Jury empfiehlt 29 Konzepte für eine mehrjährige Förderung; neue Fördertöpfe
und Partnerschaften; KabelWERK X; Projektförderung erhöht
Wien (rk) - Zehn Jahre nach dem Start der Wiener Theaterreform zog Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny
eine positive Bilanz und sicherte der Freien Wiener Theaterszene die Finanzierung für weitere vier Jahre zu.
"Zehn neue Spielstätten, neue Förderinstrumente, neues Publikum und ein Budget von 25 Millionen
Euro für das Freie Theater in Wien sind nur einige Erfolge, die aus der Wiener Theaterreform hervorgegangen
sind."
Gemeinsam mit der Wiener Theaterjury und den Kultursprechern der Koalitionsparteien Ernst Woller (SPÖ) und
Klaus Werner-Lobo (Grüne) präsentierte der Wiener Kulturstadtrat in einer Pressekonferenz am 15.02. die
Empfehlungen zur Konzeptförderung 2014 bis 2017. Von 61 Einreichungen wurden 29, also knapp die Hälfte,
für eine mehrjährige Förderung empfohlen. Schwerpunkte setzte die Jury in den Bereichen Diversität/
interkulturelle und soziokulturelle Projekte, Theater für Kinder und Jugendliche sowie zeitgenössisches
Musiktheater. Weitere wichtige Anliegen sind die Angleichung der Förderhöhe von Initiativen vergleichbarer
Größe sowie die Förderung strategischer Partnerschaften. Darüber hinaus wurde gemeinsam mit
der Kulturabteilung eine Neueinteilung der Fördertöpfe für den Theaterbereich vorgenommen. Eine
gute Nachricht hatte der Kulturstadtrat auch für die Freie Theaterszene. Der Projektfördertopf wird auf
2,6 Millionen Euro erhöht. "Durch die Übernahme von mehreren Gruppen aus der Projekt- in die Konzeptförderung
steht damit rund eine halbe Million Euro mehr für freie Projekte zur Verfügung", erklärte Mailath.
Die Wiener Theaterjury 2012/2013 - bestehend aus Elke Hesse, Angela Heide, Amelie Deuflhard, Silvia Kargl und Thomas
Licek - hatte den Auftrag, nicht nur die eingereichten Konzepte zu begutachten, sondern auch eine inhaltliche Einschätzung
der gesamten Freien Theaterlandschaft vorzunehmen. In die kulturpolitischen Überlegungen fließen darüber
hinaus die Ergebnisse des Prozesses "Pimp my Integration" ein, wo die Möglichkeiten einer nachhaltigen
Partizipation von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte am Wiener Kulturleben ausgelotet wurden. Wichtigstes Ergebnis
dieses Prozesses ist, dass Wien kein eigenes "postmigrantisches Theater" braucht, sondern vielmehr eine
stärkere Öffnung der Bühnen insgesamt.
Neustrukturierung der Fördertöpfe
Die Realität der Wiener Theaterlandschaft hat sich vor allem durch die Maßnahmen der Theaterreform
geändert. Gemeinsam mit der Jury nahm die Kulturabteilung der Stadt Wien daher eine Neustrukturierung der
bestehenden Fördertöpfe vor. Sechs anstelle von bisher drei Förderansätze (Projekt-, Konzept-
und Standortförderung) erfassen die Realität der Wiener Theaterlandschaft plausibler und transparenter.
Die neuen Fördertöpfe lauten: Kommunale Bühnen, Spielstätten von lokaler Bedeutung, Festivals,
Sonderprojekte und Infrastrukturen, Projektförderung und Konzeptförderung.
Strategische Partnerschaften
In den letzten zehn Jahren konnte das Budget für Freies Theater in Wien kontinuierlich auf aktuell 25 Mio.
Euro erhöht werden. "Diese Summe ist nach wie vor ein Rekordwert unter vergleichbar großen Städten
in Europa", betonte Mailath. Angesichts der angespannten Lage der öffentlichen Haushalte gilt es, Schwerpunkte
zu setzen und die eingesetzten Mittel stärker zu bündeln. Von kulturpolitischer Seite wurde deshalb in
letzter Zeit versucht, Partnerschaften verschiedenster Art verstärkt zu unterstützen. Auch die Jury schlägt
die Förderung strategischer Partnerschaften vor:
Musiktheatertage
Im Sommer 2011 haben sich 11 junge Musiktheatergruppen zur Plattform "Freies Musiktheater Wien" zusammengeschlossen.
