Bericht spricht von maßhaltendem und verhältnismäßigem Einsatz
Wien (pk) - Der Lauschangriff habe sich als effizientes und notwendiges Instrumentarium erwiesen, um insbesondere
der organisierten Kriminalität im Sinne der Schutzfunktion eines Rechtsstaates wirkungsvoll entgegentreten
zu können, heißt es im Bericht von Justizministerin Beatrix Karl über den Einsatz besonderer Ermittlungsmaßnahmen
in den Jahren 2010 und 2011, der nun dem Parlament vorliegt. Sicherheitsbehörden, Staatsanwaltschaften und
Gerichte gehen mit den erweiterten Befugnissen zur Kriminalitätsbekämpfung grundsätzlich maßhaltend
und verhältnismäßig um, von der Befugniserweiterung für die Strafvollzugsbehörden werde
mit einer für das Strafverfahren typischen Selbstbegrenzung Gebrauch gemacht, fundamentale Grundrechtspositionen
bleiben weitgehend unangetastet, schließt das Papier aus den Erfahrungen mit den neuen Ermittlungsmethoden
im Berichtszeitraum.
Restriktive Handhabe bei Lauschangriff, kein Fall von Rasterfahndung
Was nun die konkreten Zahlen betrifft, teilt der Bericht mit, dass im Jahr 2011 in einem Fall ein so genannter
"großer Späh- und Lauschangriff" im Sinne von § 136 Abs.1 Z 3 StPO sowie zwei "kleine
Späh- und Lauschangriffe" nach § 136 Abs. 1 Z 2 StPO angeordnet wurden. Optische Überwachungen
nach § 136 Abs. 3 Z 1 StPO ("Videofalle") wurden 2011 in 130 Fällen angeordnet, wobei in 58
Fällen die Überwachung außerhalb von Räumen und in 72 Fällen innerhalb von Räumen
mit Zustimmung der Inhaber stattfand. In 72 Fällen war die Überwachung durch die erweiterten Ermittlungsmaßnahmen
erfolgreich, in 50 Fällen hingegen erfolglos, in acht Fällen kann der Erfolg der durchgeführten
Maßnahmen noch nicht beurteilt werden. Gegenüber dem Jahr 2010 hat sich die Zahl der Überwachungen
nahezu verdoppelt.
Die optischen und/oder akustischen Überwachungen richteten sich, wie aus dem Bericht weiters hervorgeht, 2011
gegen insgesamt 127 Verdächtige. Die den Überwachungen zugrunde liegenden Delikte betrafen vorwiegend
solche gegen fremdes Vermögen (105), in 19 Fällen diente die Überwachung der Aufklärung eines
Verbrechens nach dem Suchtmittelgesetz, in elf Fällen der Aufklärung eines Verbrechens einer kriminellen
Organisation, in zwei Fällen wurde die Überwachung zur Aufklärung eines Verbrechens gegen Leib und
Leben angeordnet, ein Fall betraf ein Verbrechen nach dem Verbotsgesetz, die restlichen zwei Fälle hatten
sonstige Delikte nach dem StGB zur Grundlage. Die Durchführung eines automationsunterstützten Datenabgleichs
("Rasterfahndung") wurde weder 2010 noch 2011 angeordnet.
Staatsanwaltschaften prüfen Voraussetzungen sehr genau
Diese statistischen Daten lassen für die Verfasser des Berichts erkennen, dass die Verschiebung der Leitungsbefugnis
des Ermittlungsverfahrens an die Staatsanwaltschaft im Zuge der Strafprozessrechtsreform an dem maßvollen
Umgang mit den erweiterten Ermittlungsmaßnahmen nichts geändert hat. Die Anzahl der angeordneten großen
und kleinen Späh- und Lauschangriffe habe sich vielmehr auf niedrigem Niveau eingependelt, heißt es.
Der Umstand, dass Anträge auf Bewilligung dieser Ermittlungsmethoden im Berichtszeitraum lediglich in einem
Fall abgelehnt wurden, zeige überdies, dass die Prüfung durch die Staatsanwaltschaften in Bezug auf Verhältnismäßigkeit
und Tatverdacht sehr genau vorgenommen werde.
Besondere Ermittlungsmaßnahmen mehr denn je unverzichtbar
Aus der weiterhin geringen Zahl der Anwendungsfälle dürfe allerdings nicht der Schluss gezogen werden,
dass die erweiterten Ermittlungsmaßnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung nicht erforderlich wären,
warnt der Bericht und hebt in diesem Zusammenhang vor allem die Präventivwirkung des Gesetzes hervor. Die
besonderen Ermittlungsmaßnahmen stellen sich mehr denn je als unabdingbare Mittel zur Aufklärung mittlerer
und schwerer Delikte dar und bieten ungeachtet der restriktiven Handhabung gerade bei der Bekämpfung der schweren
Suchtgiftkriminalität, der organisierten Kriminalität und der Korruption effektive Erhebungsmöglichkeiten,
betont der Bericht in seiner Zusammenfassung.
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