Bislang kaum untersuchter Signalweg entscheidend für Vermehrung von Krebszellen – Forscher
unterdrücken Tumorzellteilung durch Hemmung der „löslichen“ Adenylylcyclase
Bochum (rub) - Ein bislang kaum untersuchter Signalweg ist entscheidend für das Wachstum und die Vermehrung
von Prostatakrebszellen. Das fand ein internationales Forscherteam heraus, als es das Enzym „lösliche Adenylylcyclase“,
das den Botenstoff cAMP herstellt, unter die Lupe nahm. Hemmten die Wissenschaftler das Enzym, teilten sich die
Krebszellen kaum noch. Das Team um Dr. Yury Ladilov aus der Abteilung für Klinische Pharmakologie der Ruhr-Universität
berichtet gemeinsam mit Kollegen der Urologischen Klinik der RUB und der Cornell University in New York in der
Zeitschrift „Journal of Biological Chemistry“.
cAMP entsteht in der Zelle an mehreren Orten
Zyklisches AMP, kurz cAMP, ist ein Botenstoff, der viele Prozesse von Zellwachstum bis -tod steuert. Ein Enzym
in der Zellmembran stellt das Molekül her. Dort wirkt es zum Beispiel auf Ionenkanäle oder andere Enzyme,
die in der Membran verankert sind. Der Botenstoff beeinflusst aber auch Prozesse im Zellkern oder in den Mitochondrien,
den Kraftwerken der Zelle. Die gängige Sicht war, dass cAMP von der Membran durch die Zellflüssigkeit
– das Cytosol – zu seinem Zielort wandert. Neue Studien legen jedoch nahe, dass cAMP nicht nur an der Zellmembran
sondern auch in der Zelle gebildet wird – von dem Enzym lösliche Adenylylcyclase (LAC). Welche Funktion LAC
hat, haben Wissenschaftler bislang nur wenig untersucht.
Das Enzym LAC spielt eine Rolle für die Zellteilung
Das RUB-Team aus der Abteilung für Klinische Pharmakologie zeigte in einer Vorläuferstudie, dass LAC
eine Rolle beim programmierten Zelltod spielt. Nun tüftelten die Forscher mit ihren Kollegen auch die Funktion
des Enzyms für die Zellteilung aus. Dazu untersuchten sie zunächst Gewebeproben von Patienten. Sie verglichen
die LAC-Menge in Zellen eines bösartigen Prostatatumors mit der LAC-Menge in Zellen, die einer gutartigen
Gewebewucherung entstammten. Die „bösartigen“ Zellen enthielten mehr cAMP-bildendes Enzym als die „gutartigen“
Zellen. Dann veränderten die Forscher die Krebszellen in einem Zellkulturexperiment genetisch so, dass sie
kaum noch LAC bildeten. Dadurch hörten die Zellen beinahe komplett auf, sich zu vermehren. Den gleichen Effekt
erzielten die Wissenschaftler, wenn sie das Enzym LAC durch Medikamente hemmten. Das Team identifizierte auch die
beteiligten Signalwege. Das von LAC gebildete cAMP aktiviert zwei Proteine, die wiederum den MAP-Kinase-Signalweg
steuern. Dieser ist bekannt dafür, dass er Zellwachstum und -teilung kontrolliert. „Die Ergebnisse dieser
Studie werfen ein neues Licht auf die Regulation der Zellteilung und die Tumorentstehung“, sagt Yury Ladilov.
Potenziell für die Therapie interessant
Eine Möglichkeit, Prostatakrebs zu behandeln, ist eine Bestrahlungstherapie. Dr. Ladilovs Team testet
zurzeit an Zellkulturen, wie sich eine Kombination aus Bestrahlung und LAC-Hemmern auf das Wachstum der Krebszellen
auswirkt. „Natürlich hoffen wir, dass man diese Erkenntnisse eines Tages für die Therapie von Patienten
einsetzen kann“, so der Bochumer Biologe. „Aber das ist noch ein weiter Weg.“ Denkbar wäre, dass ein Einsatz
von LAC-Hemmern die notwendige Strahlenmenge reduzieren könne. Die bislang in Zellkultur verwendeten LAC-Hemmer
sind allerdings nicht beim Menschen anwendbar.
Titelaufnahme
J.-P. Flacke, H. Kempkes, A. Appukuttan, R.-J. Palisaar, J. Noldus, B.D. Robinson, H.P. Reusch, J.H. Zippin, Y.
Ladilov (2013): Type 10 soluble Adenylyl Cyclase is overexpressed in prostate carcinoma and controls proliferation
of prostate cancer cells, Journal of Biological Chemistry, doi: 10.1074/jbc.M112.403279
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