Österreichweite SORA-Umfrage unter Eltern

 

erstellt am
18. 12. 12

 Eltern wollen Kinderbetreuungsplätze statt mehr Geldleistungen
Wien (ak) - „Die Mittel für den Kindergarten-Ausbau müssen von 15 auf jährlich 100 Millionen Euro aufgestockt werden“, fordert AK Präsident Herbert Tumpel. Laut einer aktuellen, österreichweiten SORA-Umfrage wollen Eltern mehr und bessere Kinderbetreuung: 53 Prozent wollen mehr Betreuungsplätze, 54 Prozent bessere Öffnungszeiten. 67 Prozent finden eine Umschichtung weg von Steuerleistungen hin zu mehr Kinderbetreuung gerecht. „Eine gut ausgebaute Kinderbetreuung kommt Familien aller Einkommensklassen zugute. Üppige Steuerzuckerl bei gleichzeitig magerem Betreuungsangebot hilft dagegen nur Besserverdienern“, so Tumpel.


Was Eltern wollen
Laut aktueller SORA-Umfrage unter 1.000 Personen wollen Eltern mehr und bessere Kinderbetreuung:

  • 53 Prozent der befragten Eltern sagen, es gibt zu wenige Kinderbetreuungsplätze für Kinder unter 6 Jahre.
  • 54 Prozent der Eltern sagen, die Öffnungszeiten sind zu kurz.
  • Immerhin 36 Prozent wollen qualitativ bessere Kinderbetreuungsplätze.


Finanzierung durch Umschichtung von steuerlichen Förderungen:

  • 67 Prozent befürworten eine Umschichtung weg von steuerlichen Förderungen hin zu Sachleistungen als gerecht.
  • Nur 27 Prozent sind gegen eine Umschichtung.


Gäbe es 100 Millionen Euro mehr Budget für Familien, wollen:

  • 48 Prozent die Schaffung neuer Kinderbetreuungsplätze.
  • 30 Prozent eine Erhöhung der Familienbeihilfe um 4,50 Euro pro Kind (Erhöhung, die für 100 Mio Euro zu haben wäre).
  • Nur 10 Prozent eine höhere Steuergutschrift von 6 Euro pro Kind.
  • 141.000 Eltern können nicht oder nur Teilzeit arbeiten


Für die kommenden sechs Monate fehlen laut Erhebung der Österreichischen Wirtschaftskammer 150.000 Fachkräfte (Quelle: WKÖ, 29. 11. 2012). Dabei ist das Potenzial gerade bei Frauen groß: 20,3 Prozent der Frauen zwischen 25-34 Jahren haben eine Hochschulausbildung. (Männer: 15,5 Prozent). 13,5 Prozent der jungen Frauen haben einen Abschluss einer Berufsbildenden Höheren Schule (Männer: 12,1 Prozent), 14,9 Prozent einen Abschluss einer Berufsbildenden Mittleren Schule (Männer: 10,6 Prozent). 25,5 Prozent haben einen Lehrabschluss (Männer: 30,8 Prozent). (Quelle: Bildungsstandregister 2009, Statistik Austria)
Doch viele dieser gut ausgebildeten Frauen schaffen nach der Geburt eines Kindes den Einstieg in den Beruf nicht, weil die Kinderbetreuung nicht ausreicht. Dabei zeigt die Kindertagesheimstatistik der Statistik Austria für 2010:

Aufgrund fehlender Kinderbetreuung können insgesamt 141.000 Eltern nicht oder nur Teilzeit arbeiten.
86 Prozent davon sind Frauen.
Ungenügende Öffnungszeiten, zu viele Schließtage in den Ferien und zu hohe Kosten beklagen mehr als 102.000 Eltern.
Nur knapp 20 Prozent der Kinder unter sechs Jahren haben einen Betreuungsplatz, der mit einer Vollzeiterwerbstätigkeit vereinbar ist.
Für Kinder unter drei Jahren fehlen noch immer 26.000 Betreuungs-Plätze, um zumindest das EU-Ziel von 33 Prozent Betreuungsquote zu erreichen, das nur in Wien derzeit erfüllt ist. In den anderen Bundesländern gibt es nicht einmal für jedes fünfte Kleinkind einen Platz.

