Pensionsantrittsalter – Fragestunde mit dem Sozialminister im Nationalrat
Wien (PK) – Sozialpolitische Themenbereiche prägten am 20,03, den Beginn der Nationalratssitzung. In
der Fragestunde stand Bundesminister Rudolf Hundstorfer den Abgeordneten Rede und Antwort. Bei der Angleichung
des faktischen an das gesetzliche Pensionsantrittsalter sei man auf gutem Weg, betonte er, hinsichtlich der Verlängerung
des Pflegefonds bis 2016 erhofft sich der Minister eine Beschlussfassung noch im Juni dieses Jahres. Hundstorfer
wies auch darauf hin, dass das Lohn- und Sozialdumpinggesetz seine Wirkung zeige. Rechtskräftige Strafen seien
bereits in der Höhe von 2,3 Mio. € verhängt worden, sieben ausländischen Firmen sei die Tätigkeit
in Österreich untersagt worden. Der Minister nannte zudem aktuelle Zahlen im Hinblick auf die Inanspruchnahme
der bedarfsorientierten Mindestsicherung.
Er nahm auch zu den neu eingerichteten Schlichtungsstellen zur außergerichtlichen Streitbeilegung in Angelegenheiten
des Konsumentenschutzes Stellung.
Frage des Abgeordneten August WÖGINGER (V): Wie viele Mindestsicherungsbezieher gibt es in den einzelnen
Bundesländern, die innerhalb eines halben Jahres wieder eine nachhaltige Arbeit über der Geringfügigkeitsgrenze
für mindestens 3 Monate aufgenommen haben?
Antwort: Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER informierte daraufhin, dass es 31.854 MindestsicherungsbezieherInnen
gibt, die länger als drei Monate beschäftigt waren. Aktuell befinden sich 3.939 Personen "in der
Pipeline zu den drei Monaten", wobei zwei Drittel davon in Wien leben. Aufgrund intensiver Bemühungen
sei es seit der Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung gelungen, 40.400 BMS-BezieherInnen in
den Arbeitsmarkt zu vermitteln. Angesprochen zu den angeblich nicht ausreichenden Sanktionen teilte der Sozialminister
Abgeordnetem Wöginger mit, dass sehr wohl Kontrollen durchgeführt würden. Was die Struktur der Mindestbezieherinnen
anbelangt, so könne man feststellen, dass 35 % im arbeitsfähigen Alter und beim AMS vorgemerkt sind,
20 % seien so genannte "Aufstocker", 12 % seien arbeitsunfähig und im Pensionsalter, 27 % seien
Kinder und Jugendliche und 6 % andere. Interessant sei auch die Tatsache, dass z.B. in Wien nur 66 % jener, die
im Grunde Anspruch auf Mindestsicherung hätten, diese auch in Anspruch nehmen.
Frage des Abgeordneten Herbert KICKL (F): Warum unterstützen Sie angesichts der Rekordarbeitslosigkeit
in Österreich, mit über 400.000 betroffenen Personen, einen Kurs der weiteren Öffnung des heimischen
Arbeitsmarktes für Nicht-Staatsbürger und verschärfen damit den Konkurrenzdruck zu Lasten der Österreicher,
statt eine Beschäftigungsoffensive für österreichische Arbeitslose zu starten?
Antwort: Der Sozialminister stellte einleitend klar, dass es dabei um Vorgaben von internationalen Verträgen
gehe, zu denen Österreich natürlich stehe. Es habe zudem Übergangsfristen gegeben, die auch voll
ausgeschöpft worden seien. Außerdem habe man bei der Ost-Öffnung gesehen, dass unser Land nicht
von ausländischen Arbeitskräften überrannt wurde. Vielmehr sei es eher zu einem Verdrängungswettbewerb
gekommen, erklärte Hundstorfer, ältere MigrantInnen würden durch jüngere MigrantInnen ersetzt.
