Angelobung der MandatarInnen und Wahl des Bürgermeisters – Konstituierende Sitzung unterbrochen;
Kahr nicht gewählt – Gemeinderat tritt am 25.01. wieder zusammen
Graz (stadt) - Der Grazer Gemeinderatssaal war voll besetzt, auch auf der Galerie fand sich kein freier
Platz mehr. Am 24.01. fand hier nämlich eine ganz besondere Sitzung statt, wie es sie nur alle fünf Jahre
gibt. Es war die konstituierende Sitzung des Gemeinderates, bei der die am 25. November 2012 gewählten MandatarInnen
angelobt wurden und ihrerseits wieder die Stadtregierung wählten. Auch zahlreiche Ehrengäste waren gekommen,
darunter Landeshauptmann Mag. Franz Voves, LH-Stv. Hermann Schützenhöfer, Franz Majcen, der vor zwei
Tagen in die Funktion des Ersten Präsidenten des Landtages Steiermark gewählt worden war, Landesamtsdirektor
Hofrat Mag. Helmut Hirt, Bundesrat Gregor Hammerl, Landesrat Gerhard Kurzmann, die obersten Personalvertreter der
Stadt Graz Gerhard Wirtl und Gerhard Suppan sowie die höchsten StadtbeamtInnen, allen voran Magistratsdirektor
Mag. Martin Haidvogl.
Vorbildwirkung für die Menschen in Graz
Um Punkt 10.08 Uhr eröffnete der bisherige Bürgermeister Mag. Siegfried Nagl die Sitzung mit den Worten:
"Heute findet in unserem Grazer Rathaus eine Angelobung statt, die für das Bestehen unseres Systems von
enormer Bedeutung ist. Der oberste Souverän in der Demokratie, die Grazer Bürgerinnen und Bürger,
haben am 25. November das Recht gehabt, ihre Vertreterinnen und Vertreter in diese Versammlung zu wählen.
Für jede und jeden Einzelnen von uns, die heute hier Platz nehmen dürfen, ist es eine besondere Auszeichnung
und eine besondere Verpflichtung, zu jenen 48 Personen im Gemeinderat, bzw. wenn wir die Stadtregierung dann gewählt
haben werden, zu jenen 55 Persönlichkeiten zu zählen, welche die inzwischen mehr als 300.000 Menschen,
die in Graz ihren Wohnsitz haben, vertreten dürfen.
Die Menschen haben einen besonders guten Einblick in die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit von Entscheidungen. Deshalb
müssen wir uns anstrengen, um die Erwartungen nicht zu enttäuschen. 'Wenn die Sprache nicht stimmt, dann
ist das, was gesagt wird, nicht das, was gemeint ist. So kommen keine guten Werke zustande. Also dulde man keine
Willkür in den Worten', hat uns bereits Konfuzius mit auf den Weg gegeben. Bei aller politischen Auseinandersetzung,
die es rund um Projekte und Entscheidungen in diesem Saal geben wird, müssen wir auch in unserer Sprache Vorbilder
sein. Ich hoffe, dass Wortmeldungen nicht zu persönlichen Angriffen und schon gar nicht zu untergriffigen
Unterstellungen verwendet werden. Sie alle haben einen großen Vertrauensvorschuss der Menschen in Graz bekommen.
Wir, die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte und der Stadtsenat, sind dazu aufgerufen, den Menschen Ziele
und Wege zu zeigen. Wir müssen gemeinsam Chancen aufzeigen und ergreifen, aber auch Gefahren frühzeitig
erkennen und Menschen darauf hinweisen."
