Die Stadt Wien thematisiert eine globale Herausforderung
Wien (rk) - Anlässlich der diesjährigen entwicklungspolitischen Fachtagung der Stadt Wien
sprachen am 11.12. im Wiener Rathaus ExpertInnen zu aktuellen Fragen rund um das Thema Frauengesundheit. Gemeinderätin
Susanne Bluma wies in ihrer Begrüßung auf die Bedeutung des Menschenrechts auf Gesundheitsversorgung
hin und betonte die politische Bedeutung des Themas.
Doris Burtscher, Ethnomedizinerin bei "Ärzte ohne Grenzen" berichtete anhand eines Projekts in Swaziland
über den unterschiedlichen Umgang mit dem Phänomen "Krankheit", der stark von der kulturellen
Prägung des Menschen beeinflusst ist. Die Ursachen einer Erkrankung bzw. die Behandlung werden in Kulturen
oft sehr unterschiedlich gedeutet und müssen daher bei der Projektentwicklung zur Verbesserung der Lebenssituationen
von Menschen in Entwicklungsländern verstärkt berücksichtigt werden. Nadine Krysostan vom European
Parliamentary Forum on Population and Development gab einen Einblick über die Lobbying-Arbeit auf internationaler
Ebene. Insbesondere erörterte sie die Frage, welche Maßnahmen gesetzt werden müssten, um die Millennium
Development Goals im Bereich Gesundheit zu erreichen. Würde die internationale Staatengemeinschaft die derzeitigen
Investitionen von 4 Mrd. Dollar pro Jahr verdoppeln, so könnten weltweit im selben Zeitraum 21 Millionen ungewollte
Schwangerschaften vermieden werden, die Sterblichkeit von Schwangeren könnte um zwei Drittel gesenkt werden
und der Tod von 600.000 Neugeborenen vermieden werden. Ebenso wichtig wie die finanzielle Ausstattung sei aber
der politische Wille von Regierungen, gesellschaftlichen Gruppen, Religionsgemeinschaften und er Zivilgesellschaft,
Frauen das Recht auf Selbstbestimmung im Bereich sexuelle und reproduktive Gesundheit zu geben. Rezaul Haque, Gynäkologe
aus Bangladesch, argumentierte gleichlautend und lieferte Ergebnisse seiner Arbeit mit marginalisierten Frauen
aus seiner Heimat. Nur durch das gesellschaftliche Empowerment der Frauen wie z.B. durch bessere Bildung, eigenes
Einkommen und Schutz vor häuslicher Gewalt konnte sich die Verbesserung der Gesundheit von Frauen erzielen
lassen.
Positive Erfahrungen bei Wiener Projekten
Die Stadt Wien fördert seit Jahren NGO-Projekte in Entwicklungsländern mit dem Schwerpunkt Frauengesundheit.
Im Rahmen der Fachtagung konnten die positiven Ergebnisse präsentiert werden. Beispielsweise gelang es der
Caritas in der ukrainischen Stadt Odessa, die Mutter-Kind-Übertragung von HIV mittels intensiver Informationsarbeit
und Medikamentenabgabe massiv zu senken. Die Volkshilfe baute eine dörfliche Krankenkasse in Burkina Faso
auf, die sich mittlerweile selbst finanziert. Die Mitglieder der Krankenkasse erhalten für einen Beitrag von
nur 80 Euro-Cents pro Monat, zehn ärztliche Behandlungen im Jahr. Auf großes Interesse stieß auch
der Leistungsbericht der Organisation SONNE-International, die in Äthiopien ein erfolgreiches Programm zur
Vermeidung der weiblichen Genitalverstümmelung umsetzt. Weiters gaben zwei Expertinnen einen Einblick in das
Wiener Gesundheitsangebot für afrikanische und arabische Frauen am Beispiel des Frauengesundheitszentrums
FEM Süd.
Frauengesundheit hat politische Dimension
Bei der zum Abschluss der Fachtagung stattgefundenen Podiumsdiskussion hob die Wiener Frauengesundheitsbeauftragte
Beate Wimmer-Puchinger die Notwendigkeit zur Stärkung der politischen Rechte und des gesellschaftlichen Status
von Frauen weltweit hervor. Darüber hinaus bedarf es auch auf Seiten der Wissenschaft mehr Engagement für
gesundheitsrelevante Themen sowie mehr internationale Aufmerksamkeit für globale Ziele, die im Rahmen der
WHO formuliert werden. Gemeinsam mit dem Publikum waren sich die ExpertInnen einig, dass sich die Lebenssituation
von Frauen und ihre Position in der Gesellschaft weltweit unmittelbar auf ihre Gesundheit auswirkt. Ihre gesellschaftliche
Position bestimmt ihren Entscheidungsfreiraum bei Familienplanung oder Prävention von HIV/Aids. Das Recht
auf Gesundheit ist zwar ein universell anerkanntes Menschenrecht, das aber für große Teile der Menschheit
nicht gewährleistet ist. Nicht zuletzt deshalb beziehen sich drei der acht Millenniums-Entwicklungsziele auf
den Gesundheitsbereich.
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