Ziel der Plattform ist es, durch Vernetzung, Austausch und die gemeinsame Verwendung vorhandener Ressourcen Synergien
entstehen zu lassen. Das nächste partnerschaftliche Projekt ist ein mehrwöchiges Musiktheaterfestival
ab 2014 im Kabelwerk, das von der Jury für eine Förderung empfohlen wurde.
Nestroyhof Hamakom und Salon 5: Diese Partnerschaft besteht in einem gemeinsamen Spielplan, der künstlerischen
und infrastrukturellen Kooperation und dem Zusammenspiel der beiden Häuser, in denen unterschiedliche Formate
an zwei denkbar diversen Hotspots erprobt werden können. Die Jury empfiehlt für diese Partnerschaft eine
signifikant erhöhte Förderung.
KabelWERK
Eine aus kulturpolitischer Sicht interessante Neuentwicklung hat sich in den letzten Tage ergeben: "PalaisKabelwerk",
"daskunst" sowie "Garage X" wollen unter der gemeinsamen künstlerischen Leitung von Erich
Sperger (Kabelwerk) sowie Harald Posch und Ali Abdullah (Garage X) ein spannendes Mehrspartenhaus erfinden, das
großformatigen Eigenproduktionen ebenso Platz bietet wie internationalen Koproduktionen. Die stadtteilorientierte
Ausrichtung soll ebenso erhalten bleiben wie die Einbindung der freien Szene. Schwerpunkte bilden Theater für
Kinder und Jugendliche und das neue Festival der freien Musiktheaterproduzenten. Das schon 2013 eingerichtete "postmigrantische
Labor" von Asli Kislal (daskunst) im "kabelwerk art space" wird weiterentwickelt. Diese Zusammenarbeit
bringt eine Reihe von Vorteilen mit sich, etwa Interkulturalität an zwei diversen Orten in der Stadt - im
Zentrum und an der Peripherie, die Möglichkeit der freieren Disposition über Spielorte unterschiedlicher
Größe, gemeinsame Technik, Verwaltung, Personalmanagement sowie einen stärkeren Auftritt nach außen
und schließlich mehr Geld für die Kunst durch Synergien und Skalierungseffekte.
Erhöhung der Projektförderung
Von den von der Jury empfohlenen Konzepten sind zahlreiche zurzeit im Bereich Projekt-, Ein- und Zwei-Jahres-Empfehlungen
durch das Kuratorium der Stadt Wien angesiedelt. Diese Verschiebungen in Richtung nachhaltiger Konzeptempfehlung
bewirken eine wichtige Entlastung des Fördervolumens für Projektförderungen von mehreren 100.000
Euro. Darüber hinaus wird der Projektfördertopf um weitere 100.000 Euro erhöht. Damit steht rund
eine halbe Million Euro mehr für freie Projekte zur Verfügung
Empfehlung für Workspaces für Wien
Die Theaterjury hat auch ein Konzept zur Etablierung und Ausschreibung von Workspaces in Wien entwickelt. Gemeint
sind Orte, an denen in unterschiedlichen Modulen neue Formen künstlerischen Produzierens und Forschens initiiert
und angeboten werden. Ein erster solcher Workspace kann z.B. in der alten Wäscherei am Steinhof für die
freien Musiktheatergruppen entstehen, die Stadt hat hier bereits eine Anschubfinanzierung zur Verfügung gestellt.
Hohe Qualität bei Konzept-Anträgen
"Die hohe Qualität der eingereichten Konzept-Anträge, die zugleich die Vielfalt an künstlerischen
Ausformulierungen wie die stilistische Bandbreite der freien Wiener Theaterlandschaft charakterisieren, war bemerkenswert",
erklärte die Jury. Es gab diesmal zwar weniger Einreichungen als beim letzten Mal (2009: 101), die Konzepte
waren jedoch deutlich qualitätsvoller. Eine Neuerung bei den aktuellen Juryentscheidungen ist, dass einige
Konzepte für eine Zwischen-Evaluierung nach zwei Jahren empfohlen wurden.
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