Neues Verständnis zur Entstehung von Diabetes Typ 2 Protein RANKL hemmt die Wirkung von
Insulin – Tiroler Erkenntnis verbessert Prävention und Therapie
Innsbruck (i-med.ac) - Das Protein RANKL (receptor activator of nuclear factor-?B) hat maßgeblichen
Einfluss auf die Entstehung der Stoffwechselerkrankung Diabetes Mellitus Typ 2. Diese aus Daten der bekannten Bruneck-Studie
und speziellen Laboruntersuchungen gewonnene Erkenntnis eines großen internationalen Konsortiums unter Leitung
von Tiroler Forschungsgruppen wird die Prävention und Therapie bei Diabetes Typ 2 verändern. Die Ergebnisse
wurden jetzt im hochrangigen Wissenschaftsmagazin Nature Medicine veröffentlicht.
Acht Prozent der Bevölkerung sind in Österreich von der Stoffwechselstörung Diabetes Mellitus Typ
2 betroffen, rund 2.500 Typ 2 DiabetikerInnen werden derzeit an der von Prof. Herbert Tilg geleiteten Univ.-Klinik
für Innere Medizin I betreut. Über die letzten 20 Jahre hat sich die Häufigkeit des Diabetes Mellitus
Typ 2 verdoppelt. Als Folge von falscher Ernährung und Übergewicht ist der Typ 2 Diabetes weltweit zu
einer Massenerkrankung mit weitreichenden Folgen geworden – für die PatientInnen wie für das gesamte
Gesundheitssystem.
Fortschritt für Prävention und Therapie
ForscherInnen um Prof. Stefan Kiechl und Prof. Johann Willeit von der Innsbrucker Univ.-Klinik für Neurologie,
Univ.-Prof. Herbert Tilg (Univ.-Klinik für Innere Medizin I) und Prof. Georg Schett von der Universität
Erlangen konnten nachweisen, dass das Knochenumbauprotein RANKL entscheidend an der Entwicklung der Zuckerkrankheit
mitbeteiligt ist. RANKL aktiviert den relevanten „Entzündungsschalter“ in der Leber, wodurch das Hormon Insulin
seine Wirkung verliert. „Gelingt es, in diesen Prozess gezielt mit Medikamenten einzugreifen, könnte die Entstehung
von Diabetes Mellitus 2 verhindert bzw. eine nachhaltige Normalisierung des Blutzuckerspiegels erreicht werden“,
betonen die Tiroler Forscher Kiechl, Tilg und Schett.
RANKL ist ein Protein, das nicht nur im Knochenstoffwechsel, sondern auch in der Entstehung von Gefäßverkalkungen
eine relevante Rolle spielt. Auch Leberzellen sind empfänglich für die Aktivität von RANKL – ein
Umstand, der das Interesse des Tiroler Forschungsteams weckte. RANKL führt zur Insulinresistenz sowie zu einer
Entzündung und Verfettung der Leber. Hierbei nimmt der Transkriptionsfaktor NF-kB, der als zentraler Entzündungsschalter
eine Aktivierung von Entzündungsgenen im Zellkern bewirkt, eine wichtige Rolle ein. „RANKL ist ein besonders
starker Stimulator von NF-kB und könnte damit eine bislang nicht bekannte Rolle in der Entstehung des Diabetes
Mellitus Typ 2 spielen“, so Erstautor Prof. Kiechl. Die Ergebnisse der Forschungsarbeit wurden aktuell von der
führenden Fachzeitschrift Nature Medicine veröffentlicht.
Daten-Ressource Bruneck-Studie
Der erstmalige Nachweis, dass RANKL den Transkriptionsfaktor NF-kB in der Leber stimuliert und so die Entwicklung
der Insulinresistenz in der Leber forciert, wurde epidemiologisch und experimentell erbracht. Dabei wurde die Konzentration
von RANKL im Blut von fast 1000 TeilnehmerInnen der Bruneck-Studie gemessen. Bei dieser Untersuchung zeigte sich,
dass Personen mit hohem RANKL-Spiegel, unabhängig von Geschlecht und Alter, ein deutlich erhöhtes Risiko
aufwiesen Diabetes Mellitus Typ 2 zu entwickeln. Bei der Bruneck-Studie handelt es sich um eine seit 22 Jahren
laufende Langzeitbeobachtung von zufällig ausgewählten Einwohnern der Stadt Bruneck in Südtirol,
die auf die Erforschung der Ursachen von Herzinfarkt und Schlaganfall, Diabetes, Osteoporose und Erkrankungen des
Nervensystems abzielt. Initiiert wurde diese Studie von Prof. Johann Willeit von der Univ.-Klinik für Neurologie
und dem Brunecker Forschungsteam um Prof. Friedrich Oberhollenzer.
Die epidemiologischen Daten aus Bruneck wurden von den ForscherInnen durch mehrjährige Laborarbeit bestätigt.
Es konnten die zellulären Mechanismen und Wege, die zum Auftreten der Zuckerkrankheit führen, aufgeklärt
werden. Hierfür wurde die RANKL-Aktivierung in der Leber spezifisch gehemmt und dadurch eine Normalisierung
des Blutzuckerspiegels erreicht. „Die Laboruntersuchungen bestätigen, dass das Protein RANKL ein großes
Potential für künftige Therapieansätze aufweist“, so Prof. Schett.
Schon bald ein Medikament gegen Diabetes mellitus Typ 2?
Seit kurzem ist bekannt, dass das weitläufig eingesetzte Diabetesmedikament Metformin die RANKL Aktivität
beeinflusst. Jetzt gilt es, spezifische Medikamente gegen RANKL zur Behandlung der Zuckerkrankheit zu entwickeln
und zu testen. Bei der Osteoporose wird die RANKL-Aktivität bereits erfolgreich mittels Antikörper vermindert.
Dieser „Startvorteil“ könnte für künftige Medikamenten- und Interventionsstudien genützt werden
und deren Durchführung wesentlich beschleunigen. „Eine zugelassene Medikation zur Vorbeugung oder Therapie
des Diabetes Mellitus Typ 2 könnte schon in wenigen Jahren Realität sein“, zeigen sich die Tiroler Forscher
zuversichtlich.
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