Bildungssystem: Hohe Kosten, viele RisikoschülerInnen 

 

erstellt am
23. 01. 13

Bildungsbericht zeigt örtliche und soziale Unterschiede bei Schulwahl
Wien (pk) - Die Ausgaben für das österreichische Bildungssystem liegen über dem EU-27-Schnitt, die Qualität des Bildungswesen lässt sich allerdings nicht daraus ableiten. Diese Feststellung nimmt der Nationale Bildungsbericht 2012 zum Anlass, mittels Statistiken und Erhebungen die tatsächlichen Stärken und Schwächen der heimischen Bildungseinrichtungen aufzuzeigen. Wie im ersten Bericht dieser Art, den Unterrichtsministerin Claudia Schmied 2009 dem Parlament vorlegte, analysieren BildungsexpertInnen auch im aktuellen Bericht systematisch anhand der vorliegenden Daten Problemfelder im Bildungsbereich. Die wissenschaftlichen Schlussfolgerungen, betont Schmied im Vorwort des über 600-seitigen Dokuments, sehe sie vielfach als Bestätigung der Maßnahmen und Reformpläne des Unterrichtsressorts und nennt die Neue Mittelschule, die Ganztagsschule, Bildungsstandards, Inklusion und LehrerInnenbildung neu als Beispiele.

Erstellt vom Bildungsforschungsinstitut BIEFIE liefert der Nationale Bildungsbericht 2012 zunächst statistische Daten zu Österreichs Bildungssystem und verbindet diese mit weiterführenden Analysen zu zentralen Entwicklungsthemen des Bildungswesens. Berichts-Band 1 präsentiert folglich Zahlen zu den schulischen Rahmenbedingungen, zu personellen und finanziellen Ressourcen, Bildungsströmen sowie Leistungen der Schulen, in Band 2 werden als Schwerpunktthemen Kompetenzen der SchülerInnen und LehrerInnen, Chancengerechtigkeit und Mehrsprachigkeit sowie Schulformen und Steuerung des Schulwesens beleuchtet.

Kostenentwicklung des Bildungssystems
Insgesamt wurden für die Bildung – vom Elementar- bis zum Tertärbereich – im Erhebungszeitraum 2010 knapp 14 Mrd.€, also 5,7% des BIP und 10,8 % der Staatsausgaben, aufgewendet. Im europäischen Vergleich befindet sich der BIP-Anteil Österreichs für Bildung über dem Durchschnitt, etwa auf dem Niveau der Niederlande, Frankreichs, des Vereinigten Königreichs und der Schweiz. Trotz Krise stiegen die Ausgaben für Bildung von 2001 bis 2010 um 28%, während andere Staatsausgaben sich lediglich um 20% erhöhten.

Mit durchschnittlich 9000 € pro SchülerIn liegt Österreich auch bei seinen Pro-Kopf-Bildungsausgaben im EU-Vergleich weit oben. Nur in Dänemark ist der Gesamtschnitt wegen beträchtlicher Ausgaben im dortigen Tertiärbereich noch höher (9.100 €). Auf Grund des verpflichtenden Kindergartenjahres und vermehrter kostenloser Angebote stiegen im Zeitraum 2000 bis 2009 in Österreich die Kosten der vorschulischen Kinderbetreuungseinrichtungen um knapp 50%. Weniger stark fiel der Kostenzuwachs bei AHS-Oberstufen und BHS aus (knapp 30%), am geringsten verteuerte sich der Aufwand in der Sekundarstufe I und im Primarbereich. Für Hauptschulen, Neue Mittelschulen, AHS-Unterstufen und Volksschulen wurden nur knapp 10% mehr ausgegeben, weil auf Grund demografischer Entwicklungen die Anzahl an SchülerInnen dieser Altersgruppen abnimmt.

