Neue Lehrerausbildung schafft modernen Rahmen und mehr Qualität
Gesetzesentwurf zur "Pädagog/innenbildung NEU" geht in Begutachtung
- Unabhängige Qualitätsüberprüfung und Aufnahmeverfahren als wesentlichste Eckpunkte
Wien (bmwf)) - "Mit diesem Gemeinschaftsprojekt schaffen wir einen modernen Rahmen und mehr Qualität
für die Ausbildung unserer Pädagogen. Unsere Lehrerinnen und Lehrer werden in Zukunft einerseits am Puls
der Wissenschaft, andererseits mit einer klaren Professionalisierung ausgebildet. Klare, internationale und nachvollziehbare
Qualitätskriterien sorgen für eine deutliche Niveausteigerung", so Wissenschafts- und Forschungsminister
Dr. Karlheinz Töchterle bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Unterrichtsministerin Dr. Claudia Schmied
zum Begutachtungsentwurf der "Pädagog/innenbildung NEU". Erstmals wird es Zugangsregelungen und
Aufnahmekriterien für Lehramtsstudien geben, bisher war das nur an den Pädagogischen Hochschulen möglich.
"Wir wollen die besten Lehrerinnen und Lehrer, die sich bewusst für diesen wichtigen und anspruchsvollen
Beruf entscheiden. Gleichzeitig machen wir das System für Quereinsteiger und Lehrkräfte aus dem Ausland
attraktiver", so Minister Töchterle.
Lehrer werden ein Bachelor-Studium im Ausmaß von 240 EC, im Anschluss daran eine ein- bis zweijährigen
Induktion (abhängig ob berufsbegleitend oder Vollzeit) und einen Master im Umfang von mindestens 60 EC-Punkten
absolvieren, für die Sekundarstufe muss dieser Master in Kooperation mit einer Universität absolviert
werden. Erst nachdem diese Trias erfolgreich abgeschlossen ist, kann man als vollwertiger Lehrer arbeiten. "Wir
erhalten die bewährten Ausbildungswege an Unis und PHs, gleichzeitig aber erhöhen wir den Stellenwert
der Wissenschaft. Künftig wird jeder Lehrer der Sekundarstufe auch eine universitäre Ausbildung durchlaufen",
so Minister Töchterle.
Ebenfalls neu installiert wird ein Qualitätssicherungsrat für Pädagoginnen- und Pädagogenbildung,
der die Qualität und Praxistauglichkeit der Curricula von Universitäten und erstmals auch von Pädagogischen
Hochschulen nach internationalen Kriterien und unabhängig von politischer Einflussnahme kontrollieren wird.
Dieses Gremium stellt sicher, dass die Studierenden am Ende ihres Studiums auch über die für den Lehrberuf
notwendigen Kompetenzen verfügen. "Gerade für die Pädagogischen Hochschulen ist das ein großer
Schritt, eine unabhängige Qualitätssicherung ihrer Ausbildung gab es bis dato nicht. Es ist klar festgelegt,
dass dieser Rat unabhängig besetzt und frei von politischen Weisungen agieren wird. Er wird aber nicht in
die Autonomie der Universitäten eingreifen", hält Bundesminister Töchterle fest. Der Rat wird
aus sechs Mitgliedern bestehen und seinen Vorsitzenden eigenständig aus seiner Mitte wählen.
Nach dem Ende der vierwöchigen Begutachtungsfrist und der parlamentarischen Beschlussfassung werden die Universitäten
und Pädagogischen Hochschulen ihre Curricula an die neuen Rahmenbedingungen anpassen, die ersten Studierenden
können voraussichtlich im Wintersemester 2014 ihr Studium an einer Universität beginnen.
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Eines der zentralen bildungspolitischen Projekte der Bundesregierung ist die „Pädagog/innenbildung NEU“,
die die Aus- und Weiterbildung aller Personen umfasst, die in pädagogischen Berufen tätig sein wollen
beziehungsweise sind. Die neue Ausbildung soll mit den nun in Begutachtung gehenden Gesetzesentwürfen den
neuen Anforderungen an den Lehrberuf durch aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und Rahmenbedingungen Rechnung
tragen. Ziel ist es, bestehende Kompetenzen zu nutzen, die Qualität zu erhöhen und die Durchlässigkeit
unterschiedlicher Ausbildungswege zu gewährleisten.
Die Ziele
- Qualitätssteigerung: Die "Pädagog/innenbildung NEU" erhöht
das Ausbildungsniveau durch mehr wissenschaftlich fundierte Theorie und Praxis in der Lehrerausbildung.
- Qualitätssicherung: Erstmals wird die Qualität der Curricula von Pädagogischen
Hochschulen und Universitäten durch einen unabhängigen Qualitätssicherungsrat gewährleistet.
- Kompetenzorientierung: Die neue Ausbildung entspricht den heutigen Anforderungen
an den Lehrberuf
- Mobilität und Internationalisierung: Die neue Ausbildung entspricht der
Bologna-Struktur (Bachelor-Master-PhD).
