Österreichische Fotografien von den 1930ern bis heute
Wien (belvedere) - "Fotos - Österreichische Fotografien von den 1930ern bis heute" zeigt
knapp 100 künstlerische Arbeiten aus dem breiten Spektrum heimischer Fotokunst der vergangenen Jahrzehnte,
beginnend 1936 mit Herbert Bayer bis hin zu aktuellen Positionen wie etwa Nadim Vardag. Drei Leitmotive liegen
der Werkauswahl zugrunde: die Menschen, die Dinge, die uns umgeben, und die Linse zwischen all dem - also die Fotografie
selbst. Die Ausstellung vereint Werke aus den Sammlungen des Belvedere, der Artothek des Bundes sowie der Fotosammlung
des Bundes der Österreichischen Fotogalerie und des Museums der Moderne Salzburg.
Fotografie ist überall
In der Kunst längst als Medium anerkannt, ist Fotografie als populäres Kommunikationsmittel unser ständiger
Begleiter. Wie begegnen wir ihr und der ungeordneten Flut von Bildern, mit der wir im Alltag konfrontiert sind?
Wie steht es um die österreichische Fotografie heute? Und was sagt sie über den Stand der Dinge aus?
Diese Fragen bilden den Ausgangspunkt der Ausstellung, die Fotografie als festen Bestandteil der österreichischen
Kunstgeschichte lesbar macht. "Das Belvedere ist dem österreichischen Kunstschaffen in allen seinen Ausformungen
verpflichtet. Es war mir daher seit 2007 ein besonderes Anliegen, eine Fotografiesammlung auf- und auszubauen und
der Öffentlichkeit zugänglich zu machen", erklärt Agnes Husslein-Arco. "Ich freue mich
sehr über die verstärkte Positionierung der Fotografie innerhalb der Sammlung des Hauses und die Präsentation
in einer allein diesem Medium gewidmeten Ausstellung", so die Direktorin des Belvedere weiter.
Looking at things - Fotografie als Geschichte des Blicks
Nie zuvor waren die Anwendungsbereiche von Fotografie so vielfältig wie heute. Neben künstlerischer und
dokumentarischer Fotografie, Bildjournalismus, Werbung und Wissenschaft ist die Gebrauchsfotografie nun bedeutender
denn je. Vor diesem Hintergrund wirft die Ausstellung einen genauen Blick auf das Medium und sein Potenzial. Denn
neben den oft beiläufig wirkenden Alltagsbildern existiert eine Form der Fotografie, die die Dinge aus ihrem
Gebrauchskontext heraushebt und sich künstlerisch mit ihren eigenen technischen Möglichkeiten auseinandersetzt.
Das Medium verfügt über eine eigene Geschichte, zeigt zugleich eine Geschichte des Blicks und birgt darüber
hinaus eine Alltags-, Kultur- und Sozialgeschichte in sich. "Unser Blick im Heute kommt nicht darum herum,
unser Vorwissen in unsere Wahrnehmung einfließen zu lassen. Das passiert auch bei geografischen Kontextualisierungen
von Werken", so Kurator Severin Dünser. Durch den nationalen Fokus der Ausstellung schwinge auch immer
die Frage nach dem spezifisch Österreichischen mit, sei es als Resultat von Projektionen oder von Erwartungshaltungen.
Motivfindung - Dinge, Menschen und die Fotografie an sich
Die drei bestimmenden Parameter der Fotografie liegen der Ausstellung als Leitmotive zugrunde: Objekt, Subjekt
und deren In-Beziehung-Setzen - also Dinge, Menschen und die Fotografie an sich. Der Fokus liegt auf den Motiven,
welche sich dem Betrachter frei von thematischer oder zeitlicher Kontextualisierung, Hierarchisierung oder Chronologie
offenbaren. Fotos zeigt verschiedene Genres ohne jegliche Kategorisierung, beispielsweise Stilllebenfotografie,
künstlerische sowie dokumentarische Fotografie, Porträt- und Aktfotografie, Presse- oder Reportagefotografie.
Digitale, nachbearbeitete Bilder finden ihren Platz neben analogen Fotos, und aus gewissen Serien werden einzelne,
isolierte Motive gezeigt. Somit steht es jedem Betrachter frei, individuelle Zuordnungen zu treffen, Bezüge
herzustellen oder für sich selbst Erzählungen zu finden. Die eigens entwickelte Ausstellungsarchitektur
von Clegg & Guttmann, deren Zwischenwände sich an der Konstruktion des von Karl Schwanzer geplanten 21er
Haus orientieren, eröffnet immer wieder neue Sichtachsen und unterstützt so das Schweifen durch die Schau.
Von der Stilllebenfotografie bis hin zu Foto-Fotos
Historische und zeitgenössische Stilllebenfotografie wird sowohl in ihrer klassischen als auch in ihrer abstrakten
Gestaltungsform gezeigt und legt einen klaren, lakonischen Blick auf die Dinge des Alltags frei. Diese Objektbezogenheit
kommt beispielsweise bei Gerald Domenigs Inszenierung zum Ausdruck, in der er Schokoladekekse wie Ziegelblöcke
im leeren Raum stapelt. Oder in Robert F. Hammerstiels Inszenierungen von Plastikobst, deren Arrangements an historische
Stilllebenmalerei erinnern. Die Abbildungen von Menschen, Blicken oder Momentaufnahmen kleiner Gesten offenbaren
Zwischenmenschliches, das u.a. in den Arbeiten von Herbert de Colle, Clegg & Guttmann, Bernhard Fuchs und Matthias
Herrmann zum Ausdruck kommt. Einige Werke widmen sich dem Medium Fotografie selbst: "Die Insignien der Fotografen
tauchen an allen Ecken und Enden auf, seien es nun Filmdosen, Kameradeckel, Dunkelkammern als Attribute bei Werner
Kaligofsky und Paul Albert Leitner oder das Licht als Protagonist der Fotografie bei Peter Weibel, Michael Part,
Herwig Kempinger, Günther und Loredana Selichar und Inge Dick", erläutert Kurator Axel Köhne.
Drei Sammlungen spiegeln österreichische Fotografiegeschichte wider
Die Exponate bieten einen Einblick in knapp 80 Jahre österreichische Fotografie von Doyens wie Franz Hubmann
und Ernst Haas bis zu jungen Kunstschaffenden wie Kathi Hofer oder Anja Ronacher. Sie stammen aus jenen Sammlungen,
in denen sich das Schaffen österreichischer Fotografen widerspiegelt: der Artothek des Bundes, die seit Herbst
2012 im 21er Haus beheimatet ist, der Fotosammlung des Bundes der Österreichischen Fotogalerie und des Museums
der Moderne Salzburg sowie dem Belvedere. Durch gezielte Ankäufe wurden die Fotobestände des Hauses seit
2007 kontinuierlich erweitert. Im Zusammenhang mit Die Sammlung #2, die im Obergeschoß zu sehen ist, zeigt
Fotos einmal mehr den zeitgenössischen österreichischen Sammlungsbestand des Hauses.
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