Da Personalkosten mehr als 75% der Kosten für Bildungseinrichtungen ausmachen, geht der Bericht näher auf die Betreuungssituation an Schulen ein. Im Schuljahr 2010/11 lag der Klassendurchschnitt über alle Schulen hinweg bei 20 Kindern bzw. Jugendlichen, rund 10 SchülerInnen entfielen damit auf eine Lehrkraft. Derzeit gilt der Richtwert von 25 SchülerInnen pro Klasse in Volks-, Haupt-, Neuen Mittelschulen sowie der AHS-Unterstufe. Diese Reduktion bedingte im Schuljahr 2008/09 etwa 1.900 zusätzliche Klassen und rund 2.800 Planstellen mehr.

Der erhöhte Ressourcenaufwand ist erforderlich, weil die jährliche Netto-Unterrichtszeit in Österreich teilweise deutlich unter dem OECD-Durchschnitt liegt (Sekundarstufe I: 607 Stunden/Jahr, OECD: 704 Stunden/Jahr). Zudem weist Österreich im EU/OECD-Vergleich das schlechteste Verhältnis zwischen LehrerInnen und pädagogisch unterstützenden Kräften wie SchulpsychologInnen, SozialarbeiterInnen oder IntegrationslehrerInnen auf. Eine pädagogische Stützkraft steht im Schnitt 29 LehrerInnen bzw. 263 SchülerInnen zur Verfügung, während das entsprechende Verhältnis im EU/OECD-Durchschnitt 1:16 bzw. 1:196 beträgt. In Folge müssen österreichische LehrerInnen häufig Aufgaben übernehmen, für die sie nicht ausgebildet sind und die durch Fachkräfte eventuell kosteneffektiver zu leisten wären, wie im Bericht vermerkt wird.

Markante Schwächen bei Grundkompetenz Lesen
Die Unterrichtssprache zu beherrschen, ist wesentliche Voraussetzung für schulischen Erfolg. In Österreich ist jede/r sechste SchülerIn am Ende der vierten Schulstufe als RisikoschülerIn einzustufen, da grundlegende Lesefähigkeiten fehlen. Sind 15- bis 16-jährige SchülerInnen nicht in der Lage, Grundaussage und Zusammenhänge eines Textes zu erfassen und Textinhalte mit außertextlichem Wissen zu verbinden, fallen sie ebenfalls in die Kategorie der Lese-RisikoschülerInnen. Die PISA Studie 2009 unter 15- bis 16-Jährigen ergab, dass 28 % der österreichischen SchülerInnen dieser Gruppe zuzuordnen sind, nur in zwei der 24 Testländer schnitten Jugendliche schlechter ab. Kaum halb so viele ProblemschülerInnen gibt es in Polen, Dänemark, Neuseeland, den Niederlanden und Kanada. Leistungsrückgänge zwischen den PISA Tests 2006 und 2009 gab es auch im Bereich Mathematik, 23% der österreichischen SchülerInnen zählen hier zur Risikogruppe (OECD: 22%), und bei den Naturwissenschaften liegt Österreich mit 21% RisikoschülerInnen im OECD-Schnitt. Die Statistik zeigt weiters, dass Schwächen in einer der drei Grundkompetenzen bei den betroffenen SchülerInnen meist auch auf Probleme in den anderen Bereichen schließen lassen.

