TU Wien und dwh GmbH erhalten den Janssen Special Award für mathematische Modelle, die
unser komplexes Gesundheitssystem abbilden können.
Wien (tu) - Die Medizin entwickelt sich weiter, und unser Gesundheitssystem entwickelt sich mit. Allerdings
ist es sehr schwer vorherzusagen, wie sich Entscheidungen im Gesundheitswesen medizinisch und wirtschaftlich auswirken.
Um besser einschätzen zu können, wie man die begrenzten Ressourcen am besten verwendet, welche Leistungen
zu welchem Preis verfügbar gemacht werden sollen, oder auch wie man am besten gegen Epidemien vorgeht, entwickeln
die TU Wien und die dwh GmbH gemeinsam mathematische Vorhersagemodelle.
Mehr Gesundheit pro Euro
20 bis 25 Milliarden Euro werden allein in Österreich jährlich im Gesundheitsbereich umgesetzt. Das Angebot
der Behandlungsmethoden wird immer größer, die Lebenserwartung steigt, doch die Ressourcen sind begrenzt.
„Es wird von Jahr zu Jahr wichtiger, das investierte Geld auch wirklich richtig einzusetzen“, sagt Niki Popper,
ein Absolvent der TU Wien, der nun bei der dwh GmbH forscht und in enger Kooperation mit der Forschungsgruppe von
Prof. Felix Breitenecker (Institut für Analysis und Scientific Computing, TU Wien) und anderen Instituten
an der TU Wien für verschiedene Kunden Modelle und Simulationen entwickelt.
Diese erfolgreiche Zusammenarbeit von dwh GmbH und TU Wien wurde nun am 19. März im Rahmen des „science2business
Award 2013“ mit dem Janssen Special Award ausgezeichnet. Dieser Preis wird von Janssen, der Pharmasparte von Johnson&Johnson,
für Kooperationsprojekte zwischen Wirtschaft und akademischer Forschung vergeben, die eine besondere Relevanz
für die medizinische Versorgung der Zukunft haben. „Mit dem Janssen Special Award wollen wir dazu beitragen,
junge Wissenschaftler zu motivieren, neue Wege zu beschreiten und Kooperationen einzugehen, um so ihre Ideen erfolgreich
umsetzen zu können“, sagt Erich Eibensteiner, Geschäftsführer von Janssen Österreich.
Der Influenza-Simulator
Ein Beispiel für die gemeinsame Forschung von TU Wien und der dwh GmbH ist ein Simulationstool um Impfprogramme
zu evaluieren. Damit können Epidemien vollständig am Computer simuliert werden – von der epidemologischen
Ausbreitung bis hin zu finanziellen Aspekten. „Bei einem konkreten Impfprogramm ging man nach den herkömmlichen
Modellen davon aus, dass es sinnvoll ist, einfach möglichst viele Kinder mit dem vorhandenen Impfstoff zu
impfen“, erzählt Niki Popper. Das komplexe mathematische Modell von TU Wien und dwh GmbH, das im Auftrag des
Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger entwickelt wurde, berücksichtigte
aber auch, dass es unterschiedliche Typen von Erregern gibt: „Nachdem die Impfung eingeführt ist, erkranken
nach dem Computermodell die Leute eben an einem anderen Typ, die Kosten für die Impfung bringen daher deutlich
weniger Nutzen als erwartet“, erklärt Popper.
Daten, die nach einer Impfaktion in den USA erhoben wurden, bestätigten dieses Modell. „Das heißt nicht,
dass die Impfung nicht hilft“, sagt Niki Popper, „aber mit unserem Modell kann man sich basierend auf den Ergebnissen
gemeinsam hinsetzen und bessere Strategien entwickeln. Man kann zum Beispiel alle zwei Jahre gegen neue Typen
impfen und vor allem kann man auch diese Strategien im Simulator erproben.“ Der Simulator hilft bei der Abschätzung,
wie sich so ein Vorgehen auswirkt oder was geschieht, wenn zum Beispiel plötzlich andere Erreger auftreten,
die sich anders verhalten als die bisher bekannten.
Erweitern und Verknüpfen mathematischer Modelle
Für das Forschungsprojekt wurde Expertise aus ganz unterschiedlichen Gebieten zusammengeführt – von Statistik
und dynamischer Modellierung bis zu Medizin und Gesundheitsökonomie. An der TU Wien versucht man, die nötigen
mathematischen Methoden ständig weiterzuentwickeln und Wege zu finden, unterschiedliche Herangehensweisen
mathematisch richtig miteinander zu verbinden.
„Manche Fragestellungen kann man mit partiellen Differentialgleichungen modellieren, wie sie in den Naturwissenschaften
sehr oft vorkommen“, sagt Prof. Felix Breitenecker von der TU Wien. „In anderen Situationen benützt man beispielsweise
Agenten-Modelle, in denen man einzelne Personen und ihre Entscheidungen simuliert.“ Gerade im Gesundheitsbereich
sind oft riesige Datenmengen verfügbar, aus denen man wertvolle Schlüsse ziehen kann – vorausgesetzt
man arbeitet sie richtig auf und verwendet Simulationsmodelle, die genau zu den Daten passen.
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