Haftungsübernahmen betrifft, gebe es wenig
Unterschiede zwischen Österreich und Deutschland, meinte er. Man dürfe Haftungen und Finanzierungen,
die beide von der Österreichischen Kontrollbank abgewickelt werden, nicht zusammenzählen.
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