- Durchlässigkeit: Die neue Ausbildung ermöglicht Weiterqualifizierungen
und ist zwischen Pädagogischen Hochschulen und Universitäten abgestimmt.
- Steigerung der Attraktivität: Der Umstieg auf das Bologna-System macht den
Lehrberuf für Quereinsteiger leichter zugänglich und attraktiver.
- Gleichwertigkeit: Durch die gemeinsame Qualitätssicherung und Kooperationen
zwischen Pädagogischen Hochschulen und Universitäten werden Lehrerinnen und Lehrer über eine gemeinsame
gleichwertige Ausbildung verfügen.
Kompetenzorientierung ist Kernpunkt
Die Studien werden folgende Kompetenzen vermitteln:
- Allgemeine und spezielle pädagogische Kompetenzen (z.B. Vermittlungs- und
Förderkompetenz, Diagnosekompetenz, Kompetenz für differenzierten und individualisierten Unterricht).
- Fachliche und didaktische Kompetenz (z.B. Kenntnisse der fachrelevanten Wissenschaften,
fachbezogene Diagnose- und Förderkompetenz).
- Inklusive und interkulturelle Kompetenz (z.B. Kompetenz im Umgang mit der Vielfalt
der Lernenden, kulturelle Kompetenz).
- Soziale Kompetenz im Umgang mit internen und externen Partnern (z.B. Teamfähigkeit,
Konfliktlösungskompetenz).
- Beratungskompetenz (z.B. Gesprächsführungskompetenz, kooperative Haltung)
- Professionalitätsverständnis (z.B. Reflexion des Rollenverständnisses,
Diskursfähigkeit, Kollegialität, Differenzfähigkeit, Bereitschaft zur Weiterbildung).
Der Prozess der Konzeptentwicklung
In einem breiten Entwicklungsprozess mit allen Beteiligten, Expertinnen und Experten (u.a. Pädagogische Hochschulen,
Universitäten, Lehrerinnen und Lehrern, Länder u.v.a.) haben das BMUKK und das BMWF ein zukunftsorientiertes
Modell entwickelt.
Die Arbeiten begannen im Jänner 2009 mit der Einsetzung einer Expertengruppe unter dem Vorsitz von Dr. Peter
Härtel. Diese Gruppe präsentierte am 26. März 2010 einen Endbericht, der sich mit den wesentlichen
Eckpunkten zur Neugestaltung der Aus-, Fort- und Weiterbildung aller pädagogischen Berufe befasste.
Dazu gab es rund 50 Gesprächsrunden mit Interessensvertretungen und Beteiligten. Bis Jahresende 2010 gab es
vier "Stakeholderkonferenzen" zum Thema “Pädagog/innenbildung NEU“ in Linz, Wien, Graz und Innsbruck.
Deren Ergebnisse waren die Grundlage der Arbeit einer Vorbereitungsgruppe unter der Leitung von Univ.-Doz. Mag.
Dr. Andreas Schnider (Vorsitz) und Univ.-Prof. Mag. Dr. Roland Fischer (Stv. Vorsitz). Diese Gruppe präsentierte
am 28. Juni 2011 ihren Entwurf für die Umsetzung der „Pädagog/innenbildung NEU“ mit folgenden Grundlagen:
Struktur der Ausbildung, Eckpunkte für Curricula, Anforderungen an die Institutionen und Entwicklungsrat für
„Pädagog/innenbildung NEU“.
Im Februar 2012 nominierten BM Dr. Claudia Schmied und BM Dr. Karlheinz Töchterle einen gemeinsamen Entwicklungsrat
unter dem Vorsitz von Dr. Andreas Schnider. In mehr als hundert intensiven Gesprächen haben diese in Abstimmung
mit den Beteiligten Empfehlungen für die gesetzliche Umsetzung der Ausbildung und die professionellen Kompetenzen
für die künftigen Pädagoginnen und Pädagogen erarbeitet.
Am 9. November 2012 legten BMUKK und BMWF einen gemeinsamen Ministerratsvortrag zu den nächsten Umsetzungsschritten
vor, der nun in die Gesetzesentwürfe beider Ministerien zur „Pädagog/innenbildung NEU“ mündet. Die
Gesetzesentwürfe gehen nun in Begutachtung, sodass eine Beschlussfassung durch den Nationalrat noch in dieser
Legislaturperiode möglich ist.
Einheitliche Curricula mit Bachelor- und Master-Abschlüssen
Die Ausbildung zur Lehrerin/ zum Lehrer sieht folgende Eckpunkte vor:
- 4 Jahre (240 ECTS-Anrechnungspunkte) für das Bachelorstudium.
- 1-1,5 Jahre (60 bis 90 ETCS-Anrechnungspunkte) Masterstudium. Das Masterstudium
kann berufsbegleitend absolviert werden.
