BM Schmied und alle Bildungssprecherinnen und Bildungssprecher einig: Polytechnische Schule
soll aufgewertet werden. Projektstart mit rund 10 Schulversuchen schon ab Herbst 2013.
Wien (bmukk) - Die Bildungssprecherinnen und Bildungssprecher aller Parlamentsfraktionen sowie Bildungsministerin
Dr. Claudia Schmied haben bei einem "Runden Tisch" eine Stärkung und Weiterentwicklung der Polytechnischen
Schule vereinbart, die der zentralen Brückenfunktion dieser Schulform gerecht wird. Die Polytechnische Schule
als Verbindung zwischen Abschluss der Pflichtschule und dem Einstieg in das Berufsleben bzw. als Vorbereitung für
eine weiterführende Schule wurde von allen Bildungssprecherinnen und Bildungssprecher als entscheidend für
Jugendliche erkannt.
Es herrscht parteiübergreifender Konsens, dass die Polytechnische Schule nicht abgeschafft, sondern gezielt
so weiter entwickelt und attraktiviert werden soll und dass damit Bildungssackgassen vermieden werden. Jugendlichen
soll ein bestmöglicher Einstieg von der Pflichtschule in die Berufsbildung bzw. in eine weiterführende
Schule gelingen. Gemeinsames Ziel aller Bildungssprecherinnen und Bildungssprecher sowie der Bildungsministerin
ist, dass durch dieses Schulentwicklungsprojekt ein wesentlicher Beitrag zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit
und von Schul- bzw. Ausbildungsabbruch geleistet wird.
Die Bedeutung der 255 Polytechnischen Schulen in Österreich mit 2.222 Lehrerinnen und Lehrer und 18.022 Schülerinnen
und Schüler (Schuljahr 2011/12), von denen 6.661 weiblich sind und 4.603 eine andere Erstsprache als Deutsch
angeben, für die weitere Ausbildung und die Jugendbeschäftigung ist hoch: Rund 82,5% der PTS- Schülerinnen
und Schüler haben zum Schulschluss entweder eine fixe oder zumindest gute Aussichten auf eine Lehrstelle,
7,5% der PTS- Schülerinnen und Schüler besuchen eine weiterführende Schule. Das heißt, dass
etwa 90% der PTS- Schülerinnen und Schüler am Ende dieser Schulstufe einen Ausbildungsplatz haben. Die
schon jetzt praktizierte gezielte Förderung nach Eignungen und Neigungen in den Polytechnischen Schulen macht
sich ebenfalls positiv bemerkbar: Mehr als 86% der Jugendlichen ergreifen bzw. bekommen ihren Lehrplatz in ihrem
Fachbereich, den sie auch an der PTS gewählt haben. Diese im internationalen Vergleich guten Werte sollen
nun durch das gemeinsame Schulentwicklungsprojekt aller Parlamentsfraktionen und des BMUKK für die Polytechnische
Schule weiter verbessert werden: "Wir wollen keinen Jugendlichen ohne Ausbildungsabschluss zurück lassen."
Ab dem Schuljahr 2013/14 soll in rund 10 Pilotschulen bundesweit und unter Einbeziehung der Pädagogischen
Hochschulen sowie der Schulaufsicht die Individualisierung und Modularisierung der Polytechnischen Schule erprobt
werden. Aufbauend auf diesen Erfahrungen, die wissenschaftlich evaluiert werden, sollen in der nächsten Legislaturperiode
die Lehrpläne neu verfasst, formale Möglichkeiten für Bildungsabschlüsse an den PTS geschaffen
und optional ein 2. Jahr Schulbesuch an den PTS für diejenigen, die es wollen und brauchen, ermöglicht
werden.
Neue Schwerpunkte sollen eine Individualisierung und eine Modularisierung in Vorbereitung auf die Berufsbildung
sein. Umgesetzt werden unter anderem die Schwerpunkte Berufsorientierung, Persönlichkeitsentwicklung, Soft
Skills, berufsbezogene vertiefende Kenntnisse und Spezialmodule wie EDV-Planzeichnen, Kreativität, Projektmanagement,
Design etc. Für die konkrete Umsetzung werden enge Kooperation der PTS mit der Wirtschaft, den Berufsschulen
und anderen Schultypen angestrebt.
Eines der Ziele der Reform ist es, dass jene rund 6 Prozent der Schülerinnen und Schüler in der Polytechnischen
Schule ohne positiven Abschluss einer NMS oder Hauptschule auch zertifizierte Abschlüsse erreichen können
- es soll die Möglichkeit geben, die vertiefte oder grundlegende Allgemeinbildung der Neuen Mittelschule zu
erreichen und dadurch Berechtigungen für weitere Bildungswege zu erwerben, wenn die entsprechenden Lehrplananforderungen
erfüllt sind.
