Innsbruck und Bozen werden zu energieeffizienten Pionierstädten - Von der Standortagentur
Tirol initiiertes EU-Projekt "Sinfonia" setzt sich europaweit durch und macht die Europaregion Tirol
zur Pilotregion für moderne Energieanwendungen.
Innsbruck, Bozen (standort-tirol.at) - Standortagentur Tirol, Cluster Erneuerbare Energien Tirol und namhaften
Partnern wie Stadt Innsbruck, Innsbrucker Kommunalbetriebe, Neue Heimat Tirol, Universität Innsbruck, Liebherr-Hausgeräte
Lienz, ATB Becker, alpS, Innsbrucker Immobiliengesellschaft, e3 consult sowie auf Südtiroler Seite EURAC Research,
Gemeinde Bozen, Institut für Sozialen Wohnbau, Südtiroler Elektrizitäts AG und Agenzia Casaclima
dürfte ein Millionendeal gelingen. Gemeinsam mit 12 weiteren europäischen Partnern reichten sie im 7.
Europäischen Forschungsrahmenprogramm das Projekt "Sinfonia" zur Förderung ein. Die Europäische
Kommission lädt nun das Partnerkonsortium zu finalen Vertragsverhandlungen ein. "Ich gratuliere zu diesem
großen Erfolg. Er bestätigt eindrucksvoll, dass die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino stark
vernetzt arbeitet und welchen enormen Nutzen sie aus dieser Zusammenarbeit zieht", nimmt der Tiroler Landeshauptmann
Günther Platter erste Stellung.
CO2-Emissionen senken, Lebensqualität steigern und Know-how exportieren
Mit Hilfe von "Sinfonia" werden Innsbruck und Bozen zu europäischen Demonstrationsstädten der
Energieeffizienz. Die Euregio-Städte sollen zeigen, wie intelligente Wärme-, Kälte- und Stromnetze
in Kombination mit nachhaltigen Gebäudesanierungen den Energieverbrauch und CO2-Emissionen deutlich senken
und so die Lebensqualität in Städten steigern können. Achtzehn europäische Städte sollen
sich die vorgezeigten Maßnahmen im Anschluss zum Vorbild nehmen und ebenso umsetzen. Die ersten fünf
Städte, die in Innsbruck und Bozen eingesetzte Instrumente übernehmen werden, sind Rosenheim (DE), La
Rochelle (FR), Sevilla (ES), Paphos (CY) und Boras (SE). "Es war von Anfang an mein Auftrag an die Standortagentur,
mehr EU-Gelder nach Tirol zu holen und den innovativen heimischen Unternehmen neue Möglichkeiten zu eröffnen,
ihr Know-how in ganz Europa unter Beweis zu stellen. Die Eingliederung des Büros für Europäische
Programme in die Standortagentur hat sich als goldrichtig erwiesen - dieses Projekt ist ein eindrucksvoller Beweis
dafür", freut sich die Tiroler Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf.
Kommission traut Innsbruck 40-50%ige Einsparung zu; Rückenwind für Innsbrucks Energieentwicklungsplan
Die detaillierten technischen Ziele von Sinfonia sind eine 40-50%ige Einsparung beim Energiebedarf sowie die
Erhöhung des Anteils an erneuerbaren Energiequellen im Energiemix um 20%. Ziele, deren Erreichung die EU-Kommission
den Modellen in der Euregio zutraut: "Positiv beeinflusst haben dürfte die Kommission auf Nordtiroler
Seite auch die 100%ige Rückendeckung der Stadt Innsbruck durch den Innsbrucker Energieentwicklungsplan, durch
die Roadmap für dessen Umsetzung bis 2025 und durch den Aktionsplan 2012-2015. Diesen Aktionsplan haben wir
zuletzt im Rahmen eines nationalen Smart City Calls des Österreichischen Klimafonds ausgearbeitet und setzen
ihn bereits um. Wir sind auf dem goldrichtigen Energieweg und mit Hilfe der Förderung aus dem EU-Projekt Sinfonia
können wir diesen noch konsequenter gehen", lässt Christine Oppitz-Plörer, Innsbrucks Bürgermeisterin,
wissen.
