Neue Regelungen zur Stromkennzeichnung beschlossen - Energiepaket schafft Basis für elektronischen
Anbieterwechsel und stärkt Konsumentenschutz - Maßnahmen gegen Energiearmut
Wien (bmwfj) - "Künftig wird der gesamte Strom, den österreichische Haushalte und Unternehmen
beziehen, einen verpflichtenden Nachweis der Herkunft haben. Jeder Verbraucher kennt dann den Strom-Mix seines
Erzeugers ganz genau und kann durch die verbesserte Transparenz eine Kaufentscheidung gegen Atomstrom treffen",
sagt Wirtschafts- und Energieminister Reinhold Mitterlehner anlässlich des Ministerratsbeschlusses der Novelle
zum Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) vom 03.04. "Wir setzen damit die Beschlüsse
des 3. Atomstromgipfels um und können unsere europäische Vorreiterrolle bei der Stromkennzeichnung weiter
ausbauen", so Mitterlehner.
Die vorliegende ElWOG-Novelle steht in kausalem Zusammenhang mit dem Energieeffizienzgesetz, weil sich die verpflichtete
Kennzeichnung und der effizientere Einsatz von Energie ideal ergänzen, um Atomstromimporte zu reduzieren.
Daher wurden diese Gesetze auch schon im Dezember als gemeinsames Paket in die Begutachtung verschickt.
Strom-Kennzeichnung und -Zertifizierung für mehr Transparenz
Laut Novelle muss der an österreichische Unternehmen gelieferte Strom ab 2015 gänzlich gekennzeichnet
sein. Diese Übergangsfrist ergibt sich aus bestehenden, teils langlaufenden Verträgen, die Unternehmen
mit Lieferanten abgeschlossen haben. Auch der Stromeinsatz bei Pumpspeicher-Kraftwerken, der in weiterer Folge
über die Stromerzeugung aus dem in die Speicher gepumptem Wasser ja ebenfalls zu Endverbrauchern geliefert
wird, muss gekennzeichnet werden. Pumpverluste werden dabei analog zu Leitungsverlusten von der Stromkennzeichnungspflicht
ausgenommen, da diese Mengen verloren gehen und demgemäß nicht an Endverbrauchern geliefert werden können.
Maßgeblich für die verpflichtende Stromkennzeichnung darf aus unionsrechtlichen Gründen ausschließlich
der an den Endverbraucher gelieferte Strom-Mix sein.
"Künftig ist klargestellt, dass es von der Erzeugung bis zum Verbrauch ein einheitliches und transparentes
System gibt. Es besteht auch nicht die Gefahr, dass die Durchleitung von Strom und somit die Rolle Österreichs
als Energiedrehscheibe gefährdet wird", sagt Mitterlehner. Voraussetzung für den Beschluss der Novelle
im Parlament ist der Abschluss eines entsprechenden Notifizierungsverfahrens bei der EU-Kommission in Brüssel.
Zusätzlich zur Stromkennzeichnung, die die Lieferung an Verbraucher betrifft, wird in der ElWOG-Novelle die
verpflichtende Zertifizierung von Strom aus österreichischen Kraftwerken, insbesondere aus industrieller Eigenproduktion,
geregelt. Anlagen mit einer Engpassleistung von mehr als 100 Kilowatt, die in das öffentliche Netz einspeisen,
sollen diesen künftig zertifizieren müssen. "Damit vermeiden wir, dass als ´Strom unbekannter
Herkunft´ eingespeister Strom aus Österreich aus statistischen Gründen anteilig zu rund 30 Prozent
als Atomstrom angegeben wird. Das reduziert wiederum den Anteil von Graustrom im österreichischen Netz um
etwa die Hälfte", so Mitterlehner. In Österreich ist der Anteil des Graustroms seit Jahren rückläufig.
Er betrug im Jahr 2009 9,3 TWh, 2010 8,1 TWh und 2011 rund 7,7 TWh.
Gesetz ermöglicht Online-Anbieterwechsel bei Strom und Gas
Mit dem im Ministerat beschlossenen Energiepaket werden auch die Rechte der Kunden gegenüber den Energieversorgern
beim Lieferantenwechsel und bei Zahlungsrückständen gestärkt, weil die Wechselraten von Haushalten
in Österreich vergleichswiese niedrig sind. Das soll mit dem in Zukunft möglichen Online-Anbieterwechsel
und einer erweiterten Wechselplattform verbessert und erleichtert werden. Beispielsweise müssen Lieferanten
zukünftig konsumentenfreundliche Vorkehrungen zur Authentifizierung des Kunden wie zum Beispiel Bürgerkarte,
Angabe der Nummer des Reisepasses oder Führerscheins treffen. Das Sparpotenzial beim Wechsel vom regionalen
Standardanbieter zum günstigsten Anbieter von Strom und Gas variiert im Lauf des Jahres und lag im März
je nach Region zwischen 157 Euro in Tirol und bis zu 400 Euro pro Jahr in Linz.
Spezielle Maßnahmen gegen Energiearmut
Schon bisher konnten Kunden, die nach zweimaliger Mahnung noch immer im Rückstand sind, weiterhin Strom
und Gas beziehen, wenn sie sich auf ihr Recht auf Grundversorgung durch den Energielieferanten berufen. Kamen sie
jedoch auch im System der Grundversorgung in Zahlungsrückstand, drohte bislang die Abschaltung. Nach Beschluss
des neuen Gesetzes haben diese Kunden selbst dann, wenn sie im System der Grundversorgung abermals in Rückstand
geraten sind, das ausdrückliche Recht, Strom und Gas zu beziehen, wenn sie Vorauszahlungen leisten. Diese
werden mit einem Prepayment-Zähler abgerechnet. Grundsätzlich sind die Energielieferanten künftig
verpflichtet, für die Festlegung der Ratenzahlungen möglichst konkrete Verbrauchsschätzungen zu
machen, damit nicht ungerechtfertigte "Zahlungspolster" angelegt werden können.
Das neue dreistufige Verfahren soll der Energiearmut noch stärker als bisher entgegen wirken und Strom- und
Gasabschaltungen weitestgehend vermeiden.
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