Auch zahlreiche Petitionen und Bürgerinitiativen auf der Tagesordnung
Wien (pk) - An der Spitze der zu beschließenden Gesetze stand in der heutigen Plenarsitzung des Nationalrats
das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2012. In diesem Gesetzespaket werden die Verfahrensregeln
für die neuen Verwaltungsgerichte festgelegt, die ab 2014 ihre Tätigkeit aufnehmen sollen (Verwaltungsgerichts-
verfahrensgesetz). Das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz dient dazu, Überleitungsbestimmungen
im Hinblick auf die Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit zu verankern.
Darüber hinaus wird unter anderem im Verwaltungsstrafgesetz die Obergrenze für Organmandate von 36 €
auf 90 € hinaufgesetzt und für Strafverfügungen ein Limit von 600 € (bisher 365 €) festgelegt. Für
Anonymverfügungen gilt künftig eine Strafgrenze von 365 € (bisher 200 €).
Geändert werden außerdem das Verwaltungsgerichtshofgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz, das Einführungsgesetz
zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz, das Verwaltungsvollstreckungsgesetz,
das EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz, das Zustellgesetz, das Finanzstrafgesetz, die Exekutionsordnung, das
Bundesministeriengesetz, das Amtshaftungsgesetz, das Organhaftpflichtgesetz und das Bundesgesetzblattgesetz.
Die Vorlage wurde unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrags in Dritter Lesung mit breiter Mehrheit
von SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grünen und Team Stronach angenommen. Das BZÖ war dagegen. In zweiter
Lesung erfolgte die Abstimmung jedoch teils einstimmig, teils mehrheitlich.
Des Weiteren lagen den Abgeordneten zahlreiche Petitionen und Bürgerinitiativen vor.
Vor Eingang in die Tagesordnung kündigte Präsident Fritz NEUGEBAUER für 15 Uhr eine Debatte über
einen Dringlichen Antrag des BZÖ betreffend Schutz des heimischen Wassers an. Im Anschluss daran wird sich
das Plenum auf Antrag der Grünen in einer Kurzen Debatte mit einer Anfragebeantwortung des Landwirtschaftsministers
zum Thema entwicklungspolitische und ökologische Bedenken gegen den Einsatz von Agrotreibstoffen befassen.
Nationalrat legt Verfahrensregeln für neue Verwaltungsgerichte fest
Im Rahmen des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2012 werden die Verfahren vor den neuen Verwaltungsgerichten
– mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts – in einem eigenen Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt.
Dessen Bestimmungen lehnen sich eng an die Verfahrensbestimmungen an, die derzeit für die Unabhängigen
Verwaltungssenate gelten. Im Detail geht es etwa um die örtliche Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte,
die Voraussetzungen zur Einbringung einer Beschwerde, Fragen der Parteienstellung und der Akteneinsicht, Verfahrenshilfe,
Verhandlungsgrundsätze, Kostentragungen, die aufschiebende Wirkung von Beschwerden, Fristsetzungsanträge
und Berufungsmöglichkeiten. Der angenommene Abänderungsantrag bringt unter anderem die Verlängerung
der Rechtsmittelfrist von ursprünglich zwei Wochen auf nunmehr vier Wochen.
Breite Zustimmung zur Reform der Verwaltungsgerichte
Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) bewertete das vorliegende Paket als insgesamt positiv und sah vor allem in
der nunmehr durch einen Abänderungsantrag vorgesehenen Einführung einer vierwöchigen Rechtsmittelfrist
den zentralen Grund für die Zustimmung seiner Fraktion. Der Justizsprecher der Freiheitlichen mahnte überdies
die Umsetzung einer Reihe noch offener Punkte ein, wobei er vor allem in der Frage der Gesetzesbeschwerde zu einer
klaren und sauberen Lösung aufrief.
Abgeordneter Peter WITTMANN (S) hob die Vereinheitlichung des Verfahrensrechts von Bund und Ländern, den niederschwelligen
Zugang zum Recht sowie die erstmalige Beteiligung der Länder an der Verwaltungsgerichtsbarkeit als wesentliche
Punkte der Reform hervor. Er brachte zudem einen Abänderungsantrag ein, der im Wesentlichen eine Verlängerung
der Rechtsmittelfrist von ursprünglich zwei Wochen auf nunmehr vier Wochen zum Inhalt hat.
Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) kündigte unter Hinweis auf den von ihrem Vorredner eingebrachten Abänderungsantrag
die Zustimmung ihrer Fraktion an und sah die Reform vor allem unter dem Aspekt der Transparenz, der Verfahrensvereinfachung
und der Verbesserung des Rechtsschutzes. Zentral war aus der Sicht Musiols auch die Harmonisierung der Beschwerdefrist
auf vier Wochen sowie die Aufnahme von umweltrechtlichen Aspekten in die Liste der Aufhebungsgründe von Bescheiden.
Abgeordneter Wolfgang GERSTL (V) interpretierte die Reform als weiteren Schritt in Richtung Rechtsschutz und Bürgerfreundlichkeit
und erwartete sich kostengünstige Verfahren und besseren Rechtszugang für alle. Er unterstrich insbesondere
auch den dabei gefundenen Konsens zwischen den Parteien. Was die Gesetzesbeschwerde betrifft, versicherte Gerstl,
es werde eine klare Regelung geben, die den Bedürfnissen des Lebens Rechnung trägt und nicht zu unnötigen
Verfahrensverzögerungen führt.
Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) äußerte sich grundsätzlich positiv zur Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit
und stellte fest, man habe auf gleichberechtigter Ebene verhandelt und auch die Anliegen der Opposition berücksichtigt.
Er rief zu einer einheitlichen Umsetzung der Reform auf und warnte in diesem Zusammenhang vor "Schrebergärten"
der Länder. Heftige Kritik übte Scheibner aber an der Erhöhung der Strafrahmen und kündigte
aus diesem Grund die Ablehnung des Gesamtpakets in Dritter Lesung durch das BZÖ an.
Abgeordneter Christoph HAGEN (T) signalisierte die Zustimmung seines Klubs, sprach von einem Schritt in die richtige
Richtung und begrüßte insbesondere die von dem Reformpaket verfolgten Ziele der Verwaltungsvereinfachung
und Verfahrensbeschleunigung.
Ostermayer: Neue Verwaltungsgerichte können rechtzeitig 2014 starten
Staatssekretär Josef OSTERMAYER bezeichnete die Reform als "Jahrhundertwerk" und teilte mit,
man sei sowohl hinsichtlich der Stellenausschreibungen als auch der Änderung der entsprechenden Materiengesetze
im Zeitplan, sodass die Gerichte 2014 ihre Tätigkeit aufnehmen können.
Abgeordneter Harald STEFAN (F) wertete die Reform als in Summe positiv und begrüßte insbesondere das
Einlenken der Regierungsparteien in der Frage der Rechtsmittelfrist von vier Wochen. Er warnte allerdings vor dem
Einfluss der Länder bei der Umsetzung des Pakets und sah überdies noch offene Fragen beim Instanzenzug
hinsichtlich der rechtsberatenden Berufe sowie bei der Gesetzesbeschwerde.
Abgeordnete Sonja STESSL-MÜHLBACHER (S) hob in ihrer Wortmeldung die Kostenneutralität, die Verfahrensbeschleunigung,
die Verbesserung des Rechtsschutzes und die einheitliche Regelung der Beschwerdefrist hervor und zeigte sich zudem
erfreut über die konstruktive Zusammenarbeit aller Fraktionen im Verfassungsausschuss.
Abgeordneter Gerald GROSZ (B) bekräftigte die Kritik seiner Partei an der Erhöhung der Strafrahmen und
befürchtete Belastungen für die AutofahrerInnen, die, wie er sagte, ohnehin schon durch die hohen Spritpreise
zur Kasse gebeten werden.
Abgeordneter Johann SINGER (V) erwartete sich durch die Reform eine Verbesserung des Rechtsschutzes und betonte,
es sei gelungen, den Zugang zur Verwaltungsgerichtsbarkeit bürgerfreundlich zu gestalten. Positiv verbuchte
Singer auch die Kooperation der Länder bei der Neuordnung.
Abgeordneter Otto PENDL (S) sprach von einem guten Tag für die Österreicher und Österreicherinnen,
weil mit dem vorliegenden Gesetz modernste Standards eingeführt werden, die für mehr Qualität und
Rechtsschutz sorgen. Er lade daher alle ein, dieser so wichtigen Materie auch die Zustimmung zu erteilen.
