RUB-Physiker berechnet Feldstärken im frühen Universum
Bochum (rub) - Magnete sind praktische Alltagsgegenstände geworden. Das Universum bestand früher
jedoch nur aus nicht magnetischen Elementen und Teilchen. Wie die magnetischen Kräfte entstanden, hat Prof.
Dr. Reinhard Schlickeiser vom Institut für Theoretische Physik der Ruhr-Universität Bochum erforscht.
In der Zeitschrift Physical Review Letters beschreibt er einen neuen Mechanismus für die Magnetisierung des
Universums noch vor dem Entstehen der ersten Sterne.
Magnete sind praktische Alltagsgegenstände geworden. Das Universum bestand früher jedoch nur aus nicht
magnetischen Elementen und Teilchen. Wie die magnetischen Kräfte entstanden, hat Prof. Dr. Reinhard Schlickeiser
vom Institut für Theoretische Physik der Ruhr-Universität Bochum erforscht. In der Zeitschrift Physical
Review Letters beschreibt er einen neuen Mechanismus für die Magnetisierung des Universums noch vor dem Entstehen
der ersten Sterne.
Keine Dauermagnete im frühen Universum
Vor der Bildung der ersten Sterne bestand die leuchtende Materie nur aus einem vollständig ionisierten Gas
aus Protonen, Elektronen, Helium-Kernen und Lithium-Kernen, die während des Urknalls entstanden. „Alle höheren
Metalle, zum Beispiel das magnetische Eisen, konnten nach heutiger Vorstellung nur im Inneren der Sterne ausgebrütet
werden“, erklärt Reinhard Schlickeiser. „Zu frühen Zeiten gab es also keine Dauermagnete im Universum.“
Die Parameter, die den Zustand eines Gases beschreiben, sind jedoch nicht konstant. Dichte und Druck sowie elektrische
und magnetische Felder schwanken um bestimmte Mittelwerte. Durch diese Fluktuation entstanden an bestimmten Stellen
im Plasma schwache Magnetfelder, sogenannte Zufallsfelder. Wie stark diese Felder in einem vollständig ionisierten
Plasma aus Protonen und Elektronen sind, hat Prof. Schlickeiser nun berechnet, und zwar für die Gasdichten
und -temperaturen, die in den Plasmen des frühen Universums vorkamen.
Schwache Magnetfelder mit großem Volumen
Das Ergebnis: Die Magnetfelder fluktuieren abhängig von der Position im Plasma, jedoch unabhängig von
der Zeit – anders als zum Beispiel elektromagnetische Wellen wie Lichtwellen, die über die Zeit hinweg schwanken.
Überall im leuchtenden Gas des frühen Universums lag ein Magnetfeld mit einer Stärke von 10^-20
Tesla vor, also 10 Trilliardstel Tesla. Das Magnetfeld der Erde – zum Vergleich – besitzt eine Stärke von
30 Millionstel Tesla; in Kernspintomografen sind inzwischen Feldstärken von drei Tesla üblich. Das Magnetfeld
in den Plasmen des frühen Universums war also sehr schwach, aber es erstreckte sich über nahezu 100 Prozent
des Plasmavolumens.
Zusammenspiel von thermischen Stoßwellen und Magnetfeldern
Sternenwinde oder Supernova-Explosionen der ersten massereichen Sterne erzeugten Stoßwellen, die die magnetischen
Zufallsfelder in bestimmten Bereichen komprimierten. Dadurch wurden die Felder verstärkt und großräumig
ausgerichtet. Schließlich war die magnetische Kraft so stark, dass sie wiederum die Stoßwellen beeinflusste.
„Das erklärt das oftmals beobachtete Gleichgewicht aus magnetischen Kräften und thermischem Gasdruck
in kosmischen Objekten“, sagt Prof. Schlickeiser. Die Rechnungen zeigen, dass alle vollständig ionisierten
Gase im frühen Universum schwach magnetisiert waren. Magnetische Felder existierten also schon vor den ersten
Sternen. Als nächstes wird der Bochumer Physiker untersuchen, wie sich die schwachen Magnetfelder auf Temperaturschwankungen
in der kosmischen Hintergrundstrahlung auswirken.
Titelaufnahme
R. Schlickeiser (2012): Cosmic magnetization: from spontaneously emitted aperiodic turbulent to ordered equipartition
fields, Physical Review Letters, DOI: 10.1103/PhysRevLett.109.261101
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