Im Bereich der Allgemeinbildung sollen für jeden einzelnen Schüler und jede einzelne Schülerin jene
Kompetenzen gefördert werden, die auch als Module für weitere Bildungsschritte wie "Lehre mit Matura"
anerkannt werden und so eine konkrete Vorbereitung auf weitere Bildungsschritte darstellen, auch ist regionsspezifisch
eine Anbindung an die Berufsschulen angedacht.
In den nächsten Wochen werden jene Standorte ausgewählt und vorbereitet, an denen die Schulversuche starten.
Bildungsministerin Dr. Claudia Schmied erklärt dazu: "Diese Einigung ist richtungsweisend für
das Bildungswesen in Österreich. Wir schaffen mit der Aufwertung der Polytechnischen Schule attraktive Bildungswege
für die Jugendlichen an dem wichtigen Übergang zwischen der Pflichtschule und der Sekundarstufe II. Dies
ist ein weiterer Schritt, damit alle Jugendlichen zu fundierten Abschlüssen kommen und eine für sie passende
weitere Ausbildung bekommen."
SPÖ-Bildungssprecher Abg. z. NR Elmar Mayer begrüßt die Pläne für die Reform der
Polytechnischen Schule: "Ziel ist: Es darf keine Bildungssackgassen geben. Die geplanten Verbesserungen sind
ein wichtiger Beitrag dazu und helfen jungen Menschen bei der richtigen Wahl ihrer weiteren Ausbildung."
ÖVP-Bildungssprecherin Abg. z. NR Christine Marek betonte, dass "wir diesem Schulversuch sehr
aufgeschlossen gegenüber stehen, weil es höchst an der Zeit ist, eine Reform der Polytechnischen Schule
in Angriff zu nehmen. Schon heute wird dort hervorragende Arbeit geleistet, die jedoch viel zu wenig gewürdigt
wird". Man werde die Evaluierung des Schulversuches genau analysieren, ob mit der Modularisierung die Ziele
erreicht werden können. "Klar ist aber, dass es zu einem generellen Umdenken kommen muss. Polytechnische
Schulen sind keine Restschulen oder Sackgassen, sie müssen ein einzigartiges Profil bekommen, nämlich
die Berufsvorbereitung und die Verfestigung von Grundkompetenzen. Damit verbunden muss es auch zu einem gesellschaftlichen
Umdenken kommen, denn es macht weder schul- noch gesellschaftspolitisch Sinn, das 9. Schuljahr irgendwo "abzusitzen",
schon gar nicht in einer BMS oder BHS, wenn ohnehin keine weiterführende Schullaufbahn angestrebt wird. In
diesem Sinne muss man auch in den Schulstufen darunter ansetzen und die Berufs- und Bildungsberatung entsprechend
verstärken", so Marek.
FPÖ-Bildungssprecher Abg. z. NR Dr. Walter Rosenkranz stellt fest:
"In vielen Ländern wird das österreichische System der berufsbildenden Schulen als vorbildlich
angesehen. Die Polytechnischen Schulen sind ein Teil davon. Sie dürfen auch in Zukunft nicht in eine Sackgasse
führen, sondern sollen am Start einer erfolgreichen Berufslaufbahn stehen. Die verbesserte Polytechnische
Schule muss als Karriereschule für unsere Kinder erhalten bleiben und sie auf ein erfülltes Berufsleben
vorbereiten, denn gut ausgebildete Facharbeiter sind auch das Rückgrat unserer Wirtschaft."
Der Bildungssprecher der Grünen, Abg. z. NR Dr. Harald Walser erklärt: "Es kommt nun zu einer
Aufwertung dieses praxisnahen Schultyps zu einem auch international anerkannten Modell für die Schnittstelle
Schule und Beruf. Unser Motto "Kein Kind zurücklassen` bedeutet für uns Grüne in diesem Fall:
Für jede und jeden 15-Jährigen einen Schul- oder Ausbildungsplatz."
"Die 9. Schulstufe muss zu einem echten Berufsfindungsjahr für jene jungen Menschen werden, die anschließend
eine Lehre machen wollen. Österreichs Wirtschaft braucht nämlich bestausgebildete Lehrlinge, dazu bedarf
es aber auch einer reformierten Polytechnischen Schule mit einem nachweisbaren Bildungsabschluss. Daher ist dieser
Projektstart mit den zehn Schulversuchen zu begrüßen und es ist zu