Auch Abgeordneter Jochen PACK (V) bezeichnete das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz als großen
Wurf, auf den man sehr stolz sein könne. Es werde nicht nur der Dschungel an Sonderbehörden gelichtet,
sondern ab 2014 sollen auch unabhängige Richternnen über Revisionen entscheiden, ohne dass diese vorher
durch zahlreiche Verwaltungsebenen gehen müssen.
Abgeordneter Stefan PRÄHAUSER (S) zeigte sich erfreut über die breite Zustimmung zur Gesetzesmaterie.
Er bedankte sich ausdrücklich bei allen Fraktionen für die gute Zusammenarbeit und sprach die Hoffnung
aus, dass dieser positive Geist auch in Zukunft bei wichtigen Fragen – z.B. die Sicherheitsstrategie - wieder
zum Tragen kommt.
Entschließungsantrag zu Pilotprojekt für blinde RichterInnen
Abgeordneter Franz-Joseph HUAINIGG (V) setzte sich dafür ein, dass in Österreich ebenso wie in Deutschland
blinde Menschen den Richterberuf ergreifen, was aufgrund des Behindertengleichstellungsgesetzes auch möglich
wäre. Derzeit gibt es in Österreich aber keinen einzigen blinden Richter, zeigte Huainigg auf. Berichte
aus der Praxis belegten, dass sich sehbehinderte RichterInnen oft ein objektiveres Bild von Vorgängen und
Personen machen können als ihre nicht-behinderten KollegInnen, da sie sich nicht von visuellen Eindrücken
beeinflussen lassen. Er begrüße es daher sehr, dass im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbarkeit ein Pilotprojekt
für blinde RichterInnen gestartet wird. Diesbezüglich brachte er auch einen S-V-Entschließungsantrag
ein, der schließlich einstimmig angenommen wurde.
Abgeordneter Kurt GARTLEHNER (S) schloss sich grundsätzlich seinen VorrednerInnen an. Auch seiner Meinung
nach sei das Reformpaket eine wirklich wichtige Innovation im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit; weitere Schritte
auf dem Weg zu einer Staatsreform müssten aber noch folgen, meinte er.
Das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz sei die notwendige Antwort auf die grundlegende Umgestaltung
in diesem Bereich, erläuterte Abgeordneter Johann MAIER (S). Er wiederholte noch einmal die wichtigsten Eckpunkte,
wie etwa die Schaffung eines einheitlichen Verfahrensrechts. Eine Herausforderung sah Maier auch für die universitäre
Lehre, da die Entwicklung der neuen Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich kritisch begleitet werden müsse.
In ihrer zweiten Wortmeldung bedauerte Abgeordnete Daniela MUSIOL (G), dass ein zuvor angekündigter Entschließungsantrag
aufgrund der noch fehlenden Zustimmung der ÖVP nun nicht eingebracht wurde. Trotzdem werde man dem Gesetz
zustimmen, weil ein ehrliches Bemühen von Seiten des Abgeordneten Gerstl zu erkennen war, in den nächsten
Tagen zumindest einen selbständigen Antrag in diese Richtung einzubringen.
Kontroverse über Anhebung der Obergrenze für Organverfügungen und Strafmandate
Abgeordneter Harald STEFAN (F) äußerte sich noch einmal zur angeblichen Strafrahmenerhöhung und
wies darauf hin, dass es bei dieser Bestimmung nur darum gehe, die Einhebung von Strafen zu vereinfachen. Die eigentlichen
Strafen werden im Materiengesetz festgelegt.
Wenn der Strafrahmen für Organmandate bei Falschparken von 36 € auf 90 € frei gegeben wird, dann könne
man sicher sein, dass in Zukunft für Falschparken Strafen in der Höhe von 90 € verhängt werden,
erklärte Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) in Richtung seines Vorredners.
Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) wies aus juristischer Sicht darauf hin, dass niemand verpflichtet ist, eine
Organstrafe anzunehmen. Es stehe jedem frei, ein ordentliches Verfahren einleiten zu lassen. Durch die heutigen
Beschlüsse werde es daher zu keiner Erhöhung der Strafen kommen, sondern nur das Verfahren zu deren Einhebung
erleichtert.
