Das KDZ - Zentrum für Verwaltungsforschung legt gemeinsam mit dem Österreichischen
Städtebund den aktuellen Gemeinde-Transferbericht vor
Wien (rk) - Aus dem präsentierten Transferbericht geht hervor: In den letzten zehn Jahren sind die
Netto-Transferzahlungen der Gemeinden an die Länder von 404 auf 1.171 Mio. Euro gestiegen. Der Verdreifachung
der Transfers steht ein Anstieg der Gemeinde-Ertragsanteile von 30 Prozent gegenüber.
Das Transfersystem in Österreich ist weitgehend intransparent. Wer welche Mittel mit welcher Verteilungswirkung
bekommt ist kaum nachzuvollziehen. Die Gemeinden zahlen derzeit rund 1,9 Milliarden Euro mehr an die Länder,
als sie wieder retourniert bekommen, das entspricht 36,2 Prozent der Ertragsanteile. Finanzschwache Gemeinden profitieren
unverhältnismäßig viel gegenüber finanzstarken Gemeinden.
Die Transfereinnahmen haben zwischen 2002 und 2011 um 27 Prozent, die Transferzahlungen der Gemeinden an die Länder
haben um rund 69 Prozent zugenommen. Einen großen Anteil an dieser negativen Entwicklung haben der Anstieg
der Krankenanstalten- und der Sozialhilfeumlage.
Im Jahr 2002 mussten die Gemeinden 30 Prozent ihrer Ertragsanteile aus dem Finanzausgleich über Transfers
wieder an die Länder zurückgeben. 2011 sind dies bereits 40 Prozent.
Die einzelnen Bundesländer weisen 2011 jedoch unterschiedliche Entwicklungen auf. Während die Gemeinden
in der Steiermark und im Burgenland die niedrigste Transferlast zu tragen haben, müssen die in Oberösterreich
und Kärnten tiefer in die Tasche greifen. Die Ursache darin liegt, dass es in Österreich derzeit acht
unterschiedliche Transfersysteme gibt. Ein krasses Beispiel dafür bietet die Krankenanstaltenumlage: Im Burgenland
beträgt dies 21 Euro pro Kopf, in Oberösterreich hingegen 203 Euro.
Eine Vielfalt an Transferverflechtungen führt zu Intransparenz "Durch die vielfältigen Transferbeziehungen
zwischen den Ländern und Gemeinden entstehen nicht mehr nachvollziehbare Umverteilungseffekte. Es kommt auch
zu Verstößen gegen Prinzipien der Autonomie sowie der Konnexität von Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung",
so Peter Biwald, Geschäftsführer des KDZ Zentrum für Verwaltungsforschung.
Auf Ebene der Länder und Gemeinden werden rund 52.000 Transferbeziehungen abgewickelt, die auf Basis einer
qualifizierten Schätzung Transaktionskosten in Höhe von 2,4 bis 4,5 Prozent des Transfervolumens ausmachen.
In Summe entspricht dies rund 100 Mio. Euro.
Zersplitterung der Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung
Derzeit existieren in einigen Aufgabenbereichen sehr zersplitterte Kompetenzregelungen. Im Sozialbereich sind
zum Beispiel alle drei Gebietskörperschaftsebenen, aber auch Gemeindeverbände und Sozialfonds für
unterschiedliche Aufgaben zuständig. So werden von den Gemeinden etwa große Teile der Kosten für
Sozialhilfe getragen, während die Gemeinden allerdings keine Entscheidungsbefugnis bezüglich der Leistungen
der Sozialhilfe haben. Dies führt in der Regel zu Ineffizienzen.
Vermischung von Lasten- und Ressourcenausgleich
Die Krankenanstalten-, Landes- und Sozialhilfeumlagen werden in der Regel nach einem besonderen Finanzkraftschlüssel
berechnet. Damit wird der Lastenausgleich zugunsten des Landes mit einem Ressourcenausgleich zwischen den Gemeinden
vermischt. Es besteht dadurch Intransparenz, welchen Betrag nun eine finanzkräftige Gemeinde als Lastenausgleich
an das Land zahlt und welcher Betrag indirekt als Ressourcenausgleich den anderen Gemeinden zufließt. Dies
gilt auch umgekehrt: finanzschwache Gemeinden wissen nicht, welchen Betrag sie eigentlich an das Land zum Lastenausgleich
zahlen müssten und welchen Teil die anderen Gemeinden als Ressourcenausgleich übernehmen.
Finanzausgleich wird auf den Kopf gestellt
Das Transfersystem führt auch zu einer Nivellierung der Finanzkraftausstattung nach Finanzkraftquintilien
sowie nach Größenklassen zu einer Überkompensation. So verfügen die Gemeinden unter 1.000
EinwohnerInnen (EW) am Ende des Finanzausgleichs über eine höhere Finanzkraft als die Gemeinden zwischen
10.000 und 50.000 EW. Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel wird im Finanzausgleich aufgehoben. Nach den
Transfers verfügen die Gemeinden bis 1.000 EW über höhere Mittel pro Kopf als die darüber liegenden
Gemeinden. "Der KDZ-Bericht zeigt deutlich auf, wie ineffizient und teuer das Transfersystem in Österreich
mittlerweile geworden ist", erklärte dazu Thomas Weninger, Generalsekretär des Österreichischen
Städtebundes. "Um den hohen Standard der kommunalen Leistungen aufrechtzuerhalten, brauchen wir eine
Entflechtung dieser Geldströme und einen fairen Finanzausgleich, der sich an den tatsächlichen Aufgaben
der Städte, Gemeinden und Bundesländer orientiert."
Handlungserfordernisse
Das Transfersystem bedarf einer grundsätzlichen Reform, die von folgenden Schwerpunkten geleitet sein soll:
- Transferentflechtung – Länder tragen künftig vollständig die Finanzierung
der Krankenanstalten und Sozialhilfe, Gemeinden jene der Kinderbetreuung und Musikschulen;
- Abtausch der Landesumlagen gegen Landesförderungen – Vereinfachen des Transfersystems;
- Finanzkraftausgleich durch ein bis zwei Transfers direkt auf Gemeindeebene –
keine Überkompensation der Finanzkraft, sondern Angleichung auf beispielsweise 90 Prozent des Durchschnitts;
- Lastenausgleich für die überörtliche Leistungserbringung berücksichtigen;
- Bedarfszuweisungen transparent und nachvollziehbar machen.
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