Förderung in zweistelliger Euro-Millionen-Höhe für den Aufbau von "smart districts"
Im Detail werden die Tiroler Partner am Aufbau eines sogenannten "smart districts" bzw. der "Sinfonia-Kernzone"
im Innsbrucker Osten arbeiten. Konkret sind drei Maßnahmen vorgesehen: die energieeffiziente Sanierung von
66.000 m2 Wohnfläche durch die Neue Heimat Tirol und die Innsbrucker Immobiliengesellschaft, der Aufbau von
intelligenten Stromnetzen - sogenannten Smart Grids - durch die Innsbrucker Kommunalbetriebe sowie der Ausbau der
Kläranlage Rossau zu einer Energiezentrale, welche die Sinfonia-Kernzone über intelligente Wärme-
und Kältenetze mit Energie aus erneuerbaren Quellen versorgt. In Südtirol sind 36.000m2 Wohnfläche
im Bozner Südwesten zur energieeffizienten Sanierung vorgesehen. Eine zweite Maßnahme wird sich der
öffentlichen Beleuchtung widmen, während man für die Verwirklichung innovativer Wärme- und
Kältenetze mehrere Kraftwerke zum Heizen und Kühlen zusammenschließen will.
Anspruchsvoll: NHT, IIG und Universität sanieren Gebäudebestand auf bis zu 10 kWh/m2a
Die Maßnahmen im EU-Projekt Sinfonia sind in einem hohen Maß replizierbar und technologisch anspruchsvoll.
So weist der Großteil der zu Sanierung geplanten Gebäude einen aktuellen Heizwärme-bedarf von 100
kWh/m2 und mehr auf, der deutlich gesenkt werden soll. "Bei rund 400 Wohnungen peilen wird eine Reduktion
des Heizwärmebedarfs von 140 auf 30 kWh/m2 an. Bei weiteren rund 160 Wohnungen wollen wir sogar Passivhausstandard
erreichen, indem wir die Werte von derzeit 40 kWh/m2 auf etwa 10 kWh/m2 senken", erklärt Dr. Klaus Lugger,
der Geschäftsführer der Neuen Heimat Tirol. Die Universität Innsbruck begleitet die Sanierungen
wissenschaftlich. Unter Einsatz der neuesten Messgeräte wird ein Team um Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Streicher
den Energiebedarf der Gebäude im Laufe der Sanierung messen und überwachen. In Kooperation mit dem alpS
wird sie desweiteren Modelle zur Einbeziehung der beteiligten Stakeholder entwerfen. Universitätsrektor Univ.-Prof.
Dr. Tilmann Märk zeigt sich erfreut: "Dieses Projekt eröffnet eine große Chance für die
Region, ihr Know how im Bereich der effizienten Nutzung von Energie weit über die Grenzen Tirols hinaus bekannt
zu machen und einzusetzen. Einmal mehr erweist es sich als Vorteil, dass sich die Universität Innsbruck bereits
vor Jahren mit der Gründung des Kompetenzzentrums alpS und der Fokussierung auf das energieeffiziente Bauen
diesen Herausforderungen gestellt und damit eine wichtige wissenschaftliche Basis für entsprechende Projekte
geschaffen hat."
