Liquidität treibt die Märkte – Globale Geldpolitik bleibt stark expansiv – Gedämpfter
Wachstumsausblick für CEE – Fallender Zinstrend in CEE
Wien (rzb) - „Rückläufige Gewinnschätzungen, die anhaltende Rezession in Europa, die auch
die Kern-Eurostaaten erreicht, und kein endgültiger Durchbruch in der Schuldenfrage der Eurozone, doch die
risikobehafteten Vermögenswerte haben ihren Aufwärtstrend im 4. Quartal 2012 noch bestätigt. Diese
Diskrepanz dürfte sich zu Jahresbeginn 2013 fortsetzen“, sagte Peter Brezinschek, Chef von Raiffeisen Research,
einer Einheit der Raiffeisen Bank International AG.
Für Brezinschek zeigen die BIP-Zahlen der Eurozone den stärksten Rückgang im Konjunkturzyklus im
letzten Quartal 2012 an und auch in den USA sei ein klarer Wachstumsknick einzuplanen. Die Leading-Indikatoren
(Einkaufsmanager-, ISM-Index) sind in einer Bodenbildungsphase, die in einen nachfolgenden Aufwärtstrend noch
im ersten Halbjahr münden sollte. Die Conclusio: eine Stagnation in der Eurozone und ein marginales Wachstum
am US-Markt für das Winterquartal 2013. „Daher könnten ab Jahresmitte die Nettoexporte und – über
fallende Inflationsraten – auch der private Verbrauch wieder Wachstumsbeiträge liefern“, so Chefanalyst Peter
Brezinschek. Nach und nach soll das BIP der Eurozone im Q2 auf 0,1 Prozent (pro Quartal) und dann ab Q3 auf 0,4
Prozent (pro Quartal) kommen. In den USA sollte das BIP-Wachstum von 0,2 (Q1) auf 0,5 Prozent (Q3) steigen.
Erfreuliches kündigt sich aus den Peripherieländern an: Die eingeleiteten Strukturreformen greifen allmählich
und so erwartet das Research-Team ab der zweiten Jahreshälfte 2013 Wachstumsraten aus diesen Staaten. Italien
stellt derzeit einen Unsicherheitsfaktor dar, da dort in Kürze eine neue Regierung gewählt wird. Auch
im Hinblick auf die Teuerung gibt es Entspannung. „Die Inflationsraten dürften in zwei wesentlichen Schritten
2013, zu Jahresbeginn und im dritten Quartal, abwärtsgerichtet sein. Dies gilt für Europa wie auch für
die USA“, so Brezinschek.
Auswirkung auf die Geldpolitik
Das Raiffeisen-Research-Team erwartet für das Gesamtjahr 2013 keine Leitzins-Änderung. „Weitaus entscheidender
als eine Zinssenkung ist die äußerst expansive Zentralbank-Geldmengenversorgung des Euro-Finanzsektors“,
erklärte RBI-Chefanalyst Brezinschek. Damit bleiben die Euribor-Sätze am Geldmarkt zwischen 0 und 0,3
Prozent deutlich unter dem Refinanzierungssatz. Die Federal Reserve hat ab Jänner eine Ausweitung ihrer quantitativen
Lockerung (gebunden an die Arbeitslosenrate) festgelegt.
Liquiditätsblase auch auf den Aktienmärkten?
Die Notenbanken haben ihre Geld-Schleusen weit geöffnet und daran wird sich nichts ändern. Die Folge
ist zunächst einmal eine teils mehr, teils weniger zutreffende Blasenbildung in de facto allen Veranlagungsklassen.