In Zweiter Lesung wurde das Gesetzespaket in der Fassung eines Zusatz- bzw. Abänderungsantrags in getrennter
Abstimmung, die auf Verlangen des BZÖ getrennt erfolgte, teils mit Mehrheit, teils einstimmig angenommen.
In Dritter Lesung erfolgte die Zustimmung mehrheitlich.
Der SPÖ-ÖVP-Entschließungsantrag zu einem Pilotprojekt betreffend die Beschäftigung sehbehinderter
Verwaltungsrichter wurde einstimmig angenommen.
Die zahlreichen Anliegen der Bürgerinnen und Bürger
Ein Bündel an Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern in Form von Petitionen und Bürgerinitiativen
lag dann den Abgeordneten zur Diskussion vor, die der Petitionsausschuss im Vorfeld beraten hatte. Dessen Sammelbericht
wurde mehrheitlich angenommen.
Die Themen der 21 Initiativen reichten von der Begrenzung von Überziehungszinsen und Mahngebühren auf
Girokonten, über eine neue Agrar- und Ernährungspolitik, die Schaffung einer Möglichkeit, die theoretische
Ausbildung zur Fahrprüfung im Schulunterricht zu absolvieren, die Ablehnung der Unterbringung von AsylwerberInnen
in Kasernen, den Halt aller ÖBB-Rail-Jet-Züge in Wörgl Hauptbahnhof bis hin zur Direktwahl der Landes-
und Bundesschülervertretung, zur Forderung nach Senkung des Eingangssteuersatzes bei gleichzeitiger Anhebung
des Spitzensteuersatzes, zum Austritt aus EURATOM sowie zu den Kinderrechten.
Der Sammelbericht des Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen zeige einmal mehr klar auf, dass
die Frage der Daseinsvorsorge ein zentrales Thema für die Menschen ist, konstatierte Abgeordneter Josef JURY
(F). Dabei gehe es u.a. auch um den Schutz des heimischen Wassers, das aus Sicht seiner Fraktion nicht an private
Investoren verkauft werden darf. Durch die geplante EU-Richtlinie für Dienstleistungskonzessionen werde jedoch
internationalen Konzernen Tür und Tor geöffnet, um auf so wichtige nationale Ressourcen, wie eben das
Wasser, zugreifen zu können. Jury brachte sodann einen Entschließungsantrag betreffend Schutz des österreichischen
Wassers ein.
Angesichts der zahlreichen Petitionen und Bürgerinitiativen zu den verschiedensten Themen zeige sich, dass
auch immer mehr jüngere Menschen auf diesem Weg den direkten Kontakt mit der Politik suchen, wie z.B. die
Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Perg, die für eine Erhöhung der Mittel für die
Entwicklungszusammenarbeit eintreten, merkte Abgeordnete Rosa LOHFEYER (S) an. Lohfeyer befasste sich zudem mit
der Bürgerinitiative Nr. 46 zum Thema Tabakprävention, in der vor allem ein besserer Schutz von Kindern
und Jugendlichen gefordert wird.
Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) wünschte sich grundsätzlich, den demokratischen Instrumentarien
Petitionen und Bürgerinitiativen im Hohen Haus mehr Gewicht zu verleihen. Positiv sei vor allem, wenn Anliegen
der BürgerInnen den Fachausschüssen zugewiesen und dort ausführlich erörtert werden müssen.
Als Beispiel führte er ebenfalls die Petition von SchülerInnen zum Thema Entwicklungshilfe an, die nun
im außenpolitischen Ausschuss behandelt werden muss. Bedauern äußerte Pirklhuber darüber,
dass manche Initiativen einfach zur Kenntnis genommen werden, obwohl sie teils sehr aktuelle und brisante Themen
behandeln.
Nicht zuletzt die Volksbefragung über die Wehrpflicht habe sehr deutlich gezeigt, dass die Bürger und
Bürgerinnen höchstes Interesse daran haben, sich aktiv zu beteiligen, meinte Abgeordnete Anna HÖLLERER
(V). In der Folge ging sie auf einige Petitionen und Bürgerinitiativen im konkreten ein, wie z.B. jene zur
Verbesserung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum. Als äußerst positiv bewertete Höllerer
die Möglichkeit der Online-Unterstützung von Petitionen und Bürgerinitiativen auf der Parlamentshomepage,
von der seit der Einführung im Oktober 2011 bereits 166.000 Mal Gebrauch gemacht wurde.
