Präsentation der Ergebnisse der Umfrage "Das Ehrenamt in den Augen der Oberösterreicherinnen
und Oberösterreicher"
Linz (lk) - Der Stellenwert der ehrenamtlich tätigen Menschen für eine Gesellschaft kann gar nicht
hoch genug eingeschätzt werden. Wer Zusammenhalt in der Gesellschaft will, braucht Menschen, die in Organisationen
freiwillig und unbezahlt für ihre Mitmenschen tätig sind. Dieser Einsatz hat viele Gesichter: im Einsatz-
und Sozialbereich, in der Kultur, im Sport oder im kirchlichen Bereich. Ehrenamtliche sind eine tragende Säule
zahlreicher Organisationen eines funktionierenden Gemeinwesens. Ohne ihr Wirken wäre unser Land um vieles
ärmer. Ihr Beitrag zum Gelingen einer Gesellschaft ist unverzichtbar, aber auch unbezahlbar. Umso wichtiger
ist es, der ehrenamtlichen Tätigkeit auch die gebührende Wertschätzung und Unterstützung zu
geben.
Bereits im November 2010 hat das Land OÖ in Vorbereitung zum "Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeit
2011" mit IMAS eine erste Umfrage zur Ehrenamtlichkeit in Oberösterreich durchgeführt. Ziel der
aktuellen Studie ist es nun, die Kernergebnisse aus dem Jahre 2010 im Rahmen einer Trenduntersuchung neu zu beleuchten.
Dazu wurden Anfang Jänner 2013 insgesamt 801 Personen - repräsentativ für die oö. Bevölkerung
ab 16 Jahren - telefonisch befragt.
Im Fokus der demoskopischen Neugier lagen wiederum Aspekte wie die aktive Teilnahme am Ehrenamt, die Ehrenamtquote
in Oberösterreich und die verschiedenen Bereiche des Ehrenamts. Des Weiteren wurden auch die Bedeutung des
Ehrenamts in Oberösterreich, aber auch die Motivationsfaktoren und die Hindernisgründe für das Ehrenamt
erhoben. Zudem wurde auch das Jahr der Freiwilligenarbeit 2011 in OÖ auf die demoskopische Waagschale gelegt.
Bedeutung des Ehrenamtes: Stellenwert bleibt konstant hoch
Ein Ehrenamt, also unbezahlte Arbeit oder Leistungen in Bereichen des öffentlichen Lebens wie kirchliches
Engagement, Rettungsdienste, Feuerwehr, Altenbetreuung, Kultur, Sport, Musik etc., hat in der oberösterreichischen
Bevölkerung nach wie vor einen äußerst hohen Stellenwert. Wie schon bei der ersten Befragung 2010
finden es annähernd neun von zehn Personen "sehr wichtig", dass es Freiwillige gibt, die derartiges
im Dienste der Gesellschaft leisten (87%) und der Rest "ziemlich wichtig" (11%). Die uneingeschränkte
Bedeutung solcher Tätigkeiten ist in der gesamten Bevölkerung verankert, steigt mit dem Alter der Befragten,
ist aber auch schon bei den jüngeren 16-29-Jährigen sehr hoch.
Träger des Ehrenamtes werden positiv beurteilt
Die große Wichtigkeit, die ehrenamtlicher Tätigkeit in Organisationen oder Vereinen beigemessen
wird, führt auch dazu, dass drei Viertel der oberösterreichischen Bevölkerung Personen, die sich
in diesen Bereichen engagieren, ein Gefühl der Sympathie und Anerkennung entgegenbringen (75%). Nur für
rund ein Fünftel der Befragten spielt ein Ehrenamt in der Beurteilung eines Menschen keine Rolle. Daran hat
sich gegenüber 2010 kaum etwas geändert.
Mehr als die Hälfte der Oberösterreicher/innen ist ehrenamtlich tätig
Mehr als die Hälfte der Oberösterreicher/innen, genau genommen 55%, sind in irgendeiner Form freiwillig
und unbezahlt in einem Bereich des öffentlichen Lebens zugunsten anderer tätig: sozial oder kirchlich,
politisch oder kulturell, in Sport, Bildung oder Notdiensten. Damit ist dieses Engagement gegenüber 2010 (51%)
sogar noch ein wenig gestiegen. In der Stadt finden sich freiwillige und unbezahlte Tätigkeiten deutlich seltener
als auf dem Land. Regional am häufigsten sind sie im Mühlviertel.