Es steigen Immobilienpreise Hand in Hand mit Rohstoffen (Gold), die Energiekosten gehen trotz der global verhaltenen
konjunkturellen Entwicklung aufgrund hoher Ölpreise in die Höhe, halbwegs sichere Staatsanleihen werfen
zumindest real einen negativen Ertrag ab, Unternehmensanleihen zahlen teils sogar mit schlechter Bonität niedrigere
Renditen als viele Aktien an Dividendenrendite bringen. Und 2012 stiegen dann auch noch die meisten etablierten
Aktienmarktindizes auf neue Mehrjahres-Höchststände an. „Blasenbildung? Wir sagen: nein. Und die Antwort
darauf, warum wir uns da so sicher sind, liegt in der Bewertung“, sagte Helge Rechberger, Chef der Aktienmarktanalyse
im Raiffeisen-Research. Er argumentiert dies damit, dass die Kurs/Gewinn-Verhältnisse bei moderaten 11er und
12ern in weiten Teilen Europas bis hin zu ebenfalls noch nicht gänzlich überzogenen 16ern in Japan zu
liegen kommen. Rechberger meint, dass US-Aktien einigermaßen teuer erscheinen, während aber europäische
Aktienmärkte deutlich moderater bewertet wirken. Und: Aktien bieten teils hoch attraktive Dividendenrenditen
an. Was dem Aktienmarkt zusätzlich hilft, ist der Mangel an gewinnbringenden Veranlagungsalternativen und
die Abnahme der Risikoaversion.
Euro zu Dollar-Entwicklung
Das Research-Team erwartet einen sich seitwärts bewegenden Euro-Dollar-Kurs. Die Gründe dafür: Die
Entscheidung der Federal Reserve ihr Anleihen-Kaufprogramm mit Beginn des neuen Jahres nochmals aufzustocken, belastet
den Dollar. Der aktuelle Wechselkurs liegt rund 5 Cent über dem von der Zinsdifferenz zwischen 2-jährigen
deutschen und amerikanischen Staatsanleihen implizierten Niveau. Da sich die Zinsdifferenz in diesem Jahr kaum
bewegen wird, ist der Bewegungsspielraum für EUR/USD stark begrenzt. „Wir erwarten daher bis Mitte 2013 Kurse
in einem Band von +/- 5 Cent um 1,32 EUR/USD“, so die Raiffeisenstrategen in ihrem Prognosebericht für das
1. Quartal 2013.
Ökonomischer Abschwung auch in CEE spürbar
Während der zweiten Jahreshälfte 2012 erreichte der wirtschaftliche Abschwung auch die Wachstumsbastionen
in Deutschland und Österreich und ab dem dritten Quartal wurde er auch in den BIP-Zahlen der osteuropäischen
Staaten sichtbar. Während sich deutliche Ernteausfälle in der gesamten Region negativ auswirkten, entsprang
deren BIP-Wachstums-Rückgang in Tschechien, Ungarn, Rumänien und Kroatien zum größten Teil
einer schwachen Binnennachfrage. Sogar die einstigen Wachstumsmotoren wie Polen und Slowakei sind nun mit der Intensität
der Rezession in Europa konfrontiert. „Daher haben wir unsere BIP-Wachstums-Prognosen für alle Staaten in
Zentraleuropa (CE) und Süd-Ost-Europa (SEE) nach unten gesetzt“, so Brezinschek. Gleichwohl die Schuldenkrise
der Eurozone vorerst nur SEE traf, breitet sich der Abschwung über den Umweg der Netto-Exporte nunmehr auch
in CE aus.
Russland spürt den wirtschaftlichen Abschwung am wenigsten, weil der Boom mit Privatkunden-Krediten den Inlandskonsum
unterstützt. Für Russland wird ein BIP-Wachstum im Jahr 2013 von mindestens 3 Prozent erwartet.
Per Saldo betragen die BIP-Erwartungen für die Regionen CEE 2,1 Prozent (Vorjahr: 2,2%), SEE 1,3 Prozent
(Vorjahr: ¬¬¬¬-0,2%), CE 0,5 Prozent (Vorjahr: 0,9%) und CIS 3,0 Prozent (Vorjahr: 3,2 Prozent).
Im Vergleich zur Eurozone: BIP-Erwartung für 2013 von -0,1 Prozent (Vorjahr: -0,5%). Und in Österreich
wird es bei einem bloß 0,5-prozentigen BIP-Wachstum 2013 und der Gefahr der Gewährung weiterer „Wahlzuckerln“
schon schwer sein, das bereits gelockerte Budgetziel von -2,3 Prozent des BIP zu erreichen.
Positiv zu bewerten ist der Umstand, dass für die meisten Staaten ein Rückgang der Verbraucherpreise
zu erwarten ist. Für Österreich sieht das Research-Team eine Inflationsrate unter zwei Prozent ab Q3.