- Der Anteil für allgemeine bildungswissenschaftliche Grundlagen muss im Grundstudium
mindestens 60 ECTS-Anrechnungspunkte umfassen.
- Die 1-2 jährige Berufseinstiegsphase (Induktion) soll von erfahrenen Pädagoginnen
und Pädagogen als Mentorinnen und Mentoren begleitet werden. Während der Induktionsphase kann das Masterstudium
absolviert werden.
- Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern können fachliche und pädagogische
Kompetenzen angerechnet werden.
- Erstellt werden die Curricula an den Pädagogischen Hochschulen durch die
Studienkommission und an den Universitäten durch die Curricularkommissionen, die vom Senat eingesetzt werden.
- Das mehrstufige Eignungs- und Aufnahmeverfahren der Pädagogischen Hochschulen
bleibt bestehen. Mit der Umstellung auf die neue Ausbildung soll es nunmehr auch an den Universitäten ein
mehrstufiges Eignungs- und Aufnahmeverfahren geben.
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- Ausbildungsinstitutionen der PädagogInnenbildung NEU
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- Pädagogische Hochschulen und Universitäten kooperieren unter Achtung
ihrer bestehenden Kompetenzen in der „Pädagog/innenbildung NEU“ sehr eng.
- Die Ausbildung im Primarbereich (Volksschule) erfolgt wie bisher an den Pädagogischen
Hochschulen.
- Die Ausbildung im Sekundarbereich erfolgt wie bisher an Universitäten und
Pädagogischen Hochschulen, durch die Ausrichtung an gemeinsamen Rahmenvorgaben und Standards wird die wissenschaftliche
Komponente der Ausbildung an den Pädagogischen Hochschulen und die berufspraktische Komponente der Ausbildung
an den Universitäten gestärkt.
- Im Bereich der Allgemeinbildung ist für Pädagogische Hochschulen in
der Sekundarstufe (Master)eine verpflichtende Kooperation mit einer Universität vorgesehen.
- Die Qualifikation im Bereich der Berufsbildung erfolgt an den Pädagogischen
Hochschulen (Ausnahme: Wirtschaftspädagogik, Bodenkultur).
- Kooperationen zwischen Pädagogischen Hochschulen und Universitäten
sind immer erwünscht und jederzeit möglich.
Qualitätssicherungsrat garantiert internationale Qualitätsstandards
Die Qualitätssicherung wird auf ein höheres Niveau gehoben. Damit wird sichergestellt, dass die Ausbildung
den Berufsanforderungen entspricht und Studierende haben die Gewissheit, dass diese Abschlüsse vom künftigen
Dienstgeber anerkannt werden:
- BMUKK und BMWF nominieren jeweils 3 Mitglieder für eine fünfjährige
Periode für einen gemeinsamen Qualitätssicherungsrat. Die Mitglieder müssen Expertinnen und Experten
aus dem Bereich des nationalen bzw. internationalen Hochschulwesens sein, die über entsprechende Kenntnisse
des österreichischen Schulsystems verfügen. Der Rat verfasst eine Stellungnahme zu den Curricula hinsichtlich
der Abbildung der beruflichen Vorgaben (Kompetenzkatalog, Qualifikationsprofil, Anstellungserfordernisse). Die
Stellungnahme wird veröffentlicht.
- Der Qualitätssicherungsrat kann die AQ Austria (Agentur für Qualitätssicherung
und Akkreditierung Austria) oder andere international anerkannte Qualitätssicherungsagenturen mit der studienspezifischen
Prüfung der wissenschaftlichen und professionsorientierten Voraussetzungen für die Leistungserbringung
durch die einzelnen Pädagogischen Hochschulen beauftragen.
- Bei den Universitäten untersucht die AQ Austria im Rahmen der für Universitäten
regelmäßig verpflichtend vorgeschriebenen Audits die für das Lehramt an Schulen speziellen Strukturen
und Verfahren der Qualitätssicherung insbesondere zur Gewährleistung der wissenschaftlichen und professionsorientierten
Voraussetzungen für die Leistungserbringung.
Zeitplan für das weitere Prozedere:
Nach einer mehrwöchigen Begutachtungsphase, in der die Stellungnahmen aller Beteiligten behandelt werden,
und der parlamentarischen Beschlussfassung beginnen die Vorbereitungen an Universitäten und Pädagogischen
Hochschulen.
Die Umstellung der Curricula an den Universitäten wird von diesen im Rahmen der Autonomie umgesetzt. Die Umsetzung
an den Pädagogischen Hochschulen soll nach einem Stufenplan erfolgen.
Bereits 2013/14 sind Angebote für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger geplant, die ersten Ausbildungen
nach der neuen Studienarchitektur werden im Wintersemester 2014/15 beginnen können. Ab 2015/16 soll die Umstellung
der Bachelorstudien im Primarbereich, ab 2016/17 im Sekundarbereich erfolgt sein. Spätestens im Wintersemester
2019/20 beginnen die neuen Masterstudien.
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