Viele gehen bei steuerlicher Familienförderung leer aus
Der Staat lässt sich die steuerliche Familienförderung einiges kosten: 325 Millionen Euro pro Jahr sind für die steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten und den Kinderfreibetrag reserviert. Aber davon profitieren zu viele nicht:

  • Nur für 800.000 Kinder konnte der 2009 eingeführte Kinderfreibetrag bisher genutzt werden. Dabei stünde er eigentlich allen 1,8 Millionen Kindern in Österreich zu, für die Familienbeihilfe bezogen wird.
  • Für weitere 400.000 Kinder wurde der Kinderfreibetrag zwar beantragt, die Eltern gingen aber wegen zu geringen Einkommens leer aus, weil sie im Monat weniger als 1.205 Euro brutto verdienen oder ihr jährliches steuerpflichtiges Einkommen unter 12.000 Euro beträgt. Besonders betroffen sind Teilzeitbeschäftigte, zumeist Frauen und Beschäftigte in Branchen mit vergleichsweise niedrigen Löhnen (Handel, Gastgewerbe, Reinigung).
  • Die steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuung wurde 2010 für 135.000 Kinder geltend gemacht – ein Bruchteil aller 800.000 Kinder unter zehn Jahren, für die die Absetzbarkeit gilt.
  • Von 106 Millionen Euro Betreuungskosten, die geltend gemacht wurden, gab es für knapp 19 Millionen Euro an Betreuungskosten keinen steuerlichen Vorteil.


Von Kinderbetreuungseinrichtungen hingegen profitieren alle Familien, besonders jene mit niedrigen und mittleren Einkommen.
Unternehmen machen Eltern Vereinbarkeit von Beruf und Familie schwer

Laut SORA-Umfrage meinen 55 Prozent der Eltern, die Bereitschaft der Betriebe, sich für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie einzusetzen, ist zu gering. Ein Drittel aller Eltern fühlt sich direkt betroffen.

Die häufigsten Probleme aus der Beratungspraxis der AK sind:

  • Verschlechternde Versetzungen beim Wiedereinstieg: eine weniger qualifizierte Tätigkeit oder ein weit entfernten Arbeitsort wird bestimmt.
  • Arbeitszeiten, die mit der Kinderbetreuung nicht zusammenpassen: Ein Drittel aller Frauen und 20 Prozent aller Männer mit Kindern bis vier Jahre arbeiten in einem Kleinbetrieb (bis 20 Beschäftigte) – und sind daher vom Recht auf Elternteilzeit ausgeschlossen (Elternbefragung des Österreichischen Instituts für Familienforschung).
  • Geringe Akzeptanz für Väter in Karenz, Elternteilzeit oder Pflegefreistellung.


Forderung
„Die Faktenlage in Österreich spricht deutlich für einen Kurswechsel in der Familienpolitik. Wir brauchen weniger steuerliche Förderung und dafür mehr Sachleistungen. Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit: Wir wollen alle Familien mit Kindern fördern“, sagt Tumpel und fordert:

1) 100 Millionen Euro für Kinderbetreuung
Der Ausbau der Kinderbetreuung und die Verbesserung des Angebotes muss Priorität in der Familienförderung bekommen.

  • In den kommenden 4 Jahren sollen jeweils 100 Millionen Euro jährlich zum Ausbau und zur Verbesserungen in der Kinderbetreuung vom Bund in die Hand genommen werden. (Finanzierung durch Umschichtungen aus der steuerlichen Familienförderung.)
  • Das schafft 35.000 zusätzliche Betreuungsplätze.
  • Bei 70.000 Plätzen könnten die Öffnungszeiten verbessert werden.
  • In der Kleinkindbetreuung kann mehr Personal für bessere Betreuungsqualität zur Verfügung gestellt werden.

Die positiven Effekte:

  • 30.000 bis 44.000 mehr Jobs, gerechte Bildungschancen für alle Kinder.
  • Nach vier Jahren Ausbau bleiben langfristig wirksame, direkt und indirekt wirksame Beschäftigungseffekte von zumindest 30.000 Jobs. Davon sind 14.000 Eltern – vor allem Mütter - die zuvor mangels Kinderbetreuung nicht erwerbstätig sein konnten. Bei günstiger Konjunkturlage könnten nochmals 14.000 Jobs dazu kommen.
  • Dadurch ergeben sich Mehreinnahmen durch direkte Lohnabgaben sowie Einsparungen in der Arbeitslosenversicherung, die die laufenden Kosten ab dem fünften Jahr nicht nur abdecken, sondern sogar übersteigen.
  • Ein Kindergartenbesuch wirkt sich positiv auf die Sprachentwicklung aus: Laut österreichweiter Sprachfeststellung hat die Hälfte aller Kinder, die keinen Kindergarten besucht, Bedarf an Sprachförderung. Bei den Kindergartenkindern waren es mit 23 % nicht einmal die Hälfte.
  • Der Anteil lässt sich durch mehr Personal in der Frühförderung noch verringern.


2) Mehr Betriebskindergärten
Die Arbeitgeber verlangen auch von Arbeitnehmern mit Familie immer mehr Flexibilität, tun selbst aber kaum etwas für mehr Vereinbarkeit. Die AK fordert von der Wirtschaft mehr Betriebskindergärten (selbst in Wien nur 43 Standorte), weil die Unternehmen selbst am besten die Öffnungszeiten mit ihren Arbeitszeiten abstimmen können. Die Betriebsgröße ist kein Argument: Zusammen mit anderen Betrieben können auch KMUs Kindertagesstätten gründen. Die Politik soll diese Zusammenarbeit stärker fördern als bisher.

