ForscherInnen der Uni Graz suchen nach Methoden zur Optimierung von Defibrillatoren
Graz (universität) - Defibrillatoren können Leben retten. Seit 2002 ist es auch Laien in Österreich
erlaubt, in Notfallsituationen „Schockgeber“ zu verwenden. Zwar sind diese nach dem neuesten Stand der Technik
gebaut, doch ihr Gebrauch beruht in vielen Fällen einfach auf den Erfahrungswerten der AnwenderInnen. Mithilfe
von Computermodellen basteln MathematikerInnen der Karl-Franzens-Universität Graz – gemeinsam mit WissenschafterInnen
der Medizinischen Universität Graz und der TU Graz – gerade an der Simulation eines virtuellen Herzens, um
Erkenntnisse für die Optimierung von Defibrillatoren oder für bessere Operationsmethoden zu gewinnen.
O. Univ.-Prof. Dr. Karl Kunisch und sein Team arbeiten seit 2007 im Rahmen des vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten
Spezialforschungsbereiches „Mathematische Optimierung und Anwendungen in der Biomedizin“ daran, Phänomene
in der Physik, Physiologie und Medizin mathematisch zu beschreiben. „Nur MedizinerInnen können aufgrund ihres
Wissens abschätzen, wie stark die Stromstöße verabreicht werden müssen, damit der Herzrhythmus
stabilisiert wird“, erklärt Kunisch, Leiter des Instituts für Mathematik und Wissenschaftliches Rechnen.
Durch das Schocken mit dem Defibrillator wirken elektrische Ströme auf das Herz ein. Dabei sollte der Stromstoß
so schwach wie möglich sein. „Wenn man Erfahrung nicht mehr an der Person, am Subjekt, sammeln kann, ist man
auf die Unterstützung von mathematischen Modellen angewiesen“, betont Univ.-Prof. Dr. Gundolf Haase. Durch
einen Automatisierungsprozess, den die Modelle ermöglichen, kommen die ForscherInnen zu wertvollen Daten,
die in der Praxis nur schwer zu ermitteln sind.
Simulation mit „insilico-Modellen“
Der Traum vom „virtuellen Herzen“ ist nicht neu. Vor mehr als zehn Jahren begann der Biophysiker an der Med
Uni Graz Univ.-Prof. Dr. Gernot Plank mit Forschungen auf diesem Gebiet. In sogenannten „insilico-Modellen“ wird
das menschliche Herz bis in das kleinste Detail am Computer nachgebaut und simuliert. Die Parameter reichen von
der elektrophysiologischen Beschreibung des Herzens über die mechanische Koppelung mit anderen Organen bis
hin zu den Strömungseigenschaften des Blutes. „Das Herz hat eine sehr komplizierte, dreidimensionale Geometrie.
Um mit dieser rechnen zu können, ist eine detaillierte Modellierung in Verbindung mit moderner numerischer
Mathematik nötig“, sagt Haase. Mithilfe von partiellen Differenzialgleichungen wird zum Beispiel simuliert,
wie sich elektrische Impulse im Herz fortpflanzen.
Wesentlich ist, die wissenschaftlichen Fragestellungen in die Praxis zu überführen. „Vielleicht gelingt
es, das Herz mit seinen Eigenschaften so gut zu simulieren, dass wir den ChirurgInnen bereits vor dem Eingriff
sagen können, wo der Schnitt angesetzt werden muss, um einen heilenden Erfolg zu erzielen“, sagt Haase. „Oder
dass es möglich wird, mittels dosierter Stromstöße Fehlfunktionen des Herzens zu korrigieren, um
Leben zu retten.“
„Mathematische Optimierung und Anwendungen in der Biomedizin“ ist im universitären Forschungsschwerpunkt „Modelle
und Simulation“ der Karl-Franzens-Universität Graz fest verankert.
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