Verhinderungsgründe für ehrenamtliches Engagement: Zeitmangel ist Hauptgrund
Annähernd jeweils die Hälfte der Personen, die keine ehrenamtlichen Tätigkeiten ausüben,
machen dafür primär folgende Gründe uneingeschränkt verantwortlich: Zeitmangel (47%), berufliche
Überlastung (45%), Nutzung der Zeit für eigene Zwecke (45%). Einem weiteren Drittel lässt die familiäre
Situation keine Möglichkeit (33%) und fast ebenso viele sind einfach noch nie gefragt oder eingeladen worden
(30%). Anderes spielt kaum eine Rolle.
Zeitmangel ganz allgemein lässt vor allem bei Frauen keinen Raum für irgendein Ehrenamt, wobei die Zeit
offenbar auch mehr als bei Männern durch die familiäre Situation beschränkt wird. Jüngere zwischen
16 und 29 Jahren führen besonders oft an, dass sie noch nie gefragt oder eingeladen worden sind, geben aber
auch noch häufiger als alle anderen zu bedenken, dass sie eigentlich keine Zeit haben. Durch Beruf und Familie
bzw. familiäre Situation fühlen sich vor allem Personen zwischen 30 und 49 Jahren gebunden. Der Zeitmangel
allgemein spielte 2010 eine viel größere Rolle als dies jetzt der Fall ist: Auch der Wunsch, die wenige
Zeit für eigene Zwecke zu nutzen, war vor zwei Jahren noch deutlich stärker.
Bereitschaft zum Ehrenamt wächst: zusätzliches Potential bei 13% der oö. Bevölkerung
Von jenen, die noch keine freiwillige unbezahlte Tätigkeit ausüben, zeigen 28% "eher größere"
Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren, 41% hingegen "eher geringere" und für weitere 28%
käme dies dezidiert nicht in Frage. Damit könnten sich heute etwas mehr Personen als 2010 für ein
Ehrenamt erwärmen. Legt man diese Zahlen auf die oberösterreichische Bevölkerung um, so entspricht
dies einem grundsätzlichen, zusätzlichen Potential von ca. 13 Prozent der Oberösterreicher/innen.
Jüngere Befragte bis 29 Jahre lassen deutlich häufiger als ältere ab 30 die Bereitschaft erkennen,
sich in einen entsprechenden Dienst zu stellen, während vor allem Personen über 50 auf keinen Fall dafür
zu haben wären. Die Neigung zu einem ehrenamtlichen Engagement steigt mit der Bildung und ist unter leitenden
Angestellten besonders hoch.
Wo sind die Oberösterreicher/innen ehrenamtlich tätig?
In vier Bereichen des öffentlichen Lebens erbringt annähernd ein Drittel der Oberösterreicher/innen
"ständig" oder "gelegentlich" freiwillige und unbezahlte Leistungen: Im Bereich Kirche
und Religion (23% ständig, 7% gelegentlich), im Sportbereich (23% und 8%) im Kulturbereich (19% und 11%) und
bei der Feuerwehr (18 % und 7%). Jeweils ein Fünftel arbeitet bei reinen Geselligkeitsvereinen (12% und 8%)
oder bei der Brauchtumspflege (11% und 9%) mit. Auch im Jugendbereich ist noch insgesamt rund ein Fünftel
ehrenamtlich tätig, gefolgt von einigen Gebieten, wo noch jeder sechste oder siebte Befragte, wenn nicht ständig,
so doch gelegentlich unbezahlte Leistungen erbringt, etwa im Gesundheits- und Pflegebereich.
Gemessen an Personen, die ständig ihre freiwillige Leistung erbringen, werden die Bereiche demografisch unterschiedlich
abgedeckt: Kirche und Religion überwiegend von Frauen, der Sport von Männern (hauptsächlich mittleren
Alters), die Kultur von Frauen (primär jüngeren). Bei der Feuerwehr sind fast nur Männer, während
sich etwa im Gesundheits- und Pflegebereich fast ausschließlich Frauen finden (vorwiegend ältere). Gegenüber
2010 haben sich in den Einsatz-Kategorien nur wenige deutliche Veränderungen eingestellt; lediglich haben
die Geselligkeitsvereine an Anziehungskraft eingebüßt.
