Wenn die Erde knistert

 

erstellt am
26. 02. 13
14.00 MEZ

Materialphysiker der Universität Wien publiziert zum Zusammenhang zwischen Materialbruch und Erdbeben
Wien (universität) - Der Materialphysiker Wilfried Schranz von der Universität Wien hat gemeinsam mit Wissenschaftern aus Spanien und Großbritannien lange vermutete Ähnlichkeiten zwischen Rissbildungen in Materialien und Erdbeben experimentell bestätigt. Der Physiker, der auf dem Gebiet der Phasenübergänge in nanostrukturierten Materialien forscht, stellt diese Ergebnisse – die so genannte "crackling noise" bei Erdbeben – in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift "Physical Review Letters" vor.

Die großen Erdbeben der letzten Jahre sind noch in den Köpfen der meisten Menschen. Viel öfter aber treten mittelgroße oder kleine Erdbeben auf, die man nur mit Hilfe von Seismographen wahrnehmen kann. Starke Erdbeben sind zum Glück wesentlich
unwahrscheinlicher als schwache (Gutenberg-Richter-Gesetz).

Die Erde "knistert"
Wenn man die akustischen Signale von Erdbeben verschiedenster Stärken über die letzten Jahre im Zeitraffer von ein paar Sekunden ablaufen lässt, so entsteht ein "Knistergeräusch" (crackling noise), ähnlich wie beim Zusammenknüllen von Papier oder
beim Biss in Knusperreis. Diese Idee der Geräuschanalyse haben sich Wissenschafter der Universität Wien sowie der Universitäten Barcelona und Cambridge zunutze gemacht, um mögliche Zusammenhänge zwischen Rissbildungen in Materialien und Erdbeben
aufzudecken.

Die Forscher haben nanoporöse, d.h. schwammartige Materialien aus Quarz langsam komprimiert, bis sie brechen. Die dabei entstandenen akustischen Signale wurden gemessen und mittels statistischer Methoden analysiert. "Dabei konnten wir erstmals
nachweisen, dass in diesen amorphen Materialien alle vier Hauptgesetzmäßigkeiten der statistischen Seismologie von Erdbeben und deren Nachbeben erfüllt sind", erklärt Wilfried Schranz.

Bemerkenswert war für die Forscher insbesondere, dass sich das Verhalten dieser hochkomplexen Vorgänge von der Größenordnung realer Erdbeben im Bereich von Kilometern auf die Nanometerskala übertragen lässt. Dieses Phänomen der Universalität
ermöglicht es, die statistischen Eigenschaften von Erdbeben im Labor an realistischen Modellsystemen zu studieren und weitreichende Schlussfolgerungen auf reale Naturvorgänge zu ziehen.

Publikation in Physical Review Letters
Statistical Similarity between the Compression of a Porous Material and Earthquakes: Jordi Baró, Álvaro Corral, Xavier Illa, Antoni Planes, Wilfried Schranz, Daniel E. Soto-Parra and Eduard Vives. In: Physical Review Letters, Phys. Rev. Lett. 110,
088702 (2013) Published February 19, 2013
DOI: 10.1103/PhysRevLett.110.088702
http://prl.aps.org/abstract/PRL/v110/i8/e088702
http://physics.aps.org/articles/v6/20

 

 

 

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