Wie kann und soll sich der Petitionsausschusses weiterentwickeln?
Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) erinnerte daran, dass der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen
in den letzten Jahren intensiv weiterentwickelt und sehr viel Leben hineingebracht wurde. Nun müsse man aber
einen Schritt weiter gehen und alle Hürden beseitigen, um ein modernes Petitionsrecht im Rahmen des geplanten
Demokratiepakets auf die Beine zu stellen, forderte die BZÖ-Mandatarin. Ein wichtiger Punkt für sie wäre
etwa die Abschaffung der notwendigen Unterschrift von Abgeordneten beim Einbringen von Petitionen. Außerdem
wünschte sie sich das gesetzlich verankerte Rederecht des Erstunterzeichners sowie verbindliche Regelungen
bezüglich der Zuweisung zu Fachausschüssen. Haubner brachte sodann noch einen Entschließungsantrag
betreffend Ausarbeitung eines Aktionsplans zur Rauchprävention für Kinder und Jugendliche ein.
Abgeordneter Erich TADLER (T) sah Bürgeranliegen als wichtiges Instrument des Volkes, sich im Sinne direkter
Demokratie Gehör zu verschaffen. Die Zahl von Petitionen und Bürgerinitiativen alleine zeige, dass die
BürgerInnen mehr Beteiligung wollen, das habe auch die Volksbefragung zum Bundesheer gezeigt. Ein Dauerbrenner
an Petitionen sei die Forderung nach Abschaffung der Zeitumstellung. Der Sammelbericht zeige, dass es in Zukunft
nicht mehr genügen werde, Petitionen bloß zur Kenntnis zu nehmen, meinte der Abgeordnete.
Abgeordneter Bernhard VOCK (F) verwies auf die Petition, die ein Nein zur Unterbringung von AsylwerberInnen in
Kasernen fordert. Er kritisierte, dass diese trotz ihrer Aktualität nicht dem Ausschuss zugewiesen worden
sei. Vock verwies auf eine Feststellung der Volksanwaltschaft, wonach die leerstehenden Kasernen bereits den Grundwehrdienern
nicht zumutbar waren, dementsprechend seien sie es auch nicht für Flüchtlinge. Vock forderte zudem raschere
Asylverfahren und konsequente Abschiebung und Rückführung bei negativen Asylbescheiden. Österreich
solle sich klar zur Hilfe für Flüchtlinge bekennen, es dürfe aber zu keiner Einwanderungsbewegung
über das Asylrecht kommen.
Abgeordneter Johann HELL (S) unterstrich die Vielfalt der Anliegen, die im Bericht des Petitionsausschusses zum
Ausdruck kommen. Eine Petition, mit der man sich auch im zuständigen Ausschuss weiter befassen werde, widme
sich mit der Sensibilisierung für Anliegen der EZA. Auch die Adaptierung der Lehrpläne von FHs, Unis
und HTL an das Thema Barrierefreiheit sei ein Erfolg einer Initiative von BürgerInnen, genauso wie die Verbesserung
der Zugverbindungen am Bahnhof Wörgl. Hell meinte, das sei auch dem Engagement der regionalen Abgeordneten
zu verdanken.
Abgeordnete Christiane BRUNNER (G) kritisierte hingegen, dass Abgeordnete öfters Petitionen einbringen würden,
ohne sie im Parlament weiter zu unterstützen. Petitionen und Bürgerinitiativen seien ein wichtiges Instrument,
um dem Hohen Haus Anliegen von BürgerInnen näher zu bringen. Brunner hob besonders die Petition betreffend
die geplante Tauerngasleitung und damit zusammenhängende Grundstücksenteignungen hervor. Eine Bürgerinitiative,
die dazu entstanden sei, verweise darauf, dass es sich um eine Transitpipeline handle, die in Widerspruch zu österreichischen
Energiestrategie und ihrer Hinwendung zu erneuerbaren Energie stehe. Die geplanten Enteignungen seien zudem durch
kein öffentliches Interesse gedeckt. Diese beiden Punkte zeigten, dass das Anliegen der BürgerInnen jedenfalls
berechtigt sei und ernstgenommen werden sollte. Das würde auch das demokratische Bewusstsein stärken,
meinte die Abgeordnete.
