Rückgabe in vier Fällen befürwortet, in einem Fall verneint und die Beratung
eines Falles vertagt.
Wien (bmukk) - Der Kunstrückgabebeirat empfahl in seiner Sitzung vom 08.03. die Rückgabe von Teilen
des Familienarchivs der Rothschilds aus dem Österreichischen Staatsarchiv an die Nachkommen des Wiener Zweigs
der Familie, die Rückgabe von einer Aquarell-Miniatur aus dem Heeresgeschichtlichen Museum an die Erben nach
Eduard Epstein, die Rückgabe von acht Blättern aus der Albertina an die Erben nach Dr. Marianne Schmidl
und die Rückgabe einer Bleistiftzeichnung ebenfalls aus der Albertina an die Erben nach Adella Feuer. Der
Beirat verneinte die Voraussetzungen für eine Rückgabe des Gemäldes von George Grosz Bündnis
/ Andenken, aus dem im Museum moderner Kunst - Stiftung Ludwig Wien an die Erben nach George Grosz bzw. Alfred
Flechtheim. Die Beratungen zu einem Austro Daimler, der sich heute im Technischen Museum befindet, wurden vertagt.
Das Familienarchiv der Rothschilds wurde 1938 von der Gestapo aus Wien nach Berlin überführt und gelangte
nach 1945 durch die Rote Armee nach Moskau. Die nun zur Rückgabe empfohlenen Teile des Familienarchivs wurden
1960 von der damaligen Sowjetunion dem Österreichischen Staatsarchiv als "Aktenspende" übergeben
worden; die in Moskau verbliebenen Teile des Familienarchivs wurden bereits im Jahr 2001 von Russland an die Familie
Rothschild rückerstattet.
Die Aquarell-Miniatur wurde im Jahr 1940 vom Heeresgeschichtlichen Museum von Eduard Epstein vor dessen Flucht
in die USA erworben. Da Eduard Epstein als Jude von den Nationalsozialisten verfolgt war, ist die Veräußerung
als Entziehung zu bewerten.
Dr. Marianne Schmidl, die zu den ersten Ethnologinnen Wiens zählte, war Erbin einer bedeutenden Kunstsammlung.
Die acht Blätter stammen aus der Sammlung und wurden von Dr. Marianne Schmidl über Vermittlung eines
Wiener Kunsthändlers beim Leipziger Auktionshaus C.G. Boerner in Leipzig im Jahr 1939 versteigert, wo sie
von der Albertina erworben wurden. Dr. Marianne Schmidl wurde 1942 nach Izbica deportiert und ermordet. Da dieser
Verkauf im Zusammenhang mit ihrer Verfolgung zu sehen ist, liegen die Voraussetzungen einer Rückgabe an die
Erben vor.
Ähnlich gelagert ist der Fall Adella Feuer, die im März 1939 eine anonyme Bleistiftzeichnung des Wiener
Bürgermeisters Leopold Rössler an die Albertina veräußerte. Adella Feuer gelang 1939 die Flucht
nach Italien, wurde jedoch dort 1940 interniert und 1944 nach Auschwitz deportiert. Sie erlebte die Befreiung und
wanderte in die USA aus.
Schließlich stellte der Beirat fest, dass die Voraussetzungen für eine Rückgabe des im MUMOK befindlichen
Gemäldes von George Grosz, Bündnis / Andenken nicht erfüllt sind. Das Gemälde war im Jahr 1986
vom MUMOK aus dem Kunsthandel erworben worden, der Beirat hatte sich mit dem Gemälde bereits in seiner Empfehlung
vom 29. März 2006 befasst und überprüfte nun die Angelegenheit nach der durch die Novelle des Kunstrückgabegesetzes
im Jahr 2009 geänderten Rechtslage. Der Beirat stellte fest, dass George Grosz das Gemälde im Jahr 1931
dem Kunsthändler Alfred Flechtheim in Kommission gab; in der Folge wurde es in Brüssel und in Amsterdam
ausgestellt. Im Jahr 1938 wurde das Gemälde in Amsterdam aus dem Nachlass von Alfred Flechtheim, der 1937
gestorben war, versteigert. Da die relevanten und bekannt gewordenen Rechtsgeschäfte jedenfalls außerhalb
des Gebietes des Deutschen Reiches und vor der deutschen Besetzung der Niederlande stattfanden, sieht der Kunstrückgabebeirat
die Voraussetzungen auch unter der geänderten Rechtslage nach § 1 Abs. 1 Z 2a Kunstrückgabegesetz
nicht gegeben.
Die Empfehlungen sind im Wortlaut auf der Website der Kommission für Provenienzforschung unter http://www.provenienzforschung.gv.at wiedergegeben.
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