Kaufempfehlung für CEE Wachstumsbörsen
Folgende CEE-Indizes sind für Chefanalyst Peter Brezinschek von besonderem Interesse. Darunter etwa der russische
MICEX Index. Durch die kürzlich vollzogene Erhöhung von 30 auf 50 Indexmitglieder ändert sich an
der Grundcharakteristik des MICEX nichts. Denn nach wie vor geben die Energie-, Finanz- und Grundstoffsektoren
den Ton an. Mit einer günstigen Bewertung und steigenden Dividendenzahlungen ist der MICEX eine klare Kaufempfehlung
für das Research-Team. Ebenfalls auf der Kauf-Liste findet sich der polnische WIG20. Auch wenn sich in Polen
die ersten Abschwächungstendenzen abzeichnen, bleibt der WIG wegen seiner zyklischen Branchenausrichtung weiterhin
attraktiv. Ebenfalls zum Kauf empfohlen wird der tschechische PX, wo 2013 das durchschnittliche Gewinnwachstum
mit rund plus 15 Prozent überdurchschnittlich geschätzt wird.
ATX-Ziel: 2.570 Punkte mit März 2013
Das ATX Indexziel für März 2013 liegt bei 2.570 Punkte. „Das entspricht aktuell einer „Kauf“-Empfehlung
für den österreichischen Markt. Auf 12-Monatssicht erwarten wir einen Indexstand von 2.650“, zeigt sich
Stefan Maxian, Chefanalyst der Raiffeisen Centrobank, optimistisch. Darüber hinaus gilt es hervorzuheben,
dass die Dividendenrendite (2,9 Prozent) weiterhin über der Rendite für 10-jährige Anleihen (1,80
Prozent) liegt.
Österreichische Aktien-Favoriten: RHI und CA Immo
Im Hinblick auf Aktien-Investments hebt das Company Research-Team der Raiffeisen Centrobank (RCB), geführt
von Stefan Maxian, den österreichischen Feuerfest-Konzern RHI sowie die CA Immo besonders hervor. Der Investment
Case für die RHI (Kursziel: EUR 29,50) basiert auf dem Auf- bzw. Ausbau der Produktionsstandorte in Wachstumsmärkten
(BRIC-Staaten, USA) und der Steigerung des Selbstversorgungsgrads bei Rohstoffen. Bei der CA Immo lautet unser
Kursziel EUR 12,7. Ein weiterhin hohes Immobilienverkaufsvolumen und die Reduzierung der Gesamtverschuldung sowie
weiterhin ein deutlicher Abschlag zum NAV (Net Asset Value, Nettovermögenswert) sollten den Aktienkurs stützen.
CEE Top-Picks: Bogdanka, Ciech und MTS
Der polnische Kohleproduzent Bogdanka (Kursziel: PLN 170) steht derzeit hoch im Kurs der RCB-Analysten. Das
Unternehmen sollte aufgrund seiner preislichen Konkurrenzfähigkeit als klarer Gewinner der aktuellen Marktsituation
am polnischen Kohlemarkt hervorgehen. Zudem rechnet die RCB mit einer Steigerung der Dividendenrendite von 3,7
Prozent basierend auf 2012 Gewinne auf rund 5 Prozent im nächsten Jahr. Unter den zyklischen Industriewerten
unterstreicht Maxian den aktuell in Umstrukturierung befindlichen polnischen Chemiekonzern Ciech. Er bekräftigt
die „Kauf“-Empfehlung (Kursziel: PLN 26) aufgrund des optimistischen Ausblicks für Soda im Jahr 2013 sowie
der erwarteten positiven Effekte aus der Konzernrestrukturierung. Unter den Telekomtitel hebt die RCB die russische
MTS (Kursziel: USD 21,80) hervor. MTS hat abgesehen von guten Ergebnissen zum Q3 2012 im Gegensatz zu vielen anderen
Telekomunternehmen eine Änderung der Dividendenpolitik angekündigt, die im Zeitraum 2012-2014 eine um
25 Prozent höhere Ausschüttung als 2009-2011 vorsieht. Aufgrund der neuen Dividendenpolitik beträgt
die Dividendenrendite aktuell 7,6 Prozent für die Stammaktie bzw. 6,5 Prozent für das ADR (American Depositary
Receipt).
|