Um die Lesekompetenz österreischischer SchülerInnen zu verbessern, fordern BildungsexpertInnen im Bericht eine "Professionalisierung der Lehrerschaft" hinsichtlich Didaktik im Erstleseunterricht und Textverständnis. In keinem Fach außer Deutsch ist Lesedidaktik derzeit Teil der LehrerInnenausbildung, nur 59 (20%) der Pädagogischen Hochschulen sehen "Lesen" bei Lehrveranstaltungen für VolksschullehrerInnen vor und lediglich 13 (4%) befassen sich mit den Grundlagen des Lesens. Die Themenbereiche Lesedefizite/Legasthenie sind an einigen Pädagogischen Hochschulen nicht Gegenstand der Grundausbildung von PflichtschullehrerInnen, sondern finden sich erst in Fortbildungskursen. Unklar ist auch, wie viele Personen sich mit Leseentwicklung und Leseerziehung in Lehramtsstudien auseinandersetzen, daher empfehlen die ExpertInnen, in den Studienplänen eine einheitlichen Mindestanzahl von ECTS-Punkten für den Bereich Lesen (linguistische und entwicklungspsychologische Grundlagen, kognitive Lesepsychologie, Modelle und Methoden der Lesedidaktik sowie Erkennen von Kindern mit Leseproblemen) verpflichtend vorzusehen. Konsens besteht bei den ExpertInnen darüber, dass Sprachförderprogramme schon im Elementarförderbereich anzusetzen sind, um späteren Problemen in der Schullaufbahn entgegenzuwirken.

Hingewiesen wird im Bericht zudem darauf, dass in Österreich die sozioökonomische Herkunft von SchülerInnen größeren Einfluss als in anderen Ländern auf schulische Leistungen hat, wobei der Unterschied bei der Leseleistung (13 %) deutlicher ist als etwa bei Mathematik (11%), sich jedoch noch unter der Differenz beim Fach Englisch befindet (20%).

Kindern aus Familien mit niedrigem Bildungshintergrund fehlt meist die elterlichen Unterstützung bei Lese- und Rechtschreibschwächen, auch wird Lesen nicht als Freizeitaktivität vermittelt, so die Erklärung."Besorgniserregend" werten die VerfasserInnen der Analyse, dass zwischen 2000 und 2009 der Anteil Jugendlicher, die nie zum Vergnügen lesen, von 44% auf über 50% gestiegen ist, womit Österreich bei jugendlichen NichtleserInnen an der OECD-Spitze liegt.

Interkulturelle Durchmischung ist ortsabhängig
Im Schuljahr 2009/10 waren 22,4% der SchülerInnen in den allgemeinbildenden Pflichtschulen Österreichs nichtdeutscher Muttersprache, in den Volksschulen 23,3%, in Berufsschulen 8,8% und in den Handelsschulen 47%. Die interkulturelle Durchmischung wird am deutlichsten in Wien, wo 50% der VolksschülerInnen über eine andere Muttersprache als Deutsch verfügen. Hat eine Gemeinde oder Stadt unter 10.000 EinwohnerInnen, sind 10% der Kinder mehrsprachig, in Städten zwischen 10.000 und 50.000 EinwohnerInnen nahezu 30%.

Auf Grund der starken Segregation von MigrantInnen nach Wohnviertel und Schulwahl besuchen etwa 37% der VolksschülerInnen Österreichs Klassen mit mehr als einem Viertel an MitschülerInnen mit nichtdeutscher Alltagssprache, 8% der SchülerInnen haben zu drei Viertel KlassenkollegInnen mit nicht-deutsprachigem Hintergrund. Das Zusammentreffen unterschiedlicher Kulturen an Schulen stellt hohe Anforderungen an das Lehrpersonal, soziale und interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln, analysieren die ExpertInnen, schon weil den Schulen vermehrt "sozialerzieherische" Aufgaben zugeschrieben werden, die früher von den Familien wahrgenommen wurden.

Mehrsprachigkeit bei Kindern und Jugendlichen bedeutet nicht unbedingt Defizite in ihrer schulischen Leistung, wie 2011 ein Vergleich unter OECD-Mitgliedern zeigte. In Österreich sind laut Bericht jedoch besonders bei der Lesekompetenz "auffallend große" Unterschiede zu verzeichnen. Bezugnehmend auf den PISA-Lesetest 2009 wird darauf verwiesen, dass 50% der getesteten 15-/16-Jährigen mit Migrationshintergrund zur Lese-Risikogruppe zählen, während SchülerInnen einheimischer Familien zu 24% massive Leseschwächen aufweisen. "Trotz dieser Unterschiede", so halten die AutorInnen des Beitrags zu Lese-Leistungsmessungen fest, "darf nicht übersehen werden, dass die Gruppe der leseschwachen Schüler/innen weiterhin zu drei Viertel aus einheimischen Jugendlichen besteht", denn nur ein Viertel der RisikoschülerInnen hat Migrationshintergrund.

