Wien (wifo) - Die Perspektiven für die österreichische Volkswirtschaft haben
sich gegenüber der September-Prognose des WIFO etwas verbessert. Dies geht vor allem auf die leichte, aber
breit angelegte Aufhellung der Vorlaufindikatoren zurück, welche auf einen Konjunkturwendepunkt zum Jahreswechsel
hindeuten. Das Risikoumfeld ist jedoch weiterhin differenziert und entspricht weitgehend der Einschätzung
vom Herbst: Die außenwirtschaftlichen Abwärtsrisiken dominieren geringfügig gegenüber den
inländischen Aufwärtsrisiken. Die österreichische Volkswirtschaft sollte unter diesen Rahmenbedingungen
2013 real um 1,0% und 2014 um 1,8% wachsen.
Die österreichische Volkswirtschaft dürfte im 2. Halbjahr 2012 stagniert haben, womit ein stärkerer
Rückgang vermieden werden konnte. Bedingt durch die umfangreichen öffentlichen Sparprogramme im Euro-Raum
und eine anhaltend schwierige Wirtschaftslage in den Nachbarländern bleibt das Wachstum über den gesamten
Prognosezeitraum verhalten. Die Vorlaufindikatoren deuten bereits auf ein Ende der Abwärtsbewegung hin. Zwar
sind die Signale bisher relativ gering, sie sind aber in einer Vielzahl von Determinanten zu erkennen. Somit gibt
es die begründete Aussicht, dass die Schwächephase nicht allzu lange anhalten wird und die heimische
Volkswirtschaft bald wieder auf einen Wachstumspfad zurückkehrt. Die Situation ist derzeit geprägt von
der zum Teil tiefgreifenden Anpassungsrezession in einigen Euro-Ländern und von der Verlangsamung der weltweiten
Dynamik. Zwar sind die binnenwirtschaftlichen Voraussetzungen für einen langen und breit angelegten Aufschwung
weiterhin intakt, für eine offene Volkswirtschaft wie die österreichische sind aber Nachfrageimpulse
aus den Handelspartnerländern von großer Bedeutung.
Nach einer Zunahme der Wirtschaftsleistung um 0,6% im Jahr 2012 dürfte sich die Expansion in Österreich
2013 auf 1,0% und 2014 auf 1,8% beschleunigen. Diese Prognose setzt voraus, dass sich die Staatsschuldenkrise nicht
signifikant verschärft, und unterstellt eine allmähliche Verringerung der Verunsicherung von Investoren
und Konsumenten. Das österreichische BIP wird unter diesen Annahmen, gestützt durch eine weiterhin expansive
Geldpolitik und das anziehende Wachstum der Weltwirtschaft, bereits im Laufe des Jahres 2013 auf einen mäßigen
Wachstumspfad zurückkehren. Das Wachstum der österreichischen Wirtschaft würde dann über den
Prognosehorizont (2013 und 2014) im Durchschnitt dem Potentialwachstum entsprechen. Unter der Annahme eines leichten
Rückganges der Rohölnotierungen sollte der Preisdruck in Österreich verhalten aufwärtsgerichtet
bleiben. Nach einer Teuerungsrate von 2,4% im Jahr 2012 dürfte der VPI 2013 um 2,1% und 2014 um 2,0% steigen.
Neben einer mäßigen, jedoch soliden Zunahme des privaten Konsums wird über den Prognosehorizont
vor allem die Investitionsaktivität wieder deutlich zunehmen. Beschäftigung und Arbeitskräfteangebot
werden ausgeweitet, die Arbeitslosigkeit wird über den Prognosehorizont hoch bleiben.
Die vorliegende Prognose ist nach wie vor von einem hohen Maß an Unsicherheit geprägt. Wenn sich die
Wirtschaft im Euro-Raum rascher erholt und sich die Weltkonjunktur stärker beschleunigt als hier unterstellt,
könnte die österreichische Wirtschaft dank ihrer guten Grundkonstitution kräftiger expandieren.
Dem stehen zahlreiche Abwärtsrisiken gegenüber, etwa eine langsamere Belebung der Weltwirtschaft oder
eine neuerliche Verschärfung der Schuldenkrise in einigen Ländern.
Periodenvergleiche
Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte
Effekte bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen
in der Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Text wird auf "saison- und arbeitstägig bereinigte
Veränderungen" Bezug genommen.
Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung
gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.
Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über
den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen
Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.
Durchschnittliche Veränderungsraten
Die Zeitangabe bezieht sich auf Anfangs- und Endwert der Berechnungsperiode: Demnach beinhaltet die durchschnittliche
Rate 2005/2010 als 1. Veränderungsrate jene von 2005 auf 2006, als letzte jene von 2009 auf 2010.
Reale und nominelle Größen
Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte
nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.
Produzierender Bereich
Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden,
Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.
Inflation, VPI und HVPI
Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex
(VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist
die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität
innerhalb der Euro-Zone.
Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen
Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel
und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex
(VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.
WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest
Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung
ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche
Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit ( http://www.konjunkturtest.at/ ). Die Indikatoren
sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten
Unternehmen.
Arbeitslosenquote
Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot
der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig
Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei
AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.
Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind
und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde
selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge
zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist
der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis: Umfragedaten
von privaten Haushalten (Mikrozensus).
Begriffe im Zusammenhang mit der österreichischen Definition der Arbeitslosenquote
Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die
Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.
Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen
auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenzdiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis.
Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".
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