Wie das Gehirn auf Stimmen reagiert

 

erstellt am
20. 03. 13
14.00 MEZ

Jülicher Wissenschaftler weisen Schlüsselregion für soziale Urteile nach
Jülich (forschungszentrum) - Ein Blick, ein Satz - es dauert nicht einmal Sekunden, dann haben wir ein erstes Urteil über unser Gegenüber gefällt. Dabei spielen verschiedene Eindrücke eine Rolle. Jülicher Wissenschaftler haben untersucht, welche Hirnareale aktiv sind, wenn Menschen Stimmen beurteilen. Ihre Erkenntnis: Es ist dieselbe Region, die auch tätig wird, wenn wir Gesichter einschätzen. Aus Sicht der Forscher muss es daher im Gehirn eine Schlüsselregion für soziale Bewertungen geben - unabhängig davon, ob wir sie anhand der Stimme oder des Gesichtes treffen.

Kontakte und Beziehungen zu unseren Mitmenschen sind für uns lebensnotwendig. Doch nicht jeder oder jede darf uns näher kommen. Wir bewerten und wählen aus, etwa ob jemand als künftiger Lebens- oder Geschäftspartner in Frage kommt. Dabei geht es vor allem um die Bewertung von Eigenschaften wie Attraktivität und Vertrauenswürdigkeit. "Bislang hat sich die Forschung allerdings vorwiegend damit beschäftigt, wie wir Gesichter diesbezüglich einschätzen. Stimmen spielen aber eine ebenso bedeutende Rolle", sagt der angehende Mediziner Lukas Hensel, der am Jülicher Institut für Neurowissenschaften und Medizin für seine Doktorarbeit forscht und dort eng mit Prof. Simon Eickhoff, Prof. Karl Zilles, Dr. Veronika Müller und Dr. Danilo Bzdok zusammenarbeitet.

Bei einem Experiment des Teams haben 44 gesunde Erwachsene beurteilt, wie attraktiv und vertrauenswürdig sie verschiedene Stimmen finden. Dabei lagen die Versuchspersonen in einem Magnetresonanztomographen (MRT), mit dessen Hilfe die Gehirnaktivität gemessen wurde. Immer wenn die Probanden ihre Entscheidung fällten, war eine bestimmte Region aktiv, der sogenannte dorsomediale Präfrontalkortex (dmPFC) im vorderen Bereich des Gehirns. Genau das hatten die Jülicher Forscher auch festgestellt, als sie kurz zuvor den gleichen Versuch mit Gesichtern durchgeführt hatten. "Diese Region steht schon länger im Verdacht, eine Schlüsselfunktion für unsere soziale Verarbeitung inne zu haben. Unsere Forschung hat das nun bestätigt", betont Prof. Eickhoff.

Als nächstes wollen die Forscher noch mehr über die zu Grunde liegenden Netzwerke herausfinden, zum Beispiel, wie welche Hirnregionen zusammenwirken, damit letztlich ein Urteil entsteht. Von ihren Ergebnissen erhoffen sie sich darüber hinaus neue Erkenntnisse über psychische Krankheiten wie Autismus, Schizophrenie und Depression. Bei Menschen, die unter Autismus leiden, hat man festgestellt, dass die Funktionsweise des Gehirns gestört ist. So können sich Autisten zum Teil nicht in andere Menschen hinein versetzen. Bei ihnen arbeitet der dorsomediale Präfrontalkortex, der bei solchen Perspektivwechseln normalerweise aktiv ist, nicht wie gewünscht. Möglicherweise ist unter bestimmten Voraussetzungen die Kommunikation dieser Region mit anderen Hirnarealen gestört. Dies könnte erklären, warum man bei Patienten mit Autismus oder Schizophrenie verschiedene Beeinträchtigungen der sozialen Interaktion beobachtet hat. So erwidern autistische Kinder oftmals nicht das Lächeln ihrer Eltern oder strecken ihnen nicht die Arme entgegen, um hochgehoben zu werden.

Die Jülicher Wissenschaftler stellen ihre Ergebnisse im Rahmen der 57. Wissenschaftlichen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) vor, die vom 21. bis 23. März in Leipzig stattfindet. Auf der Pressekonferenz zur Tagung der DGKN am 21. März von 12.45 bis 13.45 Uhr wird Prof. Eickhoff die Arbeit ausführlich erläutern.

 

 

 

Informationen: http://www.fz-juelich.de

 

 

 

 

 

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