Krankenkassen
haben Finanzziele wieder übererfüllt
Sanierung der Kassen ohne Leistungskürzungen oder zusätzliche Selbstbehalte für
die Patienten gelungen
Wien (sk) - Der Sanierungsplan für die österreichischen Krankenkassen greift weiterhin: Sie haben in
den vergangenen vier Jahren um 946 Millionen Euro mehr hereingebracht als gefordert und die von Gesundheitsminister
Alois Stöger vorgegebenen Finanzziele damit deutlich übererfüllt. Ihre Schulden von fast zwei Milliarden
Euro sind damit fast abgebaut, während die Leistungen für Patienten gleichzeitig erweitert wurden.
Für den Zeitraum von 2010 bis 2013 wurden den Kassen Kostendämpfungen von insgesamt 1,725 Milliarden
Euro auferlegt. Nach dem Monitoringbericht des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger werden sie aber
insgesamt fast 2,7 Milliarden Euro einsparen. Gesundheitsminister Alois Stöger betont, dass die Sanierung
der Kassen ohne Leistungskürzungen oder zusätzliche Selbstbehalte für die Patienten gelungen ist:
„Im Gegenteil: Es wurden Leistungen – wie das Krankengeld für Selbstständige, die Krankenversicherung
für Bezieher der Mindestsicherung oder das Angebot an günstigeren Zahnleistungen durch die Kassenambulatorien
– ausgebaut.
Mit Erreichen der Finanzziele erhalten die Kassen Mittel aus dem Strukturfonds, 2010 waren das 100 Millionen, 2011
bis 2015 je 40 Millionen Euro. Nur die Wiener Gebietskrankenkasse hat noch Schulden von rund 150 bis 200 Millionen
Euro. Alle anderen Kassen sind bereits schuldenfrei. In Summe haben die Kassen fast zwei Milliarden Schulden abgebaut,
der Staat hat dazu 450 Millionen in drei Tranchen beigesteuert.
Die Kosten der Kassen werden auch weiterhin gedämpft werden können, indem durch die Gesundheitsreform
der niedergelassene und der ambulante Bereich besser zusammenarbeiten und doppelte Medikamentenverschreibungen
und Untersuchungen reduziert werden.
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Belakowitsch-Jenewein: Krankenkassen sind kein Sparverein
Überschüsse in Leistungen für Versicherte investieren
Wien (fpd) - "Dass die Krankenkassen ihre Schulden abbauen ist zwar positiv, der Überschuss von
knapp einer Milliarde Euro schießt jedoch deutlich über das Ziel hinaus", sagte die freiheitliche
Gesundheitssprecherin NAbg. Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein. "Die Krankenkassen sind kein Sparverein, denn
die eingezahlten Beiträge müssen den Versicherten zu Gute kommen."
Der Jubel über die "eingesparte" Milliarde sei daher unangebracht, sei diese doch mit massiven Leistungskürzungen
teuer erkauft worden, relativierte Belakowitsch-Jenewein Jubelmeldungen aus dem Gesundheitsministerium. Wie nicht
anders zu erwarten, seien die sogenannten "Einsparungen" auf dem Rücken der Patienten erfolgt, während
strukturell und organisatorisch genau gar nichts passiert sei, forderte Belakowitsch-Jenewein erneut die Zusammenlegung
der Sozialversicherungsträger.
Dass trotz fehlender Strukturreformen derartige Einsparungen erzielt werden haben können, zeige deutlich auf,
dass bei einer tatsächlichen Reform, die diesen Namen auch verdiene, ausreichend Geld im Gesundheitsbereich
vorhanden sei, so Belakowitsch-Jenewein. Es sei daher höchste Zeit diese schlummernden Potentiale zu nützen
und den Patienten so weitere Leistungskürzungen zu ersparen, forderte Belakowitsch-Jenewein.
Den Status Quo im Gesundheitswesen finanzierbar zu halten sei zwar notwendig, allerdings seien künftige Entwicklungen
dabei nicht abgedeckt, warnte Belakowitsch-Jenewein. "Die Medizin entwickelt sich erfreulicherweise rasant
weiter, was sich in neuen Medikamenten und neuen Therapien positiv auf die Patienten auswirkt. Allerdings sind
neue Behandlungsmethoden auch teurer, da die Entwicklungskosten finanziert werden müssen", sagte Belakowitsch-Jenewein,
die forderte den nun erzielten Überschuss von knapp einer Milliarde für genau diese Neuentwicklungen
einzusetzen.
"Die österreichischen Patienten zahlen pro Jahr Milliarden ins Gesundheitswesen ein und haben daher auch
ein Recht auf die für sie beste und modernste Behandlung", so Belakowitsch-Jenewein.
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Wechselberger: Kein vorbehaltloser Jubel
Ärztekammer sieht dringenden Investitionsbedarf bei Struktur und Leistungen
Wien (öäk) - Differenziert beurteilt die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK)
die Übererfüllung der Sparziele durch die Krankenkassen. ÖÄK-Präsident Artur Wechselberger
sieht darin keinen Grund zu vorbehaltlosem Jubel, sondern vielmehr einen Anlass, das Leistungsangebot der Krankenkassen
zeitgemäß zu verbessern. Darüber hinaus müsse dringend in den Ausbau der medizinischen Versorgung
im niedergelassenen Bereich - etwa in Gruppenpraxen zur Entlastung der Spitäler und ihrer Ambulanzen - investiert
werden.
"Es ist nicht die primäre Aufgabe der Krankenkassen zu sparen. Sie haben für eine soziale und solidarische
Absicherung sowie eine zeitgemäße Gesundheitsbetreuung der Bevölkerung zu sorgen", sagte der
Ärztepräsident am Montag in einer ersten Reaktion.
Vorrangig erscheint Wechselberger der rasche und konsequente Ausbau des Betreuungsangebotes durch niedergelassene
Ärztinnen und Ärzte. "Alle Welt spricht von der Dringlichkeit, die Spitalsambulanzen zu entlasten.
Doch funktioniert das in der Praxis nicht, so lange moderne Formen der Zusammenarbeit für Ärztinnen und
Ärzte verhindert werden." Die gegenwärtigen Möglichkeiten seien nicht zeitgemäß
und stark restriktiv, weshalb sie sich einer geringen Akzeptanz erfreuten.
Ein weiterer Reformpunkt ist für den Ärztepräsidenten die Umsetzung des Haus- und Vertrauensarztmodells
der Österreichischen Ärztekammer. "Auch das ist ein wichtiger Schritt, um den Zugang der Bevölkerung
zu medizinischen Leistungen zu vereinfachen und gleichzeitig das medizinische Angebot sinnvoll zu steuern",
sagte Wechselberger.
Einen Aufholbedarf ortet der ÖÄK-Präsident beim Leistungsangebot der Krankenkassen. Wechselberger:
"Zurzeit gibt es viele moderne und notwendige Positionen in Diagnose und Therapie, die Rationierungen unterworfen
sind." Dies reiche von Elementen der ärztlichen Zuwendung - dem ärztlichen Gespräch - bis zu
Leistungen zur Abklärung gefährlicher Risikofaktoren - etwa die 24-Stunden-Blutdruckmesseung, so Wechselberger
abschließend.
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