Wien (pk) - Als bedeutende feministische Wissenschaftlerin, Pionierin der Frauengeschichte und große Österreicherin
bezeichnet Nationalratspräsidentin Barbara Prammer die am 04.01. in den USA verstorbene Autorin und Historikerin
Gerda Lerner. "Sie hat Enormes für die Frauen geleistet, wir verdanken ihr sehr viel und sind ihr zu
großem Dank verpflichtet", sagt Prammer.
Gerda Lerner wurde vergangenen Oktober im Parlament mit dem "Käthe Leichter-Preis 2012" ausgezeichnet,
mit dem an das Lebenswerk der 1942 von den Nationalsozialisten ermordeten Nationalökonomin erinnert wird.
Gerda Lerner habe mit ihrem Werk wesentliche Grundlagenarbeit für die Frauenbewegung und für die Gleichstellung
der Geschlechter geleistet, sagte Prammer damals in ihrer Laudatio: "Ich weiß, dass ihre Bücher
für viele Frauen sehr wichtig sind. Auch für viele junge Frauen, die sich gerade erst bewusst werden,
dass wir die Gleichberechtigung noch nicht erreicht haben." Aus Lerners umfangreichen Schaffen seien die beiden
Werke "Die Entstehung des feministischen Bewusstseins" und "Die Entstehung des Patriarchats"
hervorzuheben, die mittlerweile Klassiker seien.
"Gerda Lerner hat allerdings nicht nur Geschichte geschrieben, sondern die Konsequenzen einer besonders dunklen
Epoche der österreichischen Geschichte persönlich erfahren müssen", führte die NR-Präsidentin
weiter aus. Die als Jüdin 1920 in Wien geborene Gerda Kronstein überlebte Nationalsozialismus und Holocaust
durch Flucht in die USA. Die Frau, die Wien liebte und sich selbst als Patriotin bezeichnete, musste erleben, innerhalb
weniger Wochen als Außenseiterin definiert und schließlich verfolgt zu werden. Die Erfahrung des Antisemitismus
und des Faschismus habe sie zur Historikerin gemacht, so Lerner, dieses Erlebnis habe sie zur Frauengeschichte
geführt.
"Zukunft braucht Vergangenheit", der Titel eines Buches aus jüngerer Zeit fasse Leben und Lebenswerk
treffend zusammen, so Prammer. In diesem Sinne sei die Verleihung des "Käthe Leichter-Preises" Anerkennung
ihres Lebenswerks und ihrer Forschungsarbeit, aber auch symbolische Versöhnungsgeste jenes Landes, das sie
seinerzeit verstoßen hat und das sich - spät, aber doch - mit der Schuld an Faschismus, Holocaust und
Krieg auseinandergesetzt habe und das immer noch tue. Auch hier brauche die Zukunft Vergangenheit statt Vergessen.
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