Gegenwind wird allmählich überwunden
Brüssel (ec.europa) - Während sich die Finanzmarktbedingungen in der EU seit dem vergangenen Sommer
erheblich verbessert haben, blieb die Wirtschaftsleistung in der zweiten Jahreshälfte 2012 enttäuschend.
Allerdings lassen Frühindikatoren darauf schließen, dass das BIP in der EU inzwischen die Talsohle erreicht
hat, so dass wir nun mit einem allmählichen Wiederanziehen der Wirtschaftstätigkeit rechnen. Die Wachstumsbelebung
wird zunächst von der steigenden Auslandsnachfrage ausgehen. Im weiteren Verlauf des Jahres dürfte dann
eine Erholung der inländischen Investitionen und des inländischen Verbrauchs einsetzen, wobei die Inlandsnachfrage
der Prognose zufolge 2014 zum wichtigsten Antriebsfaktor des sich festigenden BIP-Wachstums wird.
Aufgrund der schwachen Konjunktur gegen Ende 2012 ist das Ausgangsniveau für das laufende Jahr niedrig. Da
außerdem die Wachstumsrückkehr gradueller erfolgt als ursprünglich erwartet, ergibt sich als Prognose
für 2013 für die EU nun ein geringes jährliches Wachstum von 0,1 % und für den Euroraum ein
Rückgang um -0,3 %. Das vierteljährliche BIP entwickelt sich etwas dynamischer, als die jährlichen
Zahlen vermuten lassen. So wird das BIP der Prognose zufolge im vierten Quartal 2013 seinen Stand vom letzten Quartal
2012 in der EU um 1,0 % und im Euroraum um 0,7 % übertreffen.
Der Gegensatz zwischen verbesserter Finanzmarktlage und gedämpften makroökonomischen Aussichten für
2013 ist in hohem Maße auf den Prozess der Bilanzanpassung zurückzuführen, der das Wachstum kurzfristig
noch belastet. In dem Maße, wie dieser Prozess vorankommt, wird er auch die Grundlagen für das Wachstum
im Jahr 2014 stärken, das für die EU auf 1,6 % und für den Euroraum auf 1,4 % veranschlagt wird.
Hierzu der für Wirtschaft, Währung und den Euro zuständige Kommissionsvizepräsident Olli Rehn:
„Der noch nicht abgeschlossene Abbau von Ungleichgewichten in der europäischen Wirtschaft lastet kurzfristig
noch auf dem Wachstum. Aktuell lässt sich die Lage so zusammenfassen: Wir haben enttäuschende harte Daten
von Ende letzten Jahres, etwas erfreulichere weiche Daten aus letzter Zeit und wachsendes Anlegervertrauen in die
Zukunft. Die entscheidenden Politikmaßnahmen der letzten Zeit machen den Weg frei, damit es wirtschaftlich
wieder aufwärts gehen kann. Wir müssen den Reformkurs halten und dürfen nicht zulassen, dass er
an Dynamik verliert, denn dies könnte den derzeitigen Vertrauensumschwung untergraben, so dass sich der nötige
Wirtschafts- und Beschäftigungsaufschwung verzögern würde.“
Verbrauch und Investitionen dürften allmählich anziehen
Durch die bedeutenden Maßnahmen der Politik seit dem vergangenen Sommer hat sich die Einschätzung der
Märkte hinsichtlich der Überlebensfähigkeit der WWU und der langfristigen finanziellen Tragfähigkeit
ihrer Mitgliedstaaten gewandelt.
Inländischer Verbrauch und inländische Investitionen werden zurzeit noch durch eine Kombination aus konjunktureller
Schwäche, Verunsicherung und langwieriger Bilanzanpassung bzw. Umschichtung von Ressourcen innerhalb der Wirtschaft
gebremst – typische Folgen einer tiefen Finanzkrise. Wenn private Haushalte und Unternehmen wieder zuversichtlicher
werden, dürfte die negative Wirkung dieser Faktoren jedoch nachlassen. Da sich die Entspannung an den Finanzmärkten
der Prognose zufolge in besseren Kreditbedingungen niederschlagen wird, dürfte einer allmählichen Rückkehr
des Konsum- und Investitionswachstums im Laufe von 2013 nichts mehr im Wege stehen.
Die derzeitige Konjunkturschwäche dürfte dazu führen, dass die Arbeitslosigkeit in diesem Jahr in
der EU auf 11,1 % und im Euroraum auf 12,2 % steigt.
Da die Auswirkungen der höheren Energiepreise auf die Inflation verebben dürften, wird die Verbraucherpreisinflation
in der EU der Prognose zufolge im Laufe von 2013 allmählich nachlassen und sich 2014 in der EU bei rund 1,7
% und im Euroraum bei rund 1,5 % einpendeln.
Haushaltskonsolidierung kommt voran
Die umfangreichen Konsolidierungsmaßnahmen, die derzeit von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden, dürften
2013 zu einem weiteren Rückgang der gesamtstaatlichen Haushaltsdefizite auf 3,4 % in der EU und 2,8 % im Euroraum
führen. Der Abbau des strukturellen Haushaltsdefizits dürfte in diesem Jahr etwas langsamer vonstatten
gehen als 2012. Durch die laufende Konsolidierung der öffentlichen Finanzen wird der Anstieg des Schuldenstands
im Verhältnis zum BIP gebremst. Aufgrund des nach wie vor verhaltenen BIP-Wachstums dürften die Schuldenquoten
2013 allerdings noch einmal leicht steigen.
Auch wenn bei dieser Wachstumsprognose die Abwärtsrisiken noch überwiegen, sind die Risiken nun doch
schon erheblich gleichmäßiger verteilt. Um die Gefahr einer erneuten Verschärfung der Staatsschuldenkrise
zu bannen, kommt es entscheidend darauf an, dass die Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion
und zur Förderung der notwendigen Anpassungen effektiv umgesetzt werden. Weitere Abwärtsrisiken erwachsen
aus der Schwäche des Arbeitsmarkts, die die Inlandsnachfrage und die Reformdynamik schwächen könnte,
sowie aus den auf mittlere Sicht noch immer großen haushaltspolitischen Aufgaben in den USA und Japan. Übertroffen
werden könnte die BIP-Wachstumsprognose hingegen, wenn Krisenbewältigung und Strukturreformen schneller
vorankommen und/oder das Vertrauen mit größerer Kraft zurückkehren sollte als erwartet. Die Risiken
für den Inflationsausblick halten sich die Waage.
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