Alles smart: IKB baut Kläranlage zum Kraftwerk um und sorgt für Intelligenz in den Netzen
Das die Innsbrucker "Sinfonia-Zone" versorgende Herz ist die Kläranlage Rossau. Sie wird im Laufe
des Projektes zu einer Energiezentrale umgebaut, welche die sanierten Gebäude und ausgewählte Gewerbeflächen
mit Wärme, Kälte und Strom aus erneuerbaren Quellen versorgt. Eingesetzte Energieträger sind Biogas,
Biomasse aus der Verwertung von Klärschlamm, Photovoltaik, Solarthermie aus 650m2 Kollektorenfläche und
über Wärmepumpen gewonnene Wärme und Kälte aus dem gereinigten Abwasser. Zusätzlich werden
Vorbereitungen zur Rückgewinnung von Wertstoffen aus der Abwasserreinigung getroffen, das konkrete Interesse
liegt auf dem Wertstoff Phosphor. "Wir wollen im Projekt zeigen, dass die Energiewirtschaft von morgen vor
allem eines ist - eine gut vernetzte, regionale Kreislaufwirtschaft", so DI Harald Schneider, Vorstandsvorsitzender
IKB. "Ebenso wichtig ist es, die Kunden mit einem effizienten System beim Energiesparen zu unterstützen,
das werden wir in der Sinfonia-Zone mit Hilfe von intelligenten Strom- und Wärme/Kältenetzen demonstrieren."
Im Rahmen des betreffenden Arbeitspaketes sollen zum Beispiel Wärmespeicher zu lt. Wettervorhersage günstigen
Zeitpunkten geladen werden. Sogenannte "Smart Meters" sollen dabei helfen, Stromproduktion und Verbrauch
besser aufeinander abzustimmen. Zusätzlich werden neue IT-unterstützte Dienstleistungen und Tarife entwickelt
und innovative Haushaltsgeräte der Firmen Liebherr und Miele eingesetzt.
Standortagentur Tirol initiiert Sinfonia und begleitet als District Leader
Das EU-Projekt Sinfonia ist auf Initiative der Standortagentur Tirol entstanden. Überzeugt von den Chancen
einer Tiroler Einreichung haben die Beratungsstelle für das 7. EU-Forschungsrahmenpro-gramm in der Standortagentur
Tirol und der Cluster Erneuerbare Energien Tirol die beteiligten Partner kontaktiert und die gemeinsame Einreichung
betreut. Als Koordinator vor der EU-Kommission konnte das Schwedische Technologieforschungsinstitut gewonnen werden,
die Betreuung und Begleitung der Tiroler Projektpartner übernimmt die Standortagentur Tirol als sogenannter
"District Leader". "Ich freue mich doppelt. Zum einen, weil es in Zusammenarbeit mit unseren hoch
motivierten Partnern gelungen ist, mit Sinfonia ein echtes Leuchtturmprojekt zu einem der wichtigsten Themen der
Zeit an den Standort zu bringen. Und zum anderen, weil es die Schlagkraft unserer Services unter Beweis stellt:
Mit der Beratung zu den EU-Forschungsprogrammen sowie mit den Clustermanagements unter einem Dach gelingt es uns
ausgezeichnet, Mehrwert zu schaffen", sagt Dr. Harald Gohm, der Geschäftsführer der Standortagentur
Tirol. Lobend erwähnt Gohm in diesem Zusammenhang auch die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit dem Gemeinsamen
Büro der Europaregion Tirol - Südtirol - Trentino bereits in der Ideenphase zum Projekt.
Auf Südtiroler Seite ist es die Europäische Akademie Bozen (EURAC), welche die Abwicklung des Projekts
mit den beteiligten Südtiroler Partnern koordiniert. "Das SINFONIA-Projekt ist in mehrfacher Hinsicht
ein Ausnahmeprojekt: die enge Zusammenarbeit zwischen Forschung und öffentlicher Verwaltung, die sich hier
gezielt an den konkreten Bedarfen der Bürgerinnen und Bürger orientiert; aber auch die enge Zusammenarbeit
zwischen den Alpenhauptstädten Bozen und Innsbruck, die sich von ihrer geografischen und klimatischen Lage
her ähnlich sind, die jedoch in rechtlicher Hinsicht unter-schiedlichen Regelwerken unterliegen. Darüber
hinaus fügt sich das Projekt in das von der Euregio getragene Konzept des Grünen Brenner Korridors ein,
wonach die Provinzen Bozen und Trient gemeinsam mit dem Bundesland Tirol zugunsten einer regionenübergreifenden
umweltgerechten Verkehrs- und Energiepolitik an einem Strang ziehen", resümiert Stephan Ortner, Direktor
der EURAC in Bozen.
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