Einstimmiger Beschluss im Sozialausschuss des Nationalrats
Wien (pk) - Die staatlichen Hilfeleistungen für Verbrechensopfer werden ausgeweitet. Der Sozialausschuss
des Nationalrats stimmte am 14.03. einhellig einem von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurf zu. Demnach werden
die Pauschalentschädigung für Schmerzensgeld und für den Bestattungskostenersatz erhöht sowie
die Antragsfrist für laufende Hilfeleistungen verlängert. Zudem übernimmt die öffentliche Hand
künftig im Bedarfsfall die Kosten für eine erforderliche Krisenintervention in unmittelbaren Zusammenhang
mit einer Straftat. Diese Änderungen wurden von den Abgeordneten aller Fraktionen ausdrücklich begrüßt,
auch wenn sich die Freiheitlichen höhere Entschädigungen und die Grünen eine Ausweitung des Opferkreises
wünschten. Ein diesbezüglicher Abänderungsantrag des Abgeordneten Karl Öllinger (G) fand bei
der Abstimmung keine Mehrheit.
Die Novelle zum Verbrechensopfergesetz ermöglicht es in Hinkunft beim Schmerzensgeld je nach Ausmaß
der Körperverletzung genauer zu differenzieren. So sind nunmehr vier statt wie bisher zwei Stufen für
die Pauschalentschädigung in Aussicht genommen. Bei schwerer Körperverletzung haben Verbrechensoper demnach
Anspruch auf 2.000 € Schmerzensgeld (bisher 1.000 €), im Falle einer länger als drei Monate dauernden Gesundheitsschädigung
oder Berufsunfähigkeit steigt der Betrag auf 4.000 €. Bei schweren Dauerfolgen sind 8.000 € (bisher 5.000
€) vorgesehen bzw. 12.000 €, wenn für das Opfer ein Pflegebedarf zumindest der Pflegestufe 5 festgestellt
wird. Der Höchstbeitrag für den Ersatz von Bestattungskosten wird von derzeit 2.559 € auf 3.300 € angehoben.
Für die Beantragung laufender Hilfeleistungen wie Verdienst- und Unterhaltsentgang bleiben künftig zwei
Jahre Zeit.
Eine Härtefallregelung kommt für Verbrechensopfer, die wegen ruhender Pensionsansprüche eines inhaftierten
Gewalttäters den zuerkannten Schadenersatz nicht geltend machen können. Zudem können künftig
auch Opfer von Menschenhandel eine Entschädigung nach dem Verbrechensopfergesetz beantragen, wenn ihnen ein
Aufenthaltsrecht für besonderen Schutz in Österreich zuerkannt wurde. Vereinfachte Abrechnungskriterien
für Belege mit kleineren Beträgen sollen eine Reduzierung des Verwaltungsaufwands bewirken.
Durch die verbesserten Hilfeleistungen für Verbrechensopfer rechnet die Regierung mit jährlichen Mehrkosten
zwischen 800.000 € und 900.000 €. Diese sollen den Erläuterungen zufolge durch budgetäre Umschichtungen
innerhalb des Sozialministeriums und interne Personalmaßnahmen im Bundessozialamt kompensiert werden.
Besserstellung von Verbrechensopfern und Verfahrensbeschleunigung
Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (S) sprach von einer ausgezeichneten Novelle, die die zahlreiche
Verbesserungen für Verbrechensopfer und deren Hinterbliebenen bringe. Außerdem komme es zu Verfahrensvereinfachungen
und –beschleunigungen, war sie überzeugt. Als äußerst positiv beurteilte sie die Einbeziehung von
Opfern von Menschenhandel.
Abgeordneter Johann Höfinger (V) gab einleitend zu bedenken, dass niemand davor gefeit sei, selbst einmal
Opfer eines Verbrechens zu werden. Eine Besserstellung der Betroffenen sei daher ausdrücklich zu begrüßen.
Abgeordneter Karl Öllinger (G) begrüßte grundsätzlich die Regierungsvorlage, ortete jedoch
noch Verbesserungsmöglichkeiten. Da die Entschädigung von Opfern an den rechtmäßigen Aufenthalt
geknüpft ist, sind etwa Opfer von Folter in der Schubhaft sowie im Fall von Ausbeutung nach Paragraph 16 Fremdenpolizeigesetz
weiterhin ausgenommen, zeigte der Mandatar der Grünen auf, der dazu auch einen Abänderungstrag einbrachte.
In Anbetracht dessen, dass den Tätern jegliche Form der Therapie bezahlt werde, stellen die Höhe der
Entschädigung für Opfer noch immer eine Verhöhnung dar, meinte Abgeordneter Christian Lausch (F),
der der Regierungsvorlage aber generell zustimmte.
Abgeordneter Stefan Markowitz (T), der mit beratender Stimme am Ausschuss teilnahm, bemängelte, dass Opfer
von unzurechnungsfähigen Tätern von den Bestimmungen nicht erfasst sind. Ein Problem sei seiner Meinung
nach auch, dass viele Betroffenen auf den Prozesskosten sitzen bleiben, da die Täter oft mittellos sind.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer ging auf die Fragen der Abgeordneten ein und wies darauf hin, dass bei der Erstellung
der Vorlage intensiv u.a. mit dem Innenressort, dem Seniorenrat und auch dem Weißen Ring zusammengearbeitet
wurde. Bei den Hilfeleistungen handle es sich um ein Schmerzensgeld, stellte der Minister in Richtung der Freiheitlichen
fest, weiterführende Therapien, die eventuell notwendig sind, werden von der Krankenversicherung übernommen.
Die von Grünen geforderte Ausdehnung des Bezieherkreises lehnte er ab, da nicht all jene, die sich illegal
in Österreich befinden, automatisch eine Hilfeleistung bekommen können. In diesem Zusammenhang informierte
er noch darüber, dass es ohnehin die Möglichkeit gebe, einen Aufenthaltstitel für besonderen Schutz
zu erhalten, wenn sich die betroffene Person in den Aufarbeitungsprozess des Vorfalls integriere. Bei der angesprochenen
Ausbeutung von Fremden handle es sich um keine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung; diese falle
daher nicht unter das Regelwerk. Was die Opfer von Folter betrifft, so verwies Hundstorfer auf den Amtshaftungsanspruch.
Sozialentschädigung wird eigener Kompetenztatbestand in der Verfassung
Lediglich um eine Rechtsbereinigung geht es bei einer vom Sozialausschuss gebilligten Änderung der Bundesverfassung
und der Sozialentschädigungsgesetze. Die in mehreren Gesetzen verstreuten verfassungsrechtlichen Kompetenzgrundlagen
für die Opferfürsorge, die Verbrechensopferentschädigung, die Impfschadenentschädigung und
ähnliche staatliche Hilfeleistungen werden in Hinkunft unter dem Tatbestand "Sozialentschädigungsrecht"
im Artikel 10 des Bundes-Verfassungsgesetzes zusammengefasst. Eine Verschiebung von Zuständigkeiten ist damit
nicht verbunden, Gesetzgebung und Vollziehung bleiben beim Bund. Der Beschluss im Ausschuss fiel ebenfalls einstimmig.
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