Wien (universität) - Am 25.02, um 13.22 Uhr, starten die Satelliten UniBRITE –
für die Universität Wien – und BRITE-Austria – für die TU Graz – vom südindischen Dhawan Space
Centre (18.22 Uhr Ortszeit) ins All. Mit dieser Forschungsmission ist Österreich erstmals Satelliten-Startland.
Die BRITE-Constellation und ihre Ziele
Am Montag, 25. Februar, 13.22 Uhr, starten zwei österreichische Satelliten – UniBRITE für
die Universität Wien und BRITE-Austria für die TU Graz – mit Hilfe der indischen Weltraumagentur ISRO
ihre Mission ins All. Mit dabei ist ein neues Diagnoseverfahren zur Erforschung der Struktur von hellen, massereichen
Sternen, das die Universität Wien auf dem Gebiet der Asteroseismologie international positioniert. UniBRITE
ist Teil von BRITE-Constellation, einem weltweiten Forschungsprojekt mit sechs baugleichen Satelliten – paarweise
aus Österreich, Kanada und Polen.
"BRITE steht für BRIght Target Explorer, und es handelt sich dabei um 20 cm lange und 8 kg schwere, würfelförmige
Nanosatelliten. UniBRITE wurde unter Beteiligung des Instituts für Astronomie der Universität Wien am
kanadischen Space Flight Laboratory der Universität Toronto entwickelt und gebaut", erklärt Werner
W. Weiss, UniBRITE-Projektleiter und Astrophysiker an der Universität Wien. Parallel dazu wurde an der TU
Graz mit dem Bau von BRITE-Austria begonnen, dem ersten in Österreich konstruierten Satelliten und Zwilling
von UniBRITE.
Neue Diagnostik in der Sternentwicklung
Wissenschaftlich neu ist, dass durch die Verfügbarkeit von zwei Nanosatelliten in der "Zwei-Farben-Option"
geforscht werden kann. Durch den Einbau von speziellen Filtern wird UniBRITE die Sterne im roten Farbenbereich
erforschen, BRITE-Austria im blauen. Aufgrund der Mehrfarbenoption werden geometrische und thermische Effekte in
der Analyse der beobachteten Phänomene getrennt. Die wesentlich größeren Satelliten, wie MOST und
CoRoT, haben beide nicht diese Farboption, welche für die Diagnostik des inneren Aufbaus von Sternen äußerst
hilfreich ist. "Dieses Novum war ausschlaggebend, dass sich Polen und Kanada dem Projekt BRITE-Constellation
angeschlossen haben und ebenso jeweils ein Paar BRITE-Satelliten zur Verfügung stellen. Somit startet am 25.
Februar das erste Paar von insgesamt sechs, fast baugleichen Nanosatelliten", ergänzt Rainer Kuschnig,
Astrophysiker der Universität Wien sowie Instrument- und Mission Scientist des UniBRITE-Projektes.
Ziele der BRITE-Constellation
BRITE-Constellation hat die Erforschung der Entwicklungsgeschichte und Struktur massereicher Sterne zum Ziel,
und die beteiligten WissenschafterInnen hoffen, wichtige Erkenntnisse in Bezug auf unser Sonnensystem zu erlangen.
Weiters wird die Rolle von stellaren Winden im interstellaren Materiekreislauf genauer untersucht und versucht,
über Pulsation von Sternen mit Hilfe der Asteroseismologie das Alter und die Entwicklung dieser Sterne zu
bestimmen. BRITE-Constellation hat auch noch ungelöste Probleme im Visier: die Bestimmung der Größe
von konvektiven Kernen von Sternen, der Einfluss von Rotation des Sterns auf dessen Entwicklung und die Wechselwirkungen
mit dem stellaren Magnetfeld.
Daten mit noch nie dagewesener Quantität und Präzision
BRITE-Constellation wird Sternschwingungen und Temperaturvariationen von Sternflecken bei massereichen Objekten
messen. Diese hellen Sterne – 534 insgesamt – sind mit freiem Auge in einer klaren, dunklen Nacht sichtbar. Bei
rund 8.000 lichtschwächeren Sternen werden mit etwas geringerer Genauigkeit ebenfalls Helligkeitsschwankungen
gemessen. Ziel ist es, etwa zehn helle und 100 schwächere Sterne zu photometrieren – also zu messen. Die gewonnenen
Daten werden eine Quantität und Präzision aufweisen, wie sie bislang für helle Sterne noch nicht
vorliegen.
Eigenschaften von Sternen mit hoher und mittlerer Masse
Die Ziele von BRITE-Constellation sind die Untersuchung von hellen Sternen mit mittlerer bis hoher Masse in
den unterschiedlichen Entwicklungsphasen: von der Kondensation aus dem interstellaren Medium, dem Beginn des Wasserstoffbrennens,
bis hin zur Entwicklung zu (Roten) Riesen und dem Verglühen der Sterne. Massereiche Sterne sind heißer,
entwickeln sich schneller und sterben früher. Sie haben eine große Leuchtkraft und sind sehr wichtig
für die Ökologie des Universums, da sie in ihrer Endphase als Supernova sehr viel Masse verlieren. Das
interstellare Medium wird dadurch mit Metallen angereichert und diese sind wiederum Voraussetzung für die
Entstehung von Sternen, Planeten und letztlich auch für die Bildung von Leben.
Sterne mit mittlerer Masse verglühen nicht als Supernova, sondern bilden mit ihrer äußeren Hülle
sogenannte planetarische Nebel. Am Ende ihrer Entwicklung, wenn das nukleare Brennen im Kern der Sterne zu Ende
geht, reichern auch sie das interstellare Medium mit Metallen an und sie erlauben zu untersuchen, wie sich unsere
Sonne im Laufe ihrer Entwicklung verändert hat und noch verändern wird.
Start in Indien am 25. Februar
UniBRITE und BRITE-Austria werden am 25. Februar 2013, 18.22 Uhr Ortszeit, durch die indische Weltraumorganisation
ISRO vom südindischen Dhawan Space Centre aus in eine 800 km über der Erde führende Umlaufbahn gebracht,
die die Satelliten entlang der Tag-Nachtgrenze in 101 Minuten die Erde umkreisen lässt. Nach einem geglückten
Start beträgt die Lebensdauer eines Satelliten mindestens zwei Jahre, es sind aber auch zehn Jahre und darüber
möglich.
Drei Bodenstationen in Österreich
In Österreich werden drei Bodenstationen Kontakt zu den Satelliten haben. Das Koordinationszentrum wird
an der TU Graz eingerichtet, unterstützt wird dieses von zwei zusätzlichen Bodenstationen auf dem Dach
der Universitätssternwarte und der Technischen Universität Wien.
Datenauswertung der BRITE-Constellation
Die erwarteten photometrischen Daten von BRITE-Constellation werden eine Reihe von Fragen beantworten, aber
auch neue aufwerfen. Zu deren Bearbeitung sind Zusatzbeobachtungen erforderlich, die mit klassischen Hilfsmitteln
von Bodenobservatorien aus gewonnen werden können. Geleitet werden diese Aktivitäten von Konstanze Zwintz,
die über Jahre am Institut für Astronomie der Universität Wien geforscht hat und derzeit an der
Universität Leuven, Belgien, arbeitet.
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