Abgeordneter Hermann GAHR (V) meinte, die Arbeit im Petitionsausschuss werde oft unterschätzt, sie sei aber
ein wichtiger Beitrag zur direkten Demokratie. Petitionen und Bürgerinitiativen lieferten dem Parlament oft
Daten und Fakten für Entscheidungen. Es sei Pflicht der Abgeordneten, Anregungen aus ihren Regionen ins Parlament
mitzunehmen, sagte er in Reaktion auf seine Vorrednerin. Gahr führte das Beispiel des Bahnknotens Jenbach
an, der besonders für PendlerInnen wichtig sei. Hier sei aufgrund des Engagements der BürgerInnen unter
Beteiligung aller Betroffenen eine Zusage zur Errichtung zusätzlicher Parkplätze erreicht worden, um
auf die Mobilitätsentwicklung zu reagieren.
Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) widmete sich der Bürgerinitiative zur Wiedereinführung einer direkten
Busverbindung zwischen den Stadtzentren von Ferlach und Klagenfurt. Die früher bestehende hervorragende, kostengünstige
Busverbindung gebe es nicht mehr, sie sei durch eine teure S-Bahn-Verbindung mit langer Fahrtzeit ersetzt worden.
Das BMVIT habe dazu festgestellt, dass die Verantwortung für den Regionalverkehr bei den regionalen Gebietskörperschaft
liege, in diesem Falle also dem Land Kärnten. Die Verantwortung für diese schlechte verkehrspolitische
Entscheidung liege damit bei Landeshauptmann Dörfler, meinte Dolinschek.
Abgeordneter Johann HECHTL (S) verwies ebenfalls auf die breiten persönlichen und kollektiven Interessen,
die in den Anliegen der BürgerInnen zum Ausdruck kommen. So fordere eine Bürgerinitiative die Überführung
der Pensionssystem der Architekten ins Regelpensionswesen. Die Frage werde im zuständigen Sozialausschuss
behandelt. Für Hechtl bestätigt das den hohen Stellenwert der gesetzlichen Pensionsversicherung. Das
Pensionssystem brauche eindeutig eine staatliche Absicherung, keine Privatisierungen, konstatierte der Abgeordnete.
Abgeordneter Rupert DOPPLER (F) nahm ebenfalls zur Tauerngasleitung Stellung und meinte, diese trage nichts zur
Versorgung der österreichischen Bevölkerung bei, sondern diene nur dem Transit zwischen Süddeutschland
und Norditalien. Das Projekt sei daher klar abzulehnen. Das Justizministerium und das Umweltministerium würden
sich aber als nicht zuständig sehen, und das Wirtschaftsministerium spreche nur allgemein von Rahmenbedingungen
für nachhaltige Energie, kritisierte der Freiheitliche Abgeordnete.
Abgeordneter Michael HAMMER (V) unterstützte die Forderung nach Anerkennung der Studierendenvertretungen an
den Fachhochschulen als eigener Rechtspersönlichkeit. Die Fachhochschulen hätten eine große Bedeutung,
derzeit bringe die Unterordnung ihrer Studierendenvertretungen unter die ÖH einen großen Verwaltungsaufwand
mit sich und entspreche nicht den Interessen der FH-Studierenden. Ein Papier der Studierendenvertretung sei in
Ausarbeitung, das als Grundlage für eine gesetzliche Regelung dienen könnte, sagte der Abgeordnete.
Abgeordnete Carmen GARTELGRUBER (F) kritisierte, dass Petitionen stets von Abgeordneten einzubringen seien. Damit
entstehe automatisch eine parteipolitische Färbung. Sie sah die Vorgänge um die Frage des Halts der Railjetzüge
im Bahnhof Wörgl im Gegensatz zu Abgeordnetem Hell als fragwürdig. Die eigentlichen Anliegen der BürgerInnen
seien hier "abgedreht" worden, merkte Gartelgruber kritisch an.
