Brüssel / Innsbruck (lk) - Auf Einladung von Tirols Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf
traf am 20.03. in Brüssel eine Runde hochkarätiger VertreterInnen der Tiroler Industrie EU-Industriekommissar
Antonio Tajani. An dem Arbeitsgespräch mit Tajani, dem Vizepräsidenten der Europäischen Kommission,
nahmen neben der Tiroler Wirtschaftslandesrätin Tirols IV-Präsident Reinhard Schretter, Hermann Lindner
(Obmann der Sparte Industrie in der WK Tirol, Geschäftsführer Traktorenwerk Lindner), Carina Schiestl-Swarovski
(Geschäftsführerin Swarovski Optik), der Tiroler Bauunternehmer Eduard Fröschl sowie Adler-Werk-Prokurist
Albert Keiler teil.
„Um die Anliegen der Tiroler Wirtschaft in Brüssel zu deponieren und Dinge in Gang zu bringen, ist der direkte
Kontakt mit Mitgliedern der EU-Kommission die Grundvoraussetzung“, ist Zoller-Frischauf überzeugt. Nach einer
kurzen Einschätzung der Bankenkrise in Zypern machte Tajani deutlich, „dass auch für ihn der Bürokratieabbau
ein wichtiges Anliegen ist“.
„Tourismus, Gewerbe und Handwerk sowie die Industrie finden in Tirol ideale Rahmenbedingungen vor und ergänzen
sich gut“, erklärte die Landesrätin. Wobei es im Gespräch mit Tajani insbesondere um die Tiroler
Industrie ging. „Die 414 Tiroler Industriebetriebe bieten der Tiroler Bevölkerung 39.500 gut bezahlte Ganzjahresarbeitsplätze
und bilden 1300 Lehrlinge aus. Dass von der jährlichen Gesamtproduktion von fast 9 Milliarden Euro beinahe
drei Viertel in den Export gehen, trägt sehr viel zur Stärke des Wirtschaftsstandorts Tirol bei“, erläuterte
Zoller-Frischauf.
„Tirol hat das EU-Ziel, die Industriequote mittelfristig auf 20 Prozent des Brutto-Inlandsprodukts anzuheben, schon
seit Jahren überschritten“, sprach IV-Präsident Schretter in Brüssel von einem „starken heimischen
‚manufacturing sector‘“. Die Ausrichtung des Kontinents auf Wachstumsstärke und Wettbewerbsfähigkeit
sei Voraussetzung für eine starke Position im globalen Wettbewerb. Von größter Bedeutung für
den Standort Tirol seien eine intensive Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft sowie eine starke Fokussierung
auf Forschung und Entwicklung. „Eine Industriestruktur als Mix aus produktivitäts- und innovationsorientierten
Branchen muss auf den Märkten stets einen Schritt voraus sein“, verwies Schretter auch auf die Rolle Tirols
als wichtige Verkehrsdrehscheibe in Mitteleuropa.
„Eine Grundvoraussetzung für einen gut funktionierenden Industriestandort ist die Energieversorgung. Tirol
ist in einer beneidenswerten Situation, wir können energieautark werden“, sagte Tirols Industrie-Obmann Hermann
Lindner. Die Energieeffizienz spiele eine nicht minder wichtige Rolle, in den vergangenen Jahren habe die Tiroler
Industrie 800 Millionen Euro in Umweltschutz- und Effizienzmaßnahmen investiert. „Die Umsetzung einer EU-Richtlinie
in Österreich will die Unternehmen künftig zum Energiesparen zwingen“, meinte Lindner: „Die von Tajani
selbst ausgerufene ,Neue industrielle Revolution‘ kann nur dann funktionieren, wenn man der Industrie die Möglichkeit
gibt, zu wachsen.“ Die Vorschreibung beinahe willkürlicher Einsparungsmaßnahmen sei der verkehrte Weg.
„Es braucht Anreize für Investitionen“, sagt Lindner.
„Mit der Wasserkraft haben wir in Tirol einen erneuerbaren Energieschatz, um den uns viele EU-Regionen beneiden“,
ergänzte die Landesrätin. Die Energie-Versorgungsicherheit zu stabilen Preisen werde zunehmend ein wichtiger
Standortfaktor, „und hier hat Tirol alle Trümpfe in der Hand. Diese müssen aber auch ausgespielt werden,
indem wir neue Wasserkraftwerke bauen und in Tirol auch andere erneuerbare Energiequellen entsprechend nutzen“,
ist Zoller-Frischauf überzeugt.
Tajani unterstrich die Bedeutung großer Bauprojekte für die Alpenregion – wie etwa der Brennerbasistunnel
– und erklärte, „dass in Tirol jedenfalls auch weitere umfangreiche Infrastrukturprojekte in Angriff genommen
werden müssen“.
Auch die mangelhaften Sozial- und Umweltstandards in China wurden in Brüssel angesprochen. „Wir haben die
Forderung deponiert, dass die WTO auf Druck der EU tätig wird, um auch Sozial- und Umweltdumping in der Volksrepublik
mit entsprechenden Strafzöllen den Kampf anzusagen“, so Zoller-Frischauf. „Der Verfügbarkeit von Rohstoffen
zu fairen, international vergleichbaren Preisen kommt eine wachsende Bedeutung zu“, sagte Zoller-Frischauf. „Es
ist sehr erfreulich, dass auf EU-Ebene ein Umsetzungsgremium geschaffen wurde, um die deutliche Verringerung der
Abhängigkeit Europas von Rohstoffimporten voranzutreiben“, so die Wirtschaftslandesrätin.
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