EU-Ausschuss des Bundesrats plädiert für genaue Prüfung
des Projekts
Wien (pk) - Wie die EU irreguläre Zuwanderung in ihre Mitgliedstaaten bekämpfen will, diskutierte
der EU-Ausschuss des Bundesrats in seiner Sitzung vom 04.04. Einhellig sprachen sich die Ausschussmitglieder für
eine eingehende Bewertung der Verhältnismäßigkeit des vorgeschlagenen Maßnahmenpakets und
der dafür angenommenen Kosten aus. Ausschussobmann Edgar Mayer (V/V) unterstrich in diesem Zusammenhang, dass
die vorliegenden Legislativakte erst im Februar von der Kommission beschlossen worden sind, die Verhandlungen im
Rat darüber also erst am Anfang stünden.
Harmonisierung der Datenerfassung von Reisenden aus Drittstaaten
Ein- und Ausreisedaten von Drittstaatenangehörigen, die eine EU-Außengrenze überschreiten, sollen
künftig elektronisch erfasst werden, geht es nach dem Kommissionsplan für einen integrierten Grenzschutz
des Unions- bzw. Schengenraumes (Änderung des Schengener Grenzkodex COM(2013) 96 final). Ein zentralisiertes
Einreise-/Ausreisesystem (Entry-/Exit System - EES) sowie ein Registrierungsprogramm für Reisende (Registered
Traveller Programme - RTP) werden zur zuverlässigen Überwachen der Reisebewegungen von Drittstaatenangehörigen
vorgeschlagen. Das bisher übliche Abstempeln der Reisedokumente durch die Grenzbehörden würde damit
wegfallen.
Mit strengeren Kontrollen an den Grenzen der EU, bei denen mittels EES Ort sowie Zeitpunkt der Ein- und Ausreise
von Drittstaatenangehörigen festgehalten werden, plant die Kommission, koordinierter gegen illegale Zuwanderung
vorzugehen und Migrationsströme besser zu steuern. Die Aufenthaltsdauer von Personen, die keine Aufenthaltsbewilligung
im Hoheitsgebiet der EU-Mitgliedstaaten haben bzw. deren Aufenthaltsrecht im Schengenraum abgelaufen ist, etwa
auf Grund eines veralteten Kurzzeitvisums, will die EU so nachvollziehbarer machen. Sogenannte "Visa-Overstayer",
die sich trotz Ablauf ihres Visums nach 90 Tagen illegal im Schengenraum aufhalten, könnten mit dem neuen
Kontrollsystem EES leichter identifiziert werden, erklärte ein Experte des Innenministeriums (BMI) dem Ausschuss.
Dazu ist im Verordnungsvorschlag zum EES eine einheitliche Identitätserfassung von betroffenen Reisenden mit
alphanumerischen Daten und Fingerabdrücken vorgesehen (COM(2013) 95 final).
Überschießende Maßnahmen oder notwendige Sicherheitsvorkehrungen?
In dem Kommissionspapier wird darauf hingewiesen, dass zwar die Abnahme von Fingerabdrücken einen Eingriff
in die Privatsphäre der Reisenden darstelle, doch dass dies angesichts des Mangels an Ausweispapieren bei
vielen irregulären MigrantInnen gerechtfertigt sei. Außerdem werde damit der Abgleich von Ein- und Ausreisedaten
legaler Reisender zuverlässiger. Laut Verordnungsentwurf sollen Grenz-, Visa- und Einwanderungsbehörden,
nicht aber Strafverfolgungsbehörden auf das System zugreifen können. Die Abnahme von Fingerabdrücken
sei jetzt bereits für die Ausstellung von Visa gut funktionierende Praxis, antwortete der BMI-Experte auf
die Befürchtung von Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (G/N), Reisende aus Drittstaaten würden dadurch
generell als "potentielle Verbrecher" behandelt.
Ausnahmen dieser umfassenden Kontrolle werden für Drittstaatenangehörige geltend gemacht, die häufig
EU-Außengrenzen queren (COM(2013) 97 final). Diese Personen können sich als Vielreisende im RTP registrieren
lassen. Bei Bewilligung der Registrierung erhalten sie einen "Token", der mit einer persönlichen
Kennnummer den jeweiligen Grenz- und Visabehörden Zugang zu den im Zentralregister gespeicherten Daten der/s
Reisenden gibt, und mit dem eine raschere Abwicklung über automatisierte Grenzkontrollanlagen ermöglicht
wird.
1,1 Mrd. € sind im aktuellen Vorschlag der Kommission zum Mehrjährigen Finanzrahmen 2014-2020 für die
Entwicklung des EES und des RTP eingeplant, wobei auch nationale Entwicklungskosten für entsprechende Systemkomponenten
an EU-Außengrenzen von der EU unterstützt werden. Die Folgekosten des Systembetriebs hätten der
Kommission zufolge die Nationalstaaten zu tragen, 50% der Mittel für nationale Grenzsicherungsprogramme seien
dafür zu veranschlagen.
Das Ziel, durch bessere Verwaltung der EU-Außengrenzen für mehr Sicherheit in der Union zu sorgen, sei
zwar zu befürworten, allerdings müsse angesichts des hohen Kostenaufwands der Mehrwert des von der Kommission
vorgeschlagenen Projekts hinterfragt werden, meldeten die MandatarInnen Edgar Mayer (V/V) und Monika Mühlwerth
(F/W) ihre Bedenken an. Mühlwerth warnte zudem vor der Schaffung eines europäischen Überwachungsstaats
durch die vorgeschlagenen Kontrollmechanismen und bezweifelte, dass diese als Maßnahmen gegen illegale Einwanderung
ausreichen würden. Bundesrat Stefan Schennach (S/W) sprach sich ebenfalls dezidiert gegen ein "Big Brother
Europe" aus, denn in seinen Augen sollten Reisen in die EU erleichtert werden. Bei den Kontrollen müssten
Kosten und Effizienz die Balance halten, letztlich gehe es im Sinne Europas um verstärkten Austausch von Wissen
und Wirtschaftsinteressen, betonte der SPÖ-Mandatar
|