Motive für ehrenamtliche Tätigkeiten: Ehrenamt gibt Sinn
Zwei Aspekte werden durch neun von zehn ehrenamtlich Tätigen als Hauptgründe dafür angeführt,
dass sie sich freiwillig und unbezahlt in den Dienst einer Sache stellen: Das Gefühl, etwas Nützliches
zu tun (92%) und dass es Freude/Spaß macht, helfen zu können (90%).
Ganz hoch im Kurs steht auch die Tatsache, dass man dabei eigene Kenntnisse und Fähigkeiten anwenden kann
(ein Hauptmotiv für 84%) oder dass man die Möglichkeit hat, Erfahrungen zu sammeln und Neues zu lernen
(81%). Rund die Hälfte fühlt sich primär dadurch zum Einsatz motiviert, dass sie dabei Menschen
kennen lernt und Freunde gewinnt (53%).
Respekt und Anerkennung der Mitbürger/innen spielen bei den Engagierten selbst eine eher nebensächliche
Rolle. Neue Erfahrungen zu sammeln und Menschen kennen zu lernen bietet den jüngeren bis 29 Jahren mehr Motivation
als den älteren ab 30. Gegenüber 2010 hat sich an der Reihenfolge und Stärke der Motive so gut wie
nichts geändert.
Zugang zum Ehrenamt: meist über Interesse und Freunde
Etwas mehr als ein Drittel der Ehrenamtlichen ist durch eine Einladung von Freunden zur freiwilligen Tätigkeit
gekommen (36%), bei fast genauso vielen hat ein spezielles Interesse zum Einsatz geführt (35%). Ebenfalls
rund ein Drittel ist bereits in der Jugendzeit in die Tätigkeit hineingewachsen (31%). Die konkrete Ansprache
einer Organisation hat 27% der Befragten zum Ehrenamt geführt, Eltern und Verwandte waren für ein Fünftel
ausschlaggebend. Auch an diesen Zugängen zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit hat sich seit 2010 insgesamt
so gut wie nichts geändert.
Positive Aspekte und Wertschätzung
Für fast - bis auf einige wenige Unentschiedene - alle, die ehrenamtliche Leistungen erbringen, überwiegen
in ihrer Tätigkeit die positiven Aspekte (93%); das war auch schon 2010 in diesem Ausmaß der Fall.
Ein Viertel der ehrenamtlich tätigen Oberösterreicher/innen teilen vorbehaltlos die Ansicht, dass sie
selbst ausreichend gewürdigt und anerkannt würden (26% "stimmt voll und ganz"). Zwei Drittel
sind "teilweise" dieser Meinung (65%). Insgesamt ist das Gefühl ausreichender Wertschätzung
gegenüber 2010 um einiges gestiegen.
Meinungen zum Ehrenamt:
Bedeutung des Ehrenamtes nimmt weiter zu, Zivildienst ist wichtiger Einstieg ins Ehrenamt
Mehr als vier Fünftel der oberösterreichischen Bevölkerung teilt "voll und ganz" die folgenden
Ansichten: "Das Ehrenamt, also etwas Nützliches zu tun, gibt Sinn im Leben" (87%), "Ehrenamtliche
Personen sollten ausreichend für ihre Tätigkeit versichert sein" (84%), "Aufgrund der Überalterung
unserer Gesellschaft wird ehrenamtliche Tätigkeit in Zukunft immer wichtiger" (83%), "Schon in Schule
und Ausbildung sollte man viele junge Menschen für das Ehrenamt begeistern" (82%).
Bedeutsam für die aktuell laufende Diskussion ist die breite Überzeugung dass "durch den Zivildienst
bei Sozialvereinen, beim Roten Kreuz etc., viele junge Menschen zu einem Ehrenamt kommen". Fast drei Viertel
der Befragten (72%) stimmen dieser Aussage "vollkommen", weitere 20% "einigermaßen" zu.