Österreichs SchulabbrecherInnenquote ist niedrig
Von den 7,2 % der Jugendlichen, die nach Beendigung der Schulpflicht mit 15 Jahren keine weitere Schule besuchen, ist der überwiegende Teil, zwei Drittel, deutscher Muttersprache. Allerdings ist das Risiko für Jugendliche mit Migrationshintergrund, die Schullaufbahn mit Ende der Schulpflicht zu beenden, je nach Geschlecht zwei- bis dreimal höher als für ihre SchulkollegInnen mit deutscher Muttersprache. So brachen 2010 17,8% der Buben und 17,3% der Mädchen mit türkischer Umgangssprache die Schule ab.

Im EU-Vergleich hat Österreich insgesamt eine niedrige Schulabbruchsrate, lag 2010 der entsprechende EU-Durchschnitt doch bei 14%. Als Erklärung dafür werden im Bericht die gute heimische Wirtschaftslage und das duale Ausbildungssystem, wodurch ein Großteil der 15-Jährigen in beruflicher Ausbildung ist, sowie die vielfältigen Optionen zum Erwerb eines Sekundarabschlusses II erwähnt.

Mädchen sind allerdings in technisch-naturwissenschaftlichen Fachrichtungen der Berufsbildung immer noch in der Minderheit, wie aufgezeigt wird, und wählen zu 50% die Lehrberufe Handel, Büro und Friseurin. 5,3 % der 15 bis 19-Jährigen sind ohne Ausbildung oder Beschäftigung.

In den vergangenen Jahrzehnten konnte österreichweit dank der gesteigerten Bildungspartizipation von Frauen eine tendenzielle Erhöhung des Bildungsniveaus festgestellt werden. Bei der Altersgruppe 25 bis 44 verfügt bereits jede fünfte Frau über einen Tertiärbschluss, vier von fünf Frauen haben die Sekundarstufe II abgeschlossen. In der nächsthöheren Altersgruppe, 45 bis 64 Jahre, hat jede dritte Frau - aber nur 16% der Männer – keinen über die Pflichtschule hinausgehenden Bildungsabschluss.

Schulwahl nach Region und Herkunft
Ob Kinder nach der Volksschule in die AHS-Unterstufe übertreten, hängt stark von der Größe ihres Wohnorts ab (Wien rund 50%; Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck 47%; Städte mit 20.000 bis 100.000 EW 39%). In der Sekundarstufe II ist ebenfalls eine regionale Unterscheidung gegeben, wobei in ländlichen Gebieten durch die hohe BHS-Beteiligung immerhin 47% der SchülerInnen eine Schulform wählen, die zur Matura führt. Österreichweit schließen rund 68 % der SchülerInnen, die in eine maturaführende Schule der Sekundarstufe II eintreten, diese ab.

Entscheidend für die Möglichkeiten des Kompetenzerwerbs und somit für die Bildungslaufbahn von SchülerInnen ist ihre soziale Herkunft. So zeigen Kinder von Eltern mit geringer Bildung in der 4. Schulstufe deutlich schwächere Leistungen und ihr Rückstand beim Lernfortschritt liegt bei mehr als zwei Schuljahren hinter jenem von Kindern, deren Eltern Maturaabschluss haben. Nur 16% sozial benachteiligter SchülerInnen erwarten, in die AHS-Unterstufe einzutreten, bei Kindern, deren Eltern einen tertiären Bildungsabschluss haben, sind dies 69%. Für den Übergang in maturaführende Schulen der Sekundarstufe II ist das Verhältnis 24% zu 82%.