Wahl der GemeinderätInnen
Dann übergab Nagl laut Statut der Landeshauptstadt Graz (II. Abschnitt, §17, Abs. 2) den Vorsitz
an das an Jahren älteste Mitglied des Gemeinderates ("der an Lebenserfahrung reichsten Gemeinderätin",
so Nagl), die ÖVP-Mandatarin Gerda Gesek. Magistratsdirektor Mag. Martin Haidvogl verlas die Gelöbnisformel
für die GemeinderätInnen: „Ich gelobe unverbrüchliche Treue der Republik Österreich und dem
Lande Steiermark, gewissenhafte Beachtung der Gesetze, unparteiische und uneigennützige Erfüllung meiner
Aufgaben, strenge Wahrung der mir obliegenden Verschwiegenheitspflicht und Förderung des Wohles der Stadt
Graz nach bestem Wissen und Gewissen", worauf zuerst Gerda Gesek und dann in alphabetischer Reihenfolge alle
Mitglieder des Gemeinderates mit den Worten "Ich gelobe" versicherten, in den nächsten fünf
Jahren mit vollem Einsatz für die steirische Landeshauptstadt zu arbeiten.
Erste Amtshandlung der frisch angelobten GemeinderätInnen war die Wahl des Bürgermeisters. Das Prozedere
wurde von der Vorsitzenden Gerda Gesek genau erläutert, das Team des Präsidialamtes unter Vorständin
Dr. Ursula Hammerl teilte an die GemeinderätInnen die Stimmzettel aus.
ÖVP: Klares Bekenntnis zur Gesamtverantwortung
Der Klubobmann der mandatsstärksten Partei ÖVP, Kurt Hohensinner, MBA, brachte den schriftlichen Wahlvorschlag
ein, Mag. Siegfried Nagl zum Bürgermeister zu wählen: "Vor über 15 Jahren habe ich Bürgermeister
Nagl kennengelernt. Damals machte ich eine Ausbildung zum Behindertenpädagogen. Ich war auch als Reisebegleiter
für Behinderte tätig. Eine Reise führte uns nach Disney World in Los Angeles. Von dort habe ich
Holzfiguren zum Ertasten für Blinde mit nach Graz genommen und auch die Vision, alle Sehenswürdigkeiten
in Graz ertasten zu können. Siegfried Nagl hat als damaliger Liegenschaftsreferent gleich zum Hörer gegriffen
- heute gibt es sechs dieser Miniaturen. Das ist nur eine kleine Sache, an der man sieht, dass es Nagl um das Ermöglichen
geht, er hat die Umsetzungkraft dazu.
Die ÖVP hat mit 14 Prozent einen klaren Vorsprung als stimmenstärkste Partei - ein lupenreiner 'Hattrick',
wie es im Fußball heißt. Gleich nach der Wahl hat Nagl mit allen Fraktionen zügig Gepräche
begonnen und von Anfang an die Strategie vorgegeben. Sein Ziel war es, einen möglichst breiten Schulterschluss
mit allen Parteien zu finden. Auch die Gespräche mit den Grünen verliefen konstruktiv, die KPÖ hat
sich selbst aus dem Rennen genommen. Mit dem beschlossenen Stabilitätspakt mit der SPÖ und der FPÖ
gibt es ein klares Bekenntnis zur Gesamtverantwortung, der inhaltliche Schwerpunkt liegt auf dem Stadtentwicklungskonzept.
Die 520 Millionen Euro für Innovationen müssen noch von der Regierung beschlossen werden. Die kommenden
fünf Jahre werden für alle Beteiligten eine große Herausforderung werden, die wir aber gemeinsam
gerne in Angriff nehmen. Heute beginnen wir eine neue Gemeinderatsperiode, in der 24 neue Gemeinderätinnen
und Gemeinderäte mit dabei sind. Das ist ein Zeichen der Gesamterneuerung. Es liegt an uns, mehr Sachlichkeit
in die Auseinandersetzungen zu bringen, die Chance dafür ist groß."
KPÖ: Interessensvertretung für jene, die keine Lobby haben
Dann ergriff KPÖ-Stadträtin Elke Kahr das Wort: "Die Gemeinderatswahl hat ein überraschendes
Ergebnis gebracht, auch für mich. Dieser Stimmengewinn - das waren die schönsten Tage, die wir erlebt
haben. Die KPÖ hat Stimmenverluste immer gefasst hingenommen, wir werden jetzt auch bei Erfolgen nicht hochmütig
werden. Als fester Bestandteil der politischen Landschaft in Graz ist die KPÖ die Interessensvertretung der
Menschen, die keine Lobby haben. Urbanität und modernes Herangehen an gesellschaftliche Probleme sind häufig
verwendete Worte, die aber oft die wichtigen Fragen ausblenden. Einige unsere Forderungen sind verwirklicht worden,
einige Sorgen wegen des Hauses Graz waren berechtigt.