Durch das Lohn- und Sozialdumpinggesetz habe die Regierung auch bewiesen, dass sie sich für den Schutz der
in Österreich tätigen ArbeitnehmerInnen intensiv einsetzt. Hundstorfer informierte weiters über
die umfangreichen Kontrollen in diesem Zusammenhang, die schon zu rechtskräftigen Strafen in der Höhe
von 2,3 Mio. € geführt haben. Aufgrund von Gesetzesübertretungen habe man auch schon sieben ausländischen
Firmen untersagt, weiterhin in Österreich arbeiten zu dürfen (Zusatzfrage von Abgeordneten Franz RIEPL,
S).
Abgeordneter Herbert Kickl fragte den Sozialminister, warum er die systematische Erfassung und Veröffentlichung
von Einzahlungen von Personen in das österreichische Sozialsystem und von Auszahlungen aus dem österreichischen
Sozialsystem, gegliedert nach StaatsbürgerInnen, EU-BürgerInnen und Drittstaatsangehörigen, verweigere.
Hundstorfer machte in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass das österreichische Sozialsystem in erster
Linie auf Versicherungsleistungen aufgebaut ist, die allen Menschen zustehen, die in Österreich arbeiten und
ordnungsgemäß angemeldet sind.
Zu einer Zusatzfrage des Abgeordneten Johann HÖFINGER (V) bezüglich Fachkräfteoffensive merkte Bundesminister
Hundstorfer an, dass es einerseits die Rot-Weiß-Rot-Karte gebe und andererseits zusätzliche Qualifizierungsmaßnahmen
(z.B. Fachkräftestipendium) angeboten werden.
Frage des Abgeordneten Karl ÖLLINGER (G): Das Sozialrecht ist in Feldern, indenen es Zuständigkeiten
der Länder gibt (bedarfsorientierte Mindestsicherung, Pflegeregress etc.) von Uneinheitlichkeit und Widersprüchlichkeit
geprägt. Welche Schritte werden Sie setzen, um zu einheitlichen, sinnvollen Regelungen in diesen Bereichen
zu kommen?
Antwort: Er habe sich in den letzten vier Jahren immer wieder bemüht, Vereinheitlichungen vorzunehmen, was
in einigen Bereichen (z.B. Vollzug der Opferfürsorge, des Pflegegeldes etc.) auch schon gelungen sei, konstatierte
Hundstorfer. Weitere Fortschritte in diese Richtung soll es bald im Zuge der Novellierung des Pflegefondsgesetzes
geben. Auch bei der Mindestsicherung seien einheitliche Vorgaben festgelegt worden, die von den einzelnen Ländern
nicht unterschritten werden dürfen. In der Arbeitsgruppe Pflege habe man sich u.a. darauf geeinigt, weitere
Standardisierungen in den Bereichen Qualität, den Bauordnungen und bei der Entlohnung der MitarbeiterInnen
vorantreiben zu wollen (Zusatzfrage der Abgeordneten Ulrike KÖNIGSBERGER-LUDWIG, S), erläuterte er. Was
die bessere arbeits- und sozialrechtliche Absicherung von freiwilligen Helfern angeht (Zusatzfrage des Abgeordneten
Wolfgang SPADIUT, B), so habe man bereits Gespräche aufgenommen, um etwa die Lohnfortzahlung bei Katastropheneinsätzen
genauer zu regeln, sagte der Sozialminister.
Frage des Abgeordneten Josef BUCHER (B): Was werden Sie tun, damit die jüngere Generation nicht den derzeitigen
Pensionisten höhere Pensionen finanzieren muss, als sie selbst jemals erhalten wird?