Parallel dazu geht die Mehrzahl der Befragten (46%) nicht davon aus, dass die Einführung eines bezahlten,
freiwilligen Sozialjahres die Bereitschaft zum Ehrenamt deutlich senken würde; gegenteiliger Meinung sind
43% der Befragten. Generell sind 59% der Oberösterreicher/innen "vollkommen" und 23% "einigermaßen"
der Meinung, dass "jeder Bürger einmal in seinem Leben zumindest eine gewisse Zeit ehrenamtlich tätig
gewesen sein sollte".
Zwei Drittel der Befragten meinen weiters, dass "der Stellenwert der ehrenamtlichen Tätigkeiten in der
Bevölkerung stärker verankert werden sollte" (66%) oder mehr "über die Möglichkeiten
ehrenamtlichen Engagements informiert werden sollte" (62%). Noch auf gleicher Zustimmungsebene folgt die Meinung,
dass "Ehrenamtliche stärker vor den Vorhang geholt werden sollten" (58%). Nur noch die Hälfte
der Befragten meint voll und ganz, dass die Organisationen noch mehr in der Bevölkerung werben sollten.
Das Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit 2011
Das "Europäische Jahr der Jahr der Freiwilligentätigkeit 2011" hat positive Spuren hinterlassen.
Knapp drei Fünftel aller Oberösterreicher/innen haben von der oberösterreichischen Initiative zum
Jahr des Ehrenamtes bzw. vom Motto "Ehrensache - Jahr der Freiwilligenarbeit" gehört oder gelesen
(58%). Die Kenntnis bei Personen, die ehrenamtlich tätig sind, liegt sogar bei 76 Prozent.
Diese doch hohe Bekanntheit zeigt, dass die gesetzten Aktionen und Maßnahmen rund um das Jahr der Freiwilligkeit
sich im Bewusstsein der Oberösterreicher/innen verankert haben.
Das Jahr der Freiwilligenarbeit 2011 hat gefallen
Jene, die das Jahr der Freiwilligenarbeit kennen, vergeben demoskopische Bestnoten: 43% hat dieses Jahr im Großen
und Ganzen "sehr gut" (43%) oder zumindest "einigermaßen" (38%) gefallen.
Jahr der Freiwilligenarbeit 2011 war wichtig
Die Beschäftigung des Landes Oberösterreich mit dem Thema "Ehrenamt" im Rahmen des Freiwilligenjahres
ist aus Sicht von fast zwei Drittel der Oberösterreicher für den Stellenwert des Ehrenamtes in unserer
Gesellschaft "sehr wichtig" (62%) und für fast alle anderen "einigermaßen wichtig"
(27%).
Zusammenfassung
- Das Jahr des Ehrenamtes 2011 unter dem Motto "Ehrensache - Jahr der Freiwilligenarbeit"
wurde in Oberösterreich wahrgenommen und als sehr wichtig und positiv empfunden.
- Die Oberösterreicher/innen räumen dem Ehrenamt, also Leistungen, die
für andere Menschen freiwillig und unbezahlt getätigt werden, einen hohen Stellenwert ein und engagieren
sich dafür. Jede/r zweite Oberösterreicher/in ist ehrenamtlich tätig. Diese Einschätzung und
Werthaltung ist konstant hoch.
- In Oberösterreich erstreckt sich die ehrenamtliche Tätigkeit auf 4
Hauptgebiete: Sport, Kirche, Kultur und Freiwillige Feuerwehr/Einsatzkräfte.
- Zwei zentrale Aspekte sind für das Ehrenamt ausschlaggebend: Freude/Spaß,
anderen dadurch helfen zu können und die persönliche Erfahrung von Lebenssinn.
- Die Einladung von Freunden, die Einladung durch eine Organisation oder ein spezielles
Interesse führen zum Ehrenamt. Der Zivildienst wird als wichtiger Weg zum Ehrenamt gesehen.
- Beim Ehrenamt überwiegen in massiver Weise die positiven Aspekte. Seit 2010
wird eine Steigerung in der Wertschätzung des Dienstes empfunden.
- Die ehrenamtlich Tätigen sind eher männlich dominiert und leben außerhalb
der großen Städte.
- Hauptsächliche Verhinderungsgründe sind vor allem der Zeitmangel, die
berufliche Überlastung und der Wunsch, neben Beruf und Familie auch Zeit für sich selbst nutzen zu können.
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