Die KPÖ-Politik ist berechenbar, wir vergessen nach der Wahl nicht, was wir vor der Wahl gesagt haben. Diese
Verantwortung nehmen wir sehr ernst. Die Grazer KPÖ tritt für eine Budget-Politik mit Augenmaß
ein und für einen sorgsamen Umgang mit Steuermitteln. Der Stabilitätspakt macht ein ausgewogenes Budget
und die Stadtentwicklung nicht leichter. Trotzdem haben wir erklärt, das Ziel, die Gesamtverschuldung bis
2017 auf 1,3 Milliarden Euro zu begrenzen, mitzutragen. Tariferhöhungen etc. können wir aber nicht mittragen.
Die Stadt kann kein Gabentisch für Investoren sein. Bei städtischem Vermögen handelt es sich nicht
um Privatbesitz der Politiker. Deshalb ist die KPÖ für Information und Kontrolle und dass alle Parteien
in den Aufsichtsräten und Kontrollorganen vertreten sein sollen.
Finanzstadtrat Rüsch hat uns immer wieder bescheinigt, dass wir die Eckwertbudgetierung im Wohnungsamt exakt
eingehalten haben - das haben nicht alle Ämter. Direkt nach der Gemeinderatswahl haben wir unsere Vorschläge
für ein soziales Graz öffentlich gemacht und zur Diskussion gestellt. Niemand soll sagen, er kennt unsere
Schwerpunkte nicht. Ich habe auch allen Parteien für meine Ressorts die Schwerpunkte der nächsten fünf
Jahre zukommen lassen. Leistbares Wohnen wird eine der wichtigsten Aufgaben bleiben, das darf man nicht den Gesetzen
des Marktes überlassen. Wohnungs- und Lebenserhaltungskosten explodieren, deshalb führt kein Weg an einem
weiteren Sonderwohnbauprogramm vorbei. Ein neues Aufgabengebiet für mich wird unter „Zusammenleben" gefasst.
Hier will ich alle bestehenden Projekte und Einrichtungen zusammenführen. Es sollen auch neue Stadtteilzentren
geschaffen werden. Mit der Bau- und Anlagenbehörde übernehmen wir einen neuen Bereich. Der Reformprozess
wird weitergeführt werden. Es stehen uns in beiden Ämtern fachkundige und engagierte MitarbeiterInnen
zur Seite.
Zweitstärkste Kraft zu sein ist eine große Verantwortung in politischen Fragen. Wir wollen weiterhin
mehr soziale Gerechtigkeit. Es ist aber nicht unwesentlich, wie wir unser gestiegenes Gewicht bei Abstimmungen
einsetzen. Wir haben uns sehr intensiv darüber Gedanken gemacht, diesmal bei der Bürgermeisterwahl unsere
Stimme für Nagl abzugeben. Aber der ÖVP war die Eindämmung der KPÖ wichtiger als gemeinsame
Gespräche. Trotzdem haben wir am 18. Jänner die Frage der Wahl von Nagl noch einmal diskutiert. Am darauffolgenden
Tag hat uns der Bürgermeister aber ausgerichtet, dass er auf die Stimmen der KPÖ keinen Wert legt - wir
nehmen das so zur Kenntnis. Unsere Funktionsperiode beginnt aber mit der heutigen Sitzung. Ich hoffe, dass der
Gemeinderat in seiner Gesamtheit die Botschaft der Wahl verstanden hat. Wenn man mehr auf die Leute ohne Lobby
hört, wäre das eine große Hilfe. Die KPÖ wird weiter eine konsequente Politik machen."
