Jülich (fz) - Ein internationales Forscherteam hat einen neuen Weg gefunden, molekulare
Magnete herzustellen. Ihre dünnen Schichtsysteme aus Kobalt und einem organischen Material könnten den
Weg ebnen für die Realisierung leistungsfähigerer Speichermedien und schnellerer und energieeffizienterer
Prozessoren für die Informationsverarbeitung. Die Forschungsergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe der renommierten
Fachzeitschrift „Nature“ nachzulesen (DOI: 10.1038/nature11719).
Um die Leistungsfähigkeit von Computern zu steigern und ihren Energiebedarf zu verringern, wurden in der Vergangenheit
Prozessoren und Speicher stetig verkleinert. Doch diese Strategie steht vor dem Ende, weil die Physik ihr Grenzen
setzt: Zu kleine Bauteile werden instabil; Daten können darin nicht mehr sicher gespeichert und verarbeitet
werden. Ein Grund dafür ist, dass schon ein Atom mehr oder weniger in Bauteilen aus nur wenigen Atomen zu
ganz unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften führen kann. Die genaue Zahl und Anordnung von Atomen
in Metallen und Halbleitern, aus denen Bauteile heute bestehen, lässt sich aber kaum kontrollieren.
Einen Ausweg könnte eine so genannte „molekulare“ Elektronik mit nanometerkleinen Bauteilen aus Molekülen
bieten, denn Moleküle bestehen aus einer festen Anzahl von Atomen, können funktionsspezifisch designt
und preisgünstig in immer wieder identischer Form hergestellt werden. Nutzt man dabei neben der elektrischen
Ladung der Elektronen auch ihr magnetisches Moment, den Spin, scheinen sogar ganz neue Funktionalitäten realisierbar,
etwa nichtflüchtige Arbeitsspeicher oder Quantencomputer.
Moleküle für solch eine „molekulare Spinelektronik“ müssen bestimmte magnetische Eigenschaften aufweisen.
Doch diese sind empfindlich und gehen bisher häufig verloren, wenn die Moleküle an anorganischen Materialien
befestigt werden, die nötig sind, um den Strom zu leiten. Deshalb hat ein Team von Wissenschaftlern des Forschungszentrums
Jülich, der Universität Göttingen, des US-amerikanischen Massachusetts Institute of Technology,
des kroatischen Rudjer Boskovic Institute und des indischen IISER-Kolkata eine neue Strategie verfolgt und die
unvermeidbaren Wechselwirkungen zwischen Molekül und Untergrund gezielt ausgenutzt, um eine molekular-magnetische
Hybrid-Schicht mit den gewünschten Eigenschaften zu erzeugen.
Auf eine magnetische Schicht aus Kobalt brachten die Forscher das für sich genommen nichtmagnetische Zinkmethylphenylalenyl,
kurz ZMP auf, ein kleines metallorganisches Molekül. Sie zeigten, dass das ZMP erst gemeinsam mit der Kobaltoberfläche
ein magnetisches „Sandwich“ bildet und dass dieses sich durch magnetische Felder gezielt zwischen zwei magnetischen
Zuständen hin- und herschalten lässt. Dabei ändert sich der elektrische Widerstand des Schichtsystems
um mehr als 20 Prozent. Um solche so genannten „magnetoresistiven“ Effekte, die für das Speichern, Verarbeiten
und Messen von Daten eingesetzt werden können, in molekularen Systemen zu erzeugen, benötigten Forscher
bisher oft Temperaturen weit unter minus 200 Grad Celsius.
„Unser System ist schon bei vergleichsweise warmen minus 20 Grad Celsius stark magnetoresistiv. Dies ist ein deutlicher
Fortschritt auf dem Weg zur Entwicklung von Moleküldatenspeichern und -rechenelementen, die bei Raumtemperatur
funktionieren“, freut sich der Jülicher Wissenschaftler Dr. Nicolae Atodiresei, theoretischer Physiker am
Peter Grünberg Institut und am Institute for Advanced Simulation. Bei der Entwicklung eines physikalischen
Modells, das die Eigenschaften des Materials erklärt, mit Hilfe von Berechnungen an Jülicher Supercomputern
waren er und seine Jülicher Kollegen federführend.
„Nun wissen wir, dass es entscheidend ist, dass das Molekül praktisch flach ist“, berichtet Atodiresei. „Dann
bilden jeweils zwei Moleküle einen Stapel und lagern sich dicht an der Kobaltoberfläche an. Das Kobalt
und das untere Moleküle bilden das magnetische Sandwich, das obere Molekül wirkt als `Spinfilter´
und lässt vorwiegend Elektronen passieren, deren Spins passend ausgerichtet sind.“ Die Ausrichtung lässt
sich zum Beispiel mit einem Magnetfeld steuern. Aufbauend auf ihren Erkenntnissen wollen die Forscher ihr Sandwichsystem
nun weiter optimieren und so variieren, dass sich die Filterwirkung auch durch elektrische Felder und Lichtpulse
steuern lässt.
Originalveröffentlichung
Interface-engineered templates for molecular spin memory devices;
K.V. Raman et al.; Nature ; DOI: 10.1038/nature11719
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