Justizministerin startet Modellprojekt zur unterstützten Entscheidungsfindung
Wien (bmj) - Das österreichische Sachwalterrecht ist besser als sein Ruf. Wir haben mit diesem Rechtsgebiet
im internationalen Vergleich ein ausgereiftes und praxiserprobtes Instrument für den Umgang mit geistig beeinträchtigten
Menschen zur Hand, begann Justizministerin Dr. Beatrix Karl am 14.02. bei der Enquete "Alterswohlfahrt"
im ÖVP-Parlamentsklub ihr Impulsreferat. "Trotz aller Probleme im Einzelfall kann das Sachwalterrecht
nach wie vor seine Aufgabe erfüllen, nämlich den Schutz und die Förderung geistig beeinträchtigter
Menschen im rechtlichen Verkehr, so wie es Paragraph 21 ABGB seit mehr als 200 Jahren verlangt."
Natürlich müsse man auch die Probleme sehen, um in Zukunft noch besser zu werden. Es gehe etwa um gesellschaftliche
Entwicklungen, also um außerrechtliche Parameter, die auch auf das Recht durchschlagen, verwies Karl unter
anderem auf die demografische Entwicklung, die Budget-Konsolidierungsbedürfnisse und die zunehmende "Verrechtlichung"
der Lebensbereiche. "Änderungen im Sachwalterrecht sind also ein wichtiger Puzzlestein, aber nicht die
Lösung aller Probleme. Wir sind aber aufgerufen, das Sachwalterrecht ebenso wie die mit ihm verwandten Rechtsgebiete
an die sich rasant ändernden Verhältnisse anzupassen. Dem dient die heutige Veranstaltung, und das wird
eine der zentralen Aufgaben des Parlaments und des Bundesministeriums für Justiz in den nächsten Jahren
sein."
Es gelte, sich neuen Ideen und Vorschlägen zuzuwenden, die einen anderen Umgang mit geistig beeinträchtigten
Menschen ermöglichen. Der geplante Modellversuch des Justizministeriums zur Förderung der unterstützten
Entscheidungsfindung werde einige wichtige Anhaltspunkte für diesen neuen Umgang mit den Betroffenen liefern.
Ähnliche Erwartungen verbindet die Ministerin mit der von Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek und dem Seniorenbund
postulierten "Alterswohlfahrt".
"Insgesamt müssen wir danach trachten, den vorhersehbaren weiteren Anstieg von Sachwalterschaften zu
bremsen und soweit möglich die Anzahl der Sachwalterschaften zu reduzieren." Das könne vor allem
durch einen Ausbau alternativer Betreuungsmodelle geschehen, wobei hier die Länder entsprechend eingebunden
werden müssten. "An dem bewährten Ziel, den betroffenen Menschen Rechtsschutz zu bieten, sollten
wir unbedingt festhalten. Wir sollten aber Möglichkeiten finden, die den geänderten Verhältnissen
und Erwartungen der Betroffenen noch besser entsprechen als das bisherige System", zeigte sich Karl zuversichtlich,
dass die heutige Veranstaltung dazu beitragen werde, die Bedürfnisse der Betroffenen künftig noch besser
abdecken zu können.
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