Migrationshintergrund ist neben örtlichen und sozialen Komponenten ein weiterer Faktor bei der Schulwahl. Von den insgesamt 9% der SchülerInnen Österreichs, die in einer Vorschulklasse eingeschult werden, ist die Hälfte mehrsprachig. Auch im Bereich sonderpädagogischer Förderung ist ein überdurchschnittlich hoher Prozentsatz von SchülerInnen mit nichtdeutscher Alltagssprache bemerkbar. In der 1. bis 4. Klasse der Sonderschulen stehen 27% von Kindern mit nichtdeutscher Umgangssprache 23% in Volksschulen gegenüber.

Mehrsprachige Kinder, die 20% der SchülerInnen in der Sekundarstufe I ausmachen, sind an AHS mit 16% unterrepräsentiert. In Hauptschulen und Neuen Mittelschulen beträgt Anteil 21% bzw. 28%, am höchsten ist die Zahl von SchülerInnen nichtdeutscher Alltagssprache mit 30% in Sonderschulen, wobei der Zusammenhang zwischen nichtdeutscher Umgangssprache und sonderpädagogischem Förderbedarf "nicht kausal interpretiert werden kann", wie die AutorInnen des Berichts unterstreichen. In der Sekundarstufe II sinkt der Anteil mehrsprachiger Jugendlicher auf 13%, was auch auf die hohe Zahl an SchulabbrecherInnen dieser Gruppe nach der Pflichtschule zurückzuführen ist.

Angesichts der gesellschaftlichen Veränderung sehen die ErstellerInnen des Berichts einen großen Bedarf an "praxisorientierter Fort- und Weiterbildung für Lehrkräfte". De facto nehmen Österreichs LehrerInnen jedoch im internationalen Vergleich nur sehr wenig Fortbildungsangebote (11 Tage in 18 Monaten) in Anspruch, auch wenn rund die Hälfte des Lehrpersonals angibt, an vermehrter Fortbildung interessiert zu sein. Als Gründe für die mangelnde Inanspruchnahme geben zwei Drittel der LehrerInnen an, keine für ihre Bedürfnisse passenden Bildungsprogramme gefunden zu haben, für 42% waren Konflikte mit dem Stundenplan ein Hinderungsgrund.

Geschlechter- und Altersverteilung im Lehrpersonal
Der Geschlechtervergleich im österreichischen Lehrpersonal ergibt eindeutig, dass Frauen im Lehrberuf in der Mehrheit sind. An allgemeinbildenden Pflichtschulen sind 80% der Lehrkräfte weiblich, an Volksschulen sogar 91%. Polytechnische Schulen kommen mit 53% Lehrerinnen der Geschlechterparität am nächsten, in allgemeinbildenden höheren Schulen sind 62%, in Hauptschulen 70% und in Sonderschulen 85% der Lehrenden weiblich. Gemessen an ihrem Anteil im Lehrpersonal sind Frauen in schulischen Leitungspositionen aber unterrepräsentiert, obwohl 56% der Direktorsposten von Frauen besetzt sind. So hat beispielsweise an Volksschulen jeder vierte Mann, aber nur etwa jede vierzehnte Frau einen Leitungsfunktion.

Neben der ungleichen Geschlechterverteilung weist der österreichische Lehrkörper einen relativ hohen Altersdurchschnitt auf. Im Schuljahr 2010/11 waren rund 43% des aktiven Lehrpersonals über 50 Jahre alt, mit jeder zweiten Lehrkraft über 50 sind die Hauptschulen am ältesten besetzt. An allgemeinbildenden höheren Schulen beträgt der Anteil der über 50-jährigen LehrerInnen 44%, während an Volks- bzw. Sonderschulen das Durchschnittsalter des Lehrpersonals bei 44 bzw. 45 Jahren liegt.