Antwort: Bundesminister Rudolf Hundstorfer wies in der Beantwortung der Frage darauf hin, dass sich die Regierung
dieser Problematik bewusst sei und auch schon zahlreiche Gegenmaßnahmen eingeleitet wurden. Als Beispiele
führte er die Einführung der Gesundheitsstraße, die Verteuerung des Nachkaufs von Schul- und Studienzeiten,
den Rechtsanspruch auf berufliche Rehabilitation, die Auslaufregelung der Langzeitversichertenregelung, die Reform
der Invaliditätspension oder die Einführung eines einheitlichen Pensionskontos an. Dies alles soll dazu
beitragen, dass einerseits die Belastung der jungen Generation sich in akzeptablen Grenzen hält und dass es
andererseits möglich sein wird, länger gesund im Erwerbsprozess zu bleiben. Man werde weiterhin alles
daran setzen, dass das faktische Pensionsantrittsalter sich noch mehr an das gesetzliche annähert. Als kleinen
Erfolg könne man ansehen, dass "Österreich im letzten Jahr um fünf Wochen später in Pension
gegangen ist", hob Hundstorfer hervor. Man befinde sich also am richtigen Weg. Die von Bucher angesprochenen
Privilegien in einzelnen Branchen bzw. Betrieben seien Geschichte; diese fänden sich in den aktuellen Dienstrechten
nicht mehr.
Frage des Abgeordneten Stefan MARKOWITZ (T): Gemäß Jugendbeschäftigungsgarantie wird Jugendlichen
nach höchstens vier Monaten ohne Job eine Beschäftigung, eine Lehrstelle oder eine Aus- und Weiterbildung
angeboten. Wie sieht die aktuelle Situation dazu in allen neun Bundesländern aus?
Antwort: Sozialminister Hundstorfer gab bekannt, dass in den ersten zwei Monaten 9.800 Jugendliche im Rahmen der
Ausbildungsgarantie (für 15- bis 18-Jährige) einen Platz bekommen haben. Was die älteren Jugendlichen
(19- bis 24-Jährige) betrifft, für die die Aktion "Zukunft Jugend" ins Leben gerufen wurde,
so hätten in den ersten beiden Monaten 24.126 Personen in das Programm aufgenommen werden können. Im
Mittelpunkt stünden dabei zusätzliche Qualifizierungsangebote, Beschäftigungsförderung sowie
eine verstärkte Vermittlungstätigkeit. 14.400 Jugendliche hätten daraufhin einen Job erhalten, 9.700
bildeten sich in Schulungen weiter. Abgeordneter Ridi STEIBL (V) teile der Minister mit, dass es in den folgenden
drei Sektoren mehr Lehrlinge gibt: Industrie, Banken/Versicherungen und Transportbereich. Die genauen Zahlen für
die einzelnen Bundesländer werde er in schriftlicher Form nachreichen. Um das Niveau der dualen Ausbildung
weiterhin sehr hoch zu halten, habe man verschiedene Schritte gesetzt, wie etwa das Lehrlingscoaching, informierte
der Minister. Außerdem bemühe man sich gemeinsam mit den Vertretern der Wirtschaft, die Problematik
der teilweise sehr hohen Durchfallsquoten bei Lehrabschlussprüfungen in einzelnen Branchen aufzuarbeiten (Zusatzfragen
der Abgeordneten Stefan PETZNER - B, und Birgit SCHATZ - G). Für das Jugendcoaching, das mit 22 Mio. € dotiert
ist und eine wichtige Orientierungshilfe für die jungen Menschen bieten soll, sei heuer eine Teilnehmerzahl
von 35.000 Personen geplant. Im Vorjahr hätten sich 16.000 Personen daran beteiligt, wobei sich 85 % für
eine weiterführende Ausbildung entschieden haben (Zusatzfrage der Abgeordneten Sabine OBERHAUSER, S).
Frage des Abgeordneten Erwin SPINDELBERGER (S) : Wie stehen Sie zu den Rechtsakten der Europäischen Union
zur außergerichtlichen Streitbeilegung?
Antwort: Die Durchsetzung von Verbraucherrechten sei ihm ein großes Anliegen, betonte Sozialminister Rudolf
Hundstorfer. Falls VerbraucherInnen den Gerichtsweg scheuen, sollten sie über eigene Schlichtungsstellen rasch
und kostengünstig zu ihrem Recht kommen. Laut EU-Plan haben alle Mitgliedsländer derartige Schiedsstellen
bis Mitte 2015 zu implementierten, in Österreich sei letzte Woche bei einer Enquete mit Konsumentenorganisationen
und WirtschaftsvertreterInnen die Testphase zur außergerichtlichen Streitbeilegung gestartet worden, die
Kosten dafür trage vorerst das Sozialministerium, berichtete der Bundesminister.