Abgeordneter Hermann LIPITSCH (S) meinte, der Petitionsausschuss habe sich gut entwickelt. Man sei immer froh über
neue Ideen, die in einen Ausschuss einfließen können, betonte er. Allerdings betreffen manche der Anliegen
nicht den Bund, sondern die Länder, sie könnten daher im Nationalrat nur zur Kenntnis genommen werden.
Aber auch solche Initiativen regten die Diskussion an, betonte Lipitsch. Was den Regionalverkehr betreffe, so sei
es wichtig, die Nebenbahnen, welche Landessache seien, als Zubringer für die Hauptstrecken wieder mehr zu
aktivieren, sagte der Abgeordnete in Richtung von Abgeordnetem Dolinschek. In Kärnten gehe man derzeit diesen
Weg. Die Pendlerförderung gehöre zudem wieder in die Hand der AK, forderte er.
Abgeordneter Gerhard KÖFER (A) verwies auf die steigende Politikverdrossenheit der Bevölkerung. Das Paket
zur direkten Demokratie sei angesichts dessen leider sehr lückenhaft und stelle nur eine Light-Version dar.
Er vermisse die konsequente Aufwertung von Volksbegehren und Volksbefragungen darin. Trotzdem werde er die Initiative
unterstützen, da es darin einige positive Ansätze gebe, wie die garantierte Sondersitzung für Volksbegehren
ab 100.000 Stimmen und das Rederecht für die InitiatorInnen. Bürgeranfragen sollte im Nationalrat wenigsten
viermal im Jahr eine eigene Fragestunde gewidmet werden. Köfer sah den Klubzwang als nicht mehr zeitgemäß
und in Widerspruch zum freien Mandat an und forderte seine Abschaffung.
Abgeordnete Christine MAREK (V) äußerte sich kritisch über die Bürgerinitiative zur Direktwahl
der SchülerInnenvertretung auf Bundesebene. Das derzeitige System habe sich bewährt, stellte sie fest.
Die Mitspracherechte für SchülerInnen an den Schulen müssten aber gestärkt werden. Die Bürgerinitiative
zu den Kinderrechten bestehe leider nur aus Überschriften, zeige aber keine klare Intentionen und Richtung
auf. So unkonkret formulierte Initiativen können eben nur zur Kenntnis genommen werden, selbst wenn berechtigte
Anliegen darin enthalten seien, sagte Marek.
Abgeordneter Dietmar KECK (S) verwies auf seine langjährige Mitgliedschaft im Petitionsausschuss und meinte,
er könne bestätigen, dass sich dessen Arbeit in diesen Jahren sehr zum Positiven gewandelt habe. Man
habe begonnen, die Anliegen nicht mehr durch Vertagung zu erledigen. Alle zwei Monate gebe es nun Sammelberichte
zu den behandelten Petitionen und Bürgerinitiativen. Wünschenswert wäre es aber, in Zukunft die
Behandlung der Berichte an den Beginn der Tagesordnung zu setzen und die betroffenen Regierungsmitglieder während
der Debatte auf der Regierungsbank zu sehen.
Abgeordnete Gertrude AUBAUER (V) betonte, es müsse den BürgerInnen vermittelt werden, dass es immer etwas
bringe, sich mittels Petitionen und Bürgerinitiativen zu engagieren. Ein gutes Beispiel sei die Verankerung
des Themas Barrierefreiheit in den Lehrplänen von FHs, Universitäten und HTL. Damit befasse sich bereits
der zuständige Ausschuss. Grundsätzlich müsse es mehr Mitbestimmung der BürgerInnen geben.
Die wichtigsten Eckpunkte dazu lägen nun auf dem Tisch, wie die Aufwertung von Volksbegehren oder die Möglichkeit
von BürgerInnenanfragen an Regierungsmitglieder. Die BürgerInnen wollten mehr mitreden, sie sollten das
auch tun können, konstatierte Aubauer und meinte, der Zug mit dem Reformpaket sei bereits auf Schiene. Er
werde hoffentlich rasch ans Ziel gelangen, sagte sie.
Der Bericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.
Der Entschließungsantrag von FPÖ-Abgeordnetem Jury betreffend den Schutz des heimischen Wassers blieb
in der Minderheit. Auch der Entschließungsantrag des BZÖ zum verbesserten Nichtraucherschutz von Kindern
und Jugendlichen wurde mehrheitlich abgelehnt.
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