BildungsexpertInnen sagen für 2017/18 den Höhepunkt der Pensionierungswelle voraus, da dann voraussichtlich rund 4.500 Lehrkräfte in den Ruhestand übertreten werden. Bis 2020 wird etwa jede/r dritte LehrerIn (ca. 36.500 Personen) in Pension gehen, wobei der überwiegende Anteil des Lehrpersonals diesen Schritt zwischen 60 und 65, also vor dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter, setzt. Ob sich daraus ein LehrerInnenmangel ergibt, hängt angesichts der demografischen Entwicklung – bis 2010/21 wird ein Rückgang der SchülerInnenzahlen von rund 5% erwartet – stark davon ab, wie sich zukünftig die Ausbildungs- und Beschäftigungspolitik im Schulwesen gestaltet, so die ErstellerInnen des Beitrags zur Ressourcenlage an Österreichs Schulen.

Weniger RisikoschülerInnen durch mehr Chancengleichheit
Der Bericht führt OECD-Studien an, die den Zusammenhang zwischen Testleistungen und der Herkunft von SchülerInnen untersuchen und zu dem Schluss kommen, dass eine Reduktion der Chancenungleichheit auch den Anteil an RisikoschülerInnen zurückgehen lässt. In ihrer Analyse zur Ganztagsschule merken die BildungsexpertInnen an, die Ergebnisse, inwieweit schulischer Erfolg mit einer ganztägigen Schulform einhergeht, seien widersprüchlich. Gesichert ist jedoch, verweisen die AutorInnen auf Beispiele aus Deutschland, dass das Sozialverhalten von SchülerInnen in ganztägigen Schulformen verbessert und Bildungsbenachteiligung abgebaut wird. Zusammenfassend ist festzustellen, heißt es im Bericht, dass Ganztagsschulen positive Effekte auf die Leistungen von SchülerInnen zeitigen, wenn die ganztägigen Angebote pädagogisch qualitätsvoll sind und sie tatsächlich von SchülerInnen angenommen werden. Die internationale Forschung gibt der verschränkten Form der Ganztagsschule, bei der Unterrichts-, Lern- und Freizeit mehrmals über den Tag verteilt abwechseln und die verpflichtend ist, den Vorzug gegenüber der offenen getrennten Form mit Vormittagsunterricht und freiwilliger Nachmittagsbetreuung.

Argumentiert wird, dass bei ganztägigen Schulformen durch die erweiterten Fördermöglichkeiten von SchülerInnen mit Bildungsdefiziten und von RisikoschülerInnen "soziale Herkunftseffekte" abgeschwächt werden sowie interkulturelle und sprachliche Kompetenzen besser zu vermitteln sind. Ein positiver sozialpolitischer Effekt ist bei ganztägiger schulischer Betreuung die leichtere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Hohe Akzeptanz gegenüber ganztägigen schulischen Angeboten zeigte sich 2011 dementsprechend in der Bevölkerung (78%). Auch die Mehrheit der BürgermeisterInnen (72%) stand – nach Klärung v.a. der Finanzierungsfrage – ganztägiger schulischer Betreuung an Volksschulen positiv gegenüber. Ambivalent äußern sich LehrerInnen zur Ganztagsschule: 50% – tendenziell dienstjüngere Lehrkräfte – sprachen sich 2011 dagegen aus.

2011/12 ist im Vergleich zum Schuljahr 2007/08 der Ausbau ganztägiger Angebote über alle Schulformen angestiegen, wenn auch das Ziel von 50% für das Jahr 2015 noch nicht erreicht ist. Sehr gute Versorgung liegt bereits bei den AHS mit 84% vor, beschreibt der Bericht, äußerst gering sind ganztägige Angebote bei Hauptschulen (13%) und Polytechnischen Schulen (4%). Bei Neuen Mittelschulen haben etwas mehr als 50% ganztägige Betreuungsangebote.

 

 

 

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