Bei der Enquete mit Betroffenen sei es nicht zuletzt auch darum gegangen, den Nutzen der neuen Einrichtung sowohl
für KonsumentInnen als auch für Wirtschaftstreibende aufzuzeigen, wobei jedoch die Mitwirkung freiwillig
erfolge, erklärte Hundstorfer auf Nachfragen der Abgeordneten Sigisbert DOLINSCHEK (B) und Birgit SCHATZ (G).
Die aus den Testschlichtungen gewonnenen Erfahrungen würden in den diesbezüglichen Gesetzesentwurf einfließen.
Ob die Verfahrensdauer der außergerichtlichen Streitbeilegung tatsächlich die erwarteten drei Monate
nicht überschreiten werde, sei noch schwer zu sagen, erfuhr Abgeordneter Bernhard VOCK (F), die Testphase
der Schiedsstelle werde auch Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen.
Im Bereich des Internet-Handels setze er sich auf EU-Ebene für eine unionsweite Vereinheitlichung der Regelungen
dazu ein, erwiderte Hundstorfer das Plädoyer der Abgeordneten Eva-Maria HIMMELBAUER (V) für eine Vollharmonisierung
der Gesetzeslage zum e-commerce in der EU. Er gab allerdings zu bedenken, dass Aktivitäten im World Wide Web
letztendlich nur global umfassend zu regeln seien.
Frage der Abgeordneten Mag. Gertrude AUBAUER (V) : Wie ist der Stand der Vorbereitungen für die Verlängerung
des Pflegefonds für die Jahre 2015 und 2016?
Antwort: Er hoffe, die diesbezügliche Vorlage zur Beschlussfassung diesen Juni dem Nationalrat vorlegen zu
können, die Vorbereitungen dafür seien bereits im Gange, so Bundesminister Hundstorfer. Von Aubauer auf
den großen Personalbedarf im Pflegebereich angesprochen, replizierte der Sozialminister, das AMS finanziere
jährlich Ausbildungsmaßnahmen im Gesundheits- und Sozialbereich für bis zu 5000 Menschen, dazu
kämen auch noch Initiativen wie etwa das freiwillige Sozialjahr, wodurch man gegen Personalmangel im Sozialbereich
gewappnet sei.
Ein sicheres und vereinfachtes Pflegegeldwesen in der Kompetenz des Bundes forderte Abgeordnete Ursula HAUBNER
(B) ein, woraufhin der Minister erläuterte, Pflegegeld werde nun nur noch von acht Stellen ausbezahlt und
Informationen zum Thema Pflege biete eine einzige Datenbank, was eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung bedeute.
Fortschritte habe es auch bei den Begutachtungsverfahren durch die diplomierte Krankenpflege gegeben, letztendlich
ziele das Pflegefondsgesetz darauf ab, Pflege bedarfsgerecht zu steuern.
Der Pflegefonds stelle eine Finanzierungsbrücke bis 2016 dar, danach werde der Bereich Pflege bei den Finanzausgleichsverhandlungen
einen eigenen Stellenwert erhalten. Sein Ressort habe jedenfalls mit einer Reformarbeitsgruppe Pflege die Weichen
für langfristig sichere Betreuung auf hohem Niveau auch nach 2016 sichergestellt, ging Hundstorfer auf Zusatzfragen
der Abgeordneten Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F) und Dietmar KECK (S) ein. Zu den unterschiedlich hohen Pflegekosten
und Standards je nach Bundesland, angesprochen von Abgeordnetem Karl ÖLLINGER (G), hielt Hundstorfer fest,
jedes Land setze seit jeher eigene Schwerpunkte im Pflegebereich, etwa ob vor allem stationäre oder mobile
Betreuung angeboten werden. Dennoch arbeite er daran, die Angebote noch weiter zu vereinheitlichen und gemeinsame
Standards auch durch die Finanzierung innovativer Projekte zu ermöglichen.
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