Überfordert Alternativenergie unsere Energiewirtschaft? Lösungen für künftige
Energiemärkte werden auf einer Konferenz an der TU Wien diskutiert.
Wien (tu) - Ein großes Kraftwerk in der Mitte, drumherum viele tausend Haushalte und Industriebetriebe,
die den Strom beziehen – nach diesem einfachen Muster wird unsere Energieversorgung in Zukunft sicher nicht funktionieren.
Alternative Technologien zur Stromerzeugung, allen voran die Photovoltaik, machen unsere Stromversorgung dezentraler.
Gekoppelt mit Wasser- und Windkraftwerken hängt der produzierte Strom immer stärker von Wetter und Tageszeit
ab, dadurch wird das Ausbalancieren von Angebot und Nachfrage im Stromnetz zu einer komplizierten Aufgabe. An der
TU Wien organisiert die Energy Economics Group (EEG) des Instituts für Energiesysteme und Elektrische Antriebe
dazu nun eine internationale Konferenz:
Die 8. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien findet vom 13. bis 15. Februar statt und trägt
heuer den Titel: „Erneuerbare Energien: Überforderte Energiemärkte?“
Kapazitätsmärkte: Reales Geld für möglichen Strom
In heutigen Stromnetzen wird jede Kilowattstunde bezahlt. Wer gerade keine Energie ins Netz speist, verdient
auch nichts. Das könnte sich in Zukunft ändern: „Derzeit werden vor allem in Deutschland sogenannte Kapazitätsmärkte
diskutiert, um den Wettbewerb zu intensivieren“, sagt Prof. Reinhard Haas von der Energy Economics Group der TU
Wien. „Jeder, der ein Kraftwerk bereithält, das im Bedarfsfall Strom liefern kann, soll Geld bekommen – auch
wenn von diesem Kraftwerk gerade kein Strom bezogen wird.“ Allerdings sind die Experten der EEG skeptisch in Bezug
auf diesen Vorschlag. „Im Endeffekt ist es eine Quadratur des Kreises, denn Kapazitätsmärkte bedeuten
Planwirtschaft. Wir glauben, dass in diesem Segment der Stromversorgung zunächst die Möglichkeiten aller
Akteure – der Stromhändler, der Netzbetreiber und der Konsumenten – ausgeschöpft werden sollen. Dass
es temporär zu höheren Preisen kommen wird, ist ein Effekt, an den man sich gewöhnt und der eben
die Phantasie der Marktteilnehmer beflügeln kann.“
Auf der Suche nach dem Energie-Speicher
Eng mit diesem Aspekt verknüpft ist ein weiteres zentrales Thema in der Energiewirtschaft, das Speichern
von Energie. „Nach wie vor sind Pumpspeicherkraftwerke hier die energetisch beste und ökonomisch günstigste
Option“, meint Reinhard Haas. Auch an anderen Varianten wird geforscht: So könnte man etwa mit überschüssigem
Strom mittels Elektrolyse Wasserstoff gewinnen und diesen dann zu Methangas umwandeln – mit Kohlenstoff, der bei
Verbrennungen anfällt, zum Beispiel in Kohlekraftwerken. Wenn man dieses Methan dann verwendet, um wieder
Strom zu erzeugen, wird ein Teil der Energie zurückgewonnen, ohne zusätzliches CO2 auszustoßen.
Energie jetzt oder später?
Solche Speichermethoden könnten zwar Teil des zukünftigen Stromversorgungssystems sein, doch noch wichtiger
erscheint der Umbau unserer Stromnetze: „Smart-Grids sind die beste Option, um kurzfristig bei variierendem Strom-Angebot
und -Verbrauch einen Ausgleich zu schaffen“ meint dazu Hans Auer von der Energy Economics group. In zukünftigen
smarten Stromnetzen soll nicht nur elektrische Energie transportiert werden, sondern auch Information. Vorgänge,
die viel Energie brauchen, aber nicht unbedingt sofort benötigt werden, könnten dann genau in jenem Zeitraum
durchgeführt werden, in denen das Stromangebot hoch, die Nachfrage aber vergleichsweise niedrig ist. Ob der
Wasserboiler nachts eine Stunde früher oder später aufgeheizt wird, ist für uns meist egal – diese
Wahlfreiheit kann Probleme in den Stromnetzen aber deutlich entschärfen.
Wie frei sollen die Märkte sein?
Ein heißes Diskussionsthema ist auch, in welchem Ausmaß Alternativenergie staatlich gefördert
werden soll. „Offshore-Windanlagen werden sicher auf absehbare Zeit ohne öffentliche Förderung nicht
wirtschaftlich sein“, meint Hans Auer, doch bei Photovoltaik zeichnet sich die Grid-Parity bereits ab – darunter
versteht man den Zeitpunkt, ab dem die Technologie ohne Subventionen am Markt bestehen kann. Inwieweit man dann
trotzdem den Anteil erneuerbarer Energie durch staatliche Förderungen erhöhen möchte, ist eine politische
Entscheidung, über die es bei der Konferenz gewiss unterschiedliche Meinungen geben wird. Man darf gespannt
sein.
|