Spezialforschungsbereich der Uni Graz lotet die Grenzen der Physik aus
Graz (universität) - Einzelne Lichtteilchen einfangen, transportieren und mit Nanostrukturen wechselwirken
lassen: Wo die physikalische Wissenschaft noch bis vor kurzem ihre Grenzen erreicht hatte, setzt ein mit März
2013 gestarteter Spezialforschungsbereich, kurz SFB, des österreichischen Wissenschaftsfonds FWF an: „Next
Lite“ untersucht erstmals die Wechselwirkung von Materie und Licht auf den kürzesten aller räumlichen
und zeitlichen Skalen – für PhysikerInnen ist das teilweise absolutes Neuland. Seitens der Karl-Franzens-Universität
Graz sind zwei Arbeitsgruppen am Verbund „Next Lite“ beteiligt.
Ao.Univ.-Prof. Dr. Ulrich Hohenester und Univ.-Prof. Dr. Joachim Krenn vom Institut für Physik der Uni Graz
erklären die winzigen Dimensionen, in denen sich ihre Forschungen bewegen – der Begriff „Nanoskala“ reicht
hier nämlich längst nicht mehr aus: „‘Nano‘ bedeutet ein Milliardstel, und die Strukturen, die wir untersuchen,
sind wenige Nanometer groß. Das entspricht der Länge von einigen aneinandergereihten Atomen. Auf der
Zeitskala aber wären das 10-9 Sekunden. Wir beobachten mittlerweile Prozesse, die sich in Femto- und Attosekunden
abspielen, also in 10-15 und 10-18 Sekunden“. Der volle Titel des SFB – „Next Generation Light Synthesis and Interaction“
– verrät das Ziel der gemeinsam mit der TU Wien durchgeführten Experimente und Simulationen: „Es geht
um die Erforschung einer neuen Generation von Lichtquellen und die gezielte Manipulation von einzelnen Lichtteilchen,
den Photonen. Wenn wir verstehen, wie Licht mit Nanostrukturen auf dieser grundlegenden Ebene wechselwirkt, können
diese Erkenntnisse enorme Auswirkungen auf verschiedenste, anwendungsorientierte Gebiete des Alltags haben, wie
etwa die Sensorik, Photovoltaik oder Medizintechnik“, unterstreichen Krenn und Hohenester.
Zunächst stehen die Wissenschafter aber vor der Herausforderung, einzelne Photonen und Nanostrukturen miteinander
in Verbindung zu bringen. Dabei spielen sogenannte Oberflächenplasmonen, also kollektive Anregungen von freien
Elektronen in Metallen, eine wesentliche Rolle: „Elektronen beginnen zu schwingen, wenn sie mit Licht in Kontakt
treten. Dieser Effekt, auch Resonanz genannt, erlaubt es uns, das Licht quasi zu fangen und einzusperren. Weil
es nicht mehr entwischen kann, wird eine stärkere und häufigere Wechselwirkung mit der Materie, also
den Nanostrukturen, möglich“, erklären Krenn und Hohenester. Das Ergebnis könnte sich zum Beispiel
in sehr viel effektiveren Solarzellen widerspiegeln.
Weil Oberflächenplasmonen zudem extrem sensibel auf ihre Umgebung reagieren, sind sie gute Detektoren und
könnten zum Beispiel bei hochpräzisen Biosensoren zum Einsatz kommen: „Diese Geräte messen sehr
geringe Molekülmengen, zum Beispiel Proteine, extrem exakt“, so Krenn. So könnten bereits kleinste Veränderungen
im Gewebe wahrgenommen werden, was völlig neue Möglichkeiten in der Früherkennung von beispielsweise
Krebs eröffnen würde.
Die Lichtforschung auf dem nächsten Level ist in den universitätsweiten Forschungsschwerpunkt „Modelle
und Simulation“ der Karl-Franzens-Universität Graz eingebunden.
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