Aus einer erst kürzlich entdeckten Materialklasse lässt sich eine neue Form von Solarzellen
herstellen, fand ein Forschungsteam der TU Wien heraus.
Wien (tu) - Atomschicht für Atomschicht stellt man sie her, um ganz bestimmte Materialeigenschaften
zu erzielen: Geschichtete Sauerstoff-Heterostrukturen sind eine neue Klasse von Materialien, die seit einigen Jahren
großes Aufsehen in der Materialwissenschaft erregen. Ein Forschungsteam an der TU Wien konnte nun gemeinsam
mit Kollegen aus den USA und Deutschland zeigen, dass sich daraus eine ganz neue, effizientere Klasse von ultradünnen
Solarzellen bauen lässt. Die Forschungsergebnisse wurden nun im Journal „Physical Review Letters“ veröffentlicht.
Materialeigenschaften am Computer entdeckt
„Einzelne Atomlagen aus unterschiedlichen Sauerstoff-Verbindungen werden übereinandergeschichtet. Dabei entsteht
ein Material, das ganz andere elektrische Eigenschaften haben kann, als die einzelnen Sauerstoff-Verbindungen alleine
hätten“ erklärt Prof. Karsten Held vom Institut für Festkörperphysik der TU Wien. Um Materialvarianten
mit präzise maßgeschneiderten Eigenschaften herstellen zu können, werden diese Strukturen in Computersimulationen
untersucht. Dabei erkannte man an der TU Wien nun, welches Potenzial diese Strukturen für die Herstellung
von Solarzellen haben.
Strom aus Licht
Das Grundprinzip der Solarzelle ist der photoelektrische Effekt, dessen einfachste Variante schon 1905 von Albert
Einstein erklärt wurde: Wenn ein Lichtteilchen absorbiert wird, kann das dazu führen, dass Elektronen
ihren Aufenthaltsort verlassen und elektrischer Strom zu fließen beginnt. Wird ein Elektron von seinem Platz
entfernt, bleibt eine positiv geladene Stelle zurück, ein sogenanntes „Loch“. Sowohl die negativ geladenen
Elektronen als auch die positiv geladenen Löcher können zum Stromfluss beitragen.
„Wenn in einer Solarzelle allerdings Elektron und Loch nicht als Strom abtransportiert werden, sondern sich wieder
vereinen, dann ist alles wieder wie vorher – die Energie kann nicht genutzt werden“, erklärt Elias Assmann,
der einen großen Teil der aufwändigen Computersimulationen an der TU Wien durchführte. „Der entscheidende
Vorteil des neuen Materials ist: Hier herrscht auf mikroskopischen Größenordnungen ein starkes elektrisches
Feld, das Elektronen und Löcher in entgegengesetzte Richtungen voneinander forttreibt.“ Das steigert die Effizienz
der Solarzelle.
Aus zwei Isolatoren wird ein Metall
Eigentlich handelt es sich bei den Sauerstoff-Verbindungen, aus denen die neuen Materialien bestehen, um Isolatoren.
Wenn man Schichten zweier geeignete Isolatoren aufeinanderpackt, entwickelt das Material an den Grenzflächen
oben und unten erstaunlicherweise metallische Eigenschaften und leitet elektrischen Strom. „Das ist für uns
von großer Bedeutung: Dadurch kann man oben und unten die elektrischen Ladungsträger sehr einfach ableiten
und Strom fließen lassen“, sagt Karsten Held. Bei herkömmlichen Solarzellen aus Silizium muss man leitende
Drähte aus Metall anbringen, um den Strom abzuführen – dadurch versperrt man aber einem Teil des Sonnenlichts
den Weg ins Innere der Solarzelle.
Nicht alle Photonen werden von einer Solarzelle gleich effizient in elektrischen Strom umgewandelt. Für unterschiedliche
Lichtfarben sind jeweils unterschiedliche Materialien besonders gut geeignet. „Bei den Oxid-Heterostrukturen kann
man passende Eigenschaften erzielen, indem man geeignete chemische Elemente auswählt“, erklärt Prof.
Peter Blaha vom Institut für Materialchemie. In den Simulationsrechnungen analysierte das Team Oxid-Schichten
mit Lanthan und Vanadium, weil die dadurch aufgebauten Materialien besonders gut zur Strahlung der Sonne passen.
„Es ist sogar möglich, verschiedene Schichttypen zu kombinieren, sodass unterschiedliche Lichtfarben optimal
in unterschiedlichen Materialschichten in Strom verwandelt werden können“, sagt Elias Assmann.
Nächster Schritt: Praxistest
Unterstützt wurde das Team der TU Wien bei den Forschungen von Dr. Satoshi Okamoto vom Oak Ridge National
Laboratory in Tennessee (USA) und von Prof. Giorgio Sangiovanni, einem ehemaligen Mitarbeiter der TU Wien, der
nun an der Universität Würzburg forscht. In Würzburg sollen die neuen Solarzellen nun auch gebaut
und getestet werden. „Die Produktion der Solarzellen aus Oxid-Schichten ist aufwändiger als bei herkömmlichen
Solarzellen aus Silizium. Doch zumindest dort, wo besonders hohe Energie-Effizienz oder minimale Dicke gefragt
ist, sollten die neuen Strukturen die bisherigen Silizium-Zellen ersetzen können.“, ist Karsten Held zuversichtlich.
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