3) Besserer Schutz vor verschlechternden Versetzungen
Eine nachteilige Versetzung soll nur nach Zustimmung des Arbeits- und Sozialgerichts zulässig sein. Damit soll gewährleistet sein, dass nicht bis zur Gerichtsentscheidung ungünstigere Arbeitsbedingungen in Kauf genommen werden müssen oder das Dienstverhältnis aufgelöst werden muss, weil der neue Arbeitsort mit Kinderbetreuung nicht vereinbar ist.

4) Recht auf familienfreundliche Arbeitszeiten für alle
Das Recht auf Elternteilzeit muss auch in Kleinbetrieben gelten.

5) Mehr Väter-Zeit
Betriebe müssen aufgeschlossener werden, wenn Väter sich der Kinderbetreuung widmen. Zudem fordert die AK einen bezahlten Papamonat, um die Väterbeteiligung zu erhöhen.


 

Heinisch-Hosek: Österreicherinnen und Österreicher wollen mehr Kinderbetreuungsplätze
Arbeiterkammer-Studie zeigt Handlungsbedarf – Finanzierungsmodell liegt am Tisch
Wien (bpd) - "Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher sagen, sie wollen in der Familienpolitik weniger Steuerzuckerl und mehr Kinderbetreuung. Diese Kursänderung ist überfällig, auch aufgrund der geringen Geburtenrate in Österreich", so Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek in einer ersten Reaktion auf die heutige Pressekonferenz der Arbeiterkammer.

"Steuerleistungen werden von vielen nicht abgeholt, sie sind unfair und führen auch nicht zu mehr Geburten in Österreich. Höchste Zeit für eine Familienpolitik, von der alle etwas haben", so die Frauenministerin. Mehr als die Hälfte der von der AK Befragten bemängelt, dass es zu wenige Betreuungsplätze gibt, ein Drittel spricht sich für qualitative Verbesserungen bei der Betreuung aus.

Konkret gebe es ein Investitionsvolumen in dreistelliger Millionenhöhe, um den Bedarf an qualitätsvoller Kinderbetreuung zu decken. „Mein Modell liegt am Tisch. Keine Steuerzuckerl mehr, dafür doppelte Familienbeihilfe und 150 Millionen pro Jahr für die Kinderbetreuung. Davon hätte jede Familie in Österreich etwas“, so Heinisch-Hosek. Auch die Wirtschaft würde profitieren: "Im Moment können 141.000 Eltern nicht oder nur Teilzeit arbeiten, weil es keine Kinderbetreuung gibt. Das können wir uns in Zeiten des Fachkräftemangels einfach nicht leisten", betont die Frauenministerin. "Ich bin dafür, hier keine Zeit mehr zu verlieren. Die Eltern in Österreich erwarten sich zurecht Verbesserungen und die gilt es rasch umzusetzen", so Heinisch-Hosek abschließend.


 

Schenk: Heinisch-Hosek soll Worten auch Taten folgen lassen
Sora-Umfrage bestätigt langjährige BZÖ-Forderung nach mehr Kinderbetreuungsplätzen
Wien (bzö) - "Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehen! Frauenministerin Heinisch-Hosek kündigt bei jeder Gelegenheit neue Kinderbetreuungsplätze an, aber im Endeffekt passiert nichts." Mit diesen Worten kommentierte BZÖ-Frauensprecherin Abg. Martina Schenk das Ergebnis einer Sora-Umfrage im Auftrag der Arbeiterkammer zu diesem Thema. "Die heute präsentierte AK-Umfrage bestätigt aber eindeutig die langjährige BZÖ-Forderung nach mehr Kinderbetreuungsplätzen in Österreich. SPÖ und ÖVP müssen nun rasch die Zahl der Betreuungsplätze der Nachfrage entsprechend erhöhen", so Schenk weiter.

"Die Investitionen in Kinderbetreuungsplätze sollte die Frauenministerin auch als Konjunkturmaßnahme ansehen, denn schließlich lässt sich die Einrichtung und Adaptierung von Kinderbetreuungsplätzen auch über Wirtschaftsförderungsmaßnahmen gut abwickeln. Derzeit herrscht in Österreich eine mangelnde Flexibilität bei den Kinderbetreuungsplätzen vor. Dieser Umstand bringt mit sich, dass der Aufstieg von Frauen in gut bezahlte und einflussreiche berufliche Positionen oft auch wegen fehlender Kinderbetreuungsplätze scheitert. So sind beispielsweise steirische Kindergärten 54 Tage im Jahr geschlossen. Ein derartiger Zustand ist nicht vertretbar und übersteigt somit jeden Urlaubsanspruch und baut gerade für Alleinerzieherinnen Riesenhürden auf", kritisierte Schenk und weiter: "SPÖ und ÖVP müssen nun endlich mit der Schaffung von flächendeckenden und kostengünstigen Kinderbetreuungsplätzen beginnen".

 

 

 

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