SPÖ: Gute Grundlagen geschaffen
"Wir haben in den Gesprächen um das Stabilitätspapier konstruktiv gemeinsam gearbeitet", betonte
im Anschluss SPÖ-Gemeinderat Michael A. Grossmann. "Es wurden gute Grundlagen geschaffen, schließlich
geht es um ein konstruktives Bemühen für konstruktive Arbeit. Es kommt auf uns alle an, unsere Ziele
zu erreichen. Die Verantwortung für uns alle ist groß, vor allem die Koordinierungsfunktion des Bürgermeisters
wird eine wichtige sein. Wir haben das Vertrauen, dass Siegfried Nagl diese gut ausführen wird. Die SPÖ
spricht ihm deshalb ihr Vertrauen aus."
FPÖ: Neuer Handlungsspielraum
FP-Stadtrat Mag. (FH) Mario Eustacchio freute sich, "so viele neue Gesichter zu sehen. Der Gemeinderat hat
sich nicht nur verschlankt, sondern auch verjüngt. Die Wahl hat eine neue Konstellation der Regierung gebracht,
die FPÖ ist gestärkt daraus hervorgegangen. Ich möchte das Zutrauen der Bevölkerung annehmen.
Wie geht es nun in Graz weiter? Der Stabilitätspakt soll keine leere Worthülse sein. Wir haben uns nicht
zusammengesetzt und etwas 'ausgeschnapst', sondern uns überlegt, wie sieht der finanzielle Rahmen der nächsten
Jahre aus? Dieser ist sehr eng. Wir müssen daher mit dem verfügbaren Rahmen Investitionen tätigen
und uns genau überlegen, was wir noch auf Eis legen. Das ist die Chance, in jedem Bereich, in jeder Abteilung
zu evaluieren und zu prüfen, was wirklich notwendig ist und was nicht. So können wir uns einen Handlungsspielraum
schaffen, um Projekte durchführen zu können. Es wird neue Abgaben geben. Das Subventionswesen wird überprüft,
wenn nötig auf Zweckwidmung, damit das Geld wirklich dort ankommt, wo wir uns verpflichtet haben. Investitionen
werden gemeinsam getragen, die Stabilität muss beibehalten werden. Andere Ideen von anderen Parteien werden
diskutiert und im Pakt beschlossen - aber nur, wenn es um Finanzen geht. Das freie Spiel der Kräfte wird Einzug
halten im Grazer Gemeinderat! Das ist der richtige Weg, um die Stadt weiter voranzubringen. Es gilt, Mehrheiten
zu finden. Das ist extrem spannend, ich wünsche uns allen viel Glück für die nächsten fünf
Jahre!"
Grüne: Schwerpunkte fehlen
Als letzte Rednerin meldete sich die ehemalige Grüne Vizebürgermeisterin Lisa Rücker zu Wort: "Wir
Grüne wurden eingeladen, über den Stabilitätspakt zu sprechen. Wir haben das Papier als selbstverständlich
erachtet, schließlich kann sich die Stadt Graz nicht anders einigen als in Richtung Stabilisierung des Budgets.
Man muss sich aber auch auf Schwerpunkte einigen, dazu konnten wir keine Gespräche führen. Es war für
uns eine klare Entscheidung, das Papier nicht zu unterschreiben, da keine Festlegung auf große Herausforderungen
getroffen wurde. Die Dreier-Konstellation hat sich nicht darauf festgelegt, die Diskussion wurde verschoben. Heute
konstellieren sich die Kornblume neben der roten Nelke und den traditionellen Katholiken. Die Kornblume hat eine
eindeutige historische Bedeutung, von der die Grünen sich distanzieren möchten. Wir werden Bürgermeister
Nagl nicht wählen und auch Stadtrat Eustacchio nicht unterstützen."
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Bürgermeister Nagl wieder gewählt
Nun ging es endgültig an die Wahl des Bürgermeisters. Vorsitzende Gesek rief die GemeinderätInnen
Ing. Roland Lohr (FPÖ) und Mag.a Andrea Pavlovec-Meixner (Grüne) als WahlzeugInnen ein. Franz Lammer
vom Bürgermeisteramt sammelte mit der pokalähnlichen Wahlurne, die nur alle fünf Jahre für
die konstituierende Sitzung verwendet wird, die Stimmzettel ab.
Das Ergebnis: 48 abgegebene Stimmen, davon 17 ungültig, 31 gültig für Mag. Siegfried Nagl. Laut
Statut § 21, Abs. 8 war somit der alte auch zum neuen Bürgermeister gewählt. Nach Applaus der Anwesenden
und Standing Ovations der VP-MandatarInnen nahm Nagl die Wahl an und wurde durch Landeshauptmann Mag. Franz Voves
angelobt.
Magistratsdirektor Mag. Martin Haidvogl verlas die Gelöbnisformel: "Ich gelobe, als Bürgermeister
der Landeshauptstadt Graz die Bundes- und die Landesverfassung, das Statut und die Verordnungen der Stadt sowie
die sonstigen Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes Steiermark unverbrüchlich zu beachten, meine
Aufgaben unparteiisch und uneigennützig zu erfüllen, die mir obliegende Verschwiegenheitspflicht zu wahren
und mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln nach bestem Wissen und Gewissen dafür zu sorgen, dass in der
gesamten Stadtverwaltung nach den gesetzlichen Vorschriften vorgegangen und der Stadt kein Schaden zugefügt
wird." Nagl replizierte mit den Worten: „Ich gelobe, so wahr mir Gott helfe!“ und übernahm von Gerda
Gesek wieder den Vorsitz der konstituierenden Sitzung.
Bgm. Nagls Antrittsrede
Der neue alte Bürgermeister Nagl bedankte sich für das Vertrauen, das ihm entgegengebracht worden sei.
"Ich versuche immer auch ein Motto für mich selbst zu finden. Für diese Periode habe ich mir vorgenommen
'in Lösungen zu denken und nicht in Problemen'. Wir werden für die nächsten Generationen Bilder
entwerfen, die freier sind von Sorgen und mit vielem neu anfangen. Hier möchte ich mich bei den vielen Personen
bedanken, die die letzten fünf Jahre erfolgreich in Gemeinde- und Bezirksrat gewirkt haben und den Gremien
nicht mehr angehören. Viel Erfolg und Wohlergehen! Wir stehen vor neuen Aufgaben, aber wir haben die bisherigen
hervorragend gelöst, sonst würden nicht jedes Jahr 3.000 bis 4.000 Leute nach Graz ziehen. Wir stehen
auch im internationalen Vergleich hervorragend da, haben sehr gute Universitäten, die gute Grundstimmung hat
die Zahl der Studenten auf fast 55.000 ansteigen lassen. Die Kombination von Bildung, Innovationskraft und Kreativität
ist wichtig. Wir brauchen Zukunftsprojekte und Menschen, die lohnende Ziele formulieren. Es funktioniert sehr viel,
es gibt eine positive Grundstimmung, wir sind oft österreichweit Trendsetter - etwa mit Sozialraumorientierung,
Kinderbetreuung, Kooperation mit Unis, IntegrationsassistentInnen in Kindergärten, Budgetkonsolidierung und
vielem mehr.
Das ist das Ergebnis unserer Arbeit der letzten zehn Jahre. Wie können wir die Stärken der Stadt noch
stärker herausstreichen? Wir haben 420.000 Tagesanwesende mit vielen individuellen Plänen - das ist gut
so, wir wollen Phantasien anregen, damit sich die Stadt weiterhin positiv entwickelt, das ist das Konzept der Zukunft.
Wir werden auch Neues angehen, es stehen viele Türe offen. Wir werden auch jene ins Boot holen, die auf geschlossene
Türen starrren. Ich bin den KollegInnen Schröck und Eustacchio dankbar für die Kooperation, wir
sind aber sieben Stadtsenatsmitglieder. Die Mannschaft gewinnt. Es ist wichtig, dass jeder seine Talente einbringt
und seine Stärken zum Wohl der Landeshauptstadt. Ich meine das sehr ernst. Es ist auch für mich eine
neue Situation, aber ich werde mich sehr bemühen, alle Vorschläge durch die Bürgermeister-, nicht
durch die Parteibrille zu sehen. Es geht nicht um Taktik, sondern um die bestmögliche Zukunft für die
Menschen unserer Stadt. Beim Reden kommen die Leut´ zsammen - ich darf daher alle in den nächsten Monaten
zu mehreren Klausuren einladen, wo wir uns einigen, was wir neu angehen und was wie bisher weiterlaufen soll.
Es werden in den nächsten Jahren 520 Millionen Euro in Graz investiert. Wir werden auch Partner dafür
gewinnen - ich darf die Anwesenden des Landes gleich um ein gutes Miteinander ersuchen. Es wird auch in Wirtschaft
und Forschung Kooperationspartner geben. Sobald sich alle Überblick in ihren Ressorts verschafft haben, werden
wir auch in den nächsten fünf Jahren viel Positives bewirken. Ich bin motiviert, werde mein Amt voller
Kraft und Tatendrang angehen, hoffe, dass meine Familie mir wie bisher zu Seite stehen wird und mir der Herrgott
dabei helfen wird."
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Konstituierende Sitzung unterbrochen
Der neue, alte Bürgermeister Mag. Siegfried Nagl stellte die Beschlussfähigkeit des Gemeinderates
fest und verlautbarte, dass gemäß Statut der Landeshauptstadt Graz ein Wahlvorschlag der zweitstärksten
Partei, der KPÖ, für die Vizebürgermeisterin vorliegt, lautend auf Elke Kahr.
FPÖ unterstützt Kahr
FPÖ-Klubobmann Mag. Armin Sippel ergriff als erster das Wort und begann mit einem Zitat eines SPD-Politikers:
"Man muss von einem Politiker erwarten können, dass Wort und Tat übereinstimmen."
Sippel: "Wir haben klar gesagt, dass die zweitstärkste Partei auch den/die BürgermeisterstellvertreterIn
stellen soll. Die Grazer haben die KPÖ zur zweitstärksten Partei gewählt, deshalb steht aus unserer
Sicht Elke Kahr auch der Stellvertreter-Posten zu. Das haben wir auch vor fünf Jahren gesagt, als der SPÖ-Kandidat
zur Wahl stand und haben so unser Stimmverhalten ausgeübt. Auch wenn das manchem nicht passt, dass die KPÖ
in dieser Stärke hier sitzt, der Wähler hat gesprochen, das ist zu respektieren. Für uns zählt
der Wählerwille und der spricht für eine kommunistische Vizebürgermeisterin. Es gibt gewichtige
Argumente gegen Elke Kahr, etwa die Weigerung, eine entsprechende Verantwortung in dieser Stadt zu übernehmen.
Oder die Strategie, außerhalb des Stabilitätspaktes Frontalopposition zu machen, oder die Befugnisse,
die sie bei Abwesenheit des Bürgermeisters in die Hand bekommt.
Unsere Überlegungen sind knapp, aber zugunsten von Elke Kahr ausgegangen. Wir stehen zu unserem Wort und wählen
Elke Kahr zur Vizebürgermeisterin. Dieser Akt beinhaltet aber unsererseits auch eine ordentliche Portion Vertrauensvorschuss
in sie und ist mit konkreten Erwartungen verbunden."
Sippel wandte sich direkt an Elke Kahr: "Sollten Sie im Anschluss zur Vizebürgermeisterin gewählt
werden: Wir erwarten eine Ablegung der ideologischen Scheuklappen und kein parteipolitisches Verhalten bei der
Ausübung Ihrer Befugnisse. Sollten wir den Eindruck bekommen, dass Sie diesen Anfordernissen nicht zufriedenstellend
nachkommen, behalten wir uns auch vor, Ihnen das Misstrauen auszusprechen. Als Klubobmann wünsche ich dieser
Stadt in allen Funktionen Persönlichkeiten, die Graz bestmöglich vertreten!"
KPÖ-Klubobfrau plädiert für Kahr
Als zweite trat KPÖ-Klubobfrau Ina Bergmann ans Rednerpult: "Aufgrund des Wahlergebnisses habe ich als
Klubobfrau der KPÖ die ehrenvolle Aufgabe, Frau Elke Kahr zur Wahl zur Bürgermeister-Stellvertreterin
der Stadt Graz vorzuschlagen. Kahr und die KPÖ sind bei dieser Wahl eindeutig als Wahlgewinnerin hervorgegangen,
auch wenn die ÖVP die stärkste Fraktion stellt. Kahr ist aufgrund ihrer Vorzugsstimmen die einzige direkt
gewählte Gemeinderätin in diesem Saal. Leider hat sich das bei den Parteienverhandlungen nicht so durchgeschlagen
und auch Bürgermeister Nagl hat das nicht so gesehen. Die Vorschläge der KPÖ bei der ersten Vehandlungsrunde
wurden nicht einmal diskutiert, sondern sofort ins Abseits geschoben. Das einzige Interesse war, die Unterschrift
auf den nur allgemein gehaltenen Stabilitätspakt zu bekommen. Konkrete Vorhaben wollte man mit Kahr und dem
Verhandlungsteam nicht diskutieren. Ein von uns vorgeschlagenes Bereichsabkommen wurde nicht angestrebt. Es wurde
gleich propagiert, die KPÖ wolle keine Gesamtverantwortung übernehmen. Aber wer würde schon einen
Blankoscheck unterschreiben?
Elke Kahr wurde vor genau 20 Jahren, am 24. Jänner 1993, erstmals in den Gemeinderat gewählt - ein Jubiläum.
Damals war sie gemeinsam mit Ernest Kaltenegger die kleinste Fraktion. Später hat sie als Klubobfrau und dann
fast zwei Perioden lang als Stadträtin Verantwortung übernommen und wie alle anderen Regierungsmitgliedern
Verantwortung für ihr Budget getragen. Vor fünf Jahren haben alle die KPÖ für ihr Verantwortungsbewusstsein
noch gelobt, weil die KPÖ ein Bereichsübereinkommen für das Wohnen unterzeichnet hat.
Verantwortung heißt für uns auch Nein zu sagen bei Dingen, die wir nicht mittragen können, zu Prestigeprojekten,
zu Verschlechterungen für die Menschen. Verantwortung heißt auch, für die Menschen in unserer Stadt
einzutreten, denen es nicht so gut geht. Kahr hat sich in über 20 Jahren das Vertrauen der BürgerInnen
erarbeitet, das zeigt der Stimmenzuwachs. Sie hat nicht mit großen Versprechungen und Projektideen gewonnen,
sondern mit Ausdauer und unermüdlichem Einsatz für die Menschen. Kahr ist durchaus in der Lage, die verantwortungsvolle
Funktion der Vizebürgermeisterin auszuüben!
Nachdem es keine fixe Koalition gibt, wäre es demokratiepolitisch ein gutes Zeichen, sie zu wählen. Im
Wahlkampf warb Nagl mit dem Slogan "Anders denken", viele GrazerInnen haben anders gewählt. Wählen
auch Sie diesmal anders und geben Sie Elke Kahr Ihre Stimme zur Bürgermeisterstellvertreterin", appellierte
Bergmann an die Gemeinderatsmitglieder.
Grüne wählen Elke Kahr
Dr. Gerhard Wohlfahrt, Klubobmann der Grünen: "Wir Grünen hatten gehofft, das die letzten zwei Monate
genutzt werden, um zu überlegen, wohin die Reise gehen soll. Wir wurden bitter enttäuscht. Es gab keine
inhaltlichen Verhandlungen, nicht die Zukunft der Stadt war das Thema, sondern nur der Fiskalpakt: Wie viele Schulden
darf die Stadt in fünf Jahren haben? Das ist uns als einziges Ziel zuwenig.
Wesentlich sind: Lebensqualität, Zusammenleben, Wohnen, gesunde Umwelt - all das wurde nicht erörtert.
Das war das große Problem - es gibt keine Inhalte. Das einzige Ergebnis sind die neue Koalition und die Wahl
des Bürgermeisters, nicht aber die inhaltlichen Schwerpunkte, nicht die Lösungen für Graz. Es gibt
keinen gemeinsamen politischen Willen und keinen Gestaltungsanspruch. Es gibt niemand in der Koalition, der sagt:
Ich will VizebürgermeisterIn werden. Für uns ist deshalb klar, dass wir Elke Kahr wählen - hier
ist ein gewisser Gestaltungsanspruch vorhanden und das Vorschlagsrecht der zweitstärksten Partei steht."
ÖVP: Kahr nicht wählbar
ÖVP-Ehrenclubobmann Dr. Peter Piffl-Percevic: "Ich danke für die konstruktiven Worte der Pakt-Mitunterzeichner.
Es gibt konstruktive Bemühungen für eine konstruktive Arbeit, gewissenhafte, sachliche Überlegungen,
die uns motiviert haben, diesen Pakt zu formulieren und abzuschließen. Elke Kahr, wenn du sagst, dass der
Bürgermeister keinen Wert auf deine Unterfertigung gelegt hat: Er hat keinen Wert gelegt, um jeden Preis auch
eure Stimmen zu bekommen. Sehr wohl hat er Wert darauf gelegt, dass alle Kräfte in diesem Haus konstruktiv
für die nächsten fünf Jahre zusammenarbeiten.
Ja, in der letzten Periode gab es ein Koalitionsabkommen, und ein Pakt unterscheidet sich von einem Koalitionsabkommen.
Der Wählerauftrag war in dieser Hinsicht sehr schwer. Ich gratuliere dem Bürgermeister zu seinem Verhandlungsgeschick.
Alleiniges Motiv ist die Arbeitsfähigkeit für die nächsten fünf Jahre, dafür sind wir
alle gewählt worden. Wir betrachten die Wahl als Auszeichnung, als Verpflichtung und wollen dieser Verpflichtung
gerecht werden. Wenn wir im Statut lesen, was ein Vizebürgermeister zu tun hat: den Bürgermeister in
allen Rechten und Pflichten und damit nach außen zu vertreten ... Wir sind eine christdemokratische, ja durchaus
katholische Partei, aber wir können unsere Ideologie nicht in der täglichen Arbeit umsetzen. Das erwarte
ich, auch wenn man eine Orientierung zu Karl Marx hat, auch von der KPÖ. Ich erwarte, die Kompromissfähigkeit
einzubringen und am Tag nach der Wahl zusammenzuarbeiten. Die Einladung, dem Pakt, der ausschließlich der
künftigen Entwicklung von Graz gewidmet ist, beizutreten, steht nach wie vor.
Wenn man Vizebürgermeisterin werden will, ist ein Bereichsabkommen zu wenig, da muss man Gesamtverantwortung
übernehmen. Das liegt nicht vor, deshalb können wir dich, Elke, als Vizebürgermeisterin nicht wählen."
SPÖ gibt die Abstimmung frei
SPÖ-Klubobmann Michael A. Grossmann: "Es gibt keinen Wahlvorschlag aus der Koalition, weil es keine Koalition
ist und deshalb über die Frage des Vize nicht diskutiert wurde. Es wurde ein Rahmenpapier erstellt, in dessen
Rahmen der politsche Spielraum genutzt und Schwerpunkte gesetzt werden können. Bei der Diskussion im SPÖ-Klub
gab es keine einstimmige Meinung dazu, ob Elke Kahr genug Verantwortungswillen gezeigt hat - deshalb soll jedes
Mitglied des SPÖ-Gemeinderatsklubs nach seinem Wunsch abstimmen."
Wieder wurden Ing. Roland Lohr und Mag.a Andrea Pavlovec-Meixner zu WahlzeugInnen ernannt und die Stimmzettel verteilt.
Keine Mehrheit für Kahr in zwei Wahlgängen
Im ersten Wahlgang waren von den abgegebenen 48 Stimmen 28 ungültig, die gültigen 20 Stimmen zählten
für Elke Kahr. Damit hatte Kahr keine Mehrheit erreicht, der Wahlgang war zu wiederholen. Wieder wurden Stimmzettel
verteilt.
Im zweiten Wahlgang bekam Kahr 21 der 48 Stimmen, bekam also wieder keine Mehrheit. Darauf unterbrach Bürgermeister
Nagl laut Statut die Gemeinderatssitzung und vertagte sie auf Freitag, 25. Jänner 2013, 14 Uhr.
Morgen hat im dritten Wahlgang nochmal die KPÖ das Vorschlagsrecht. Im vierten Wahlgang haben alle Gemeinderatsklubs
das Recht, eine/n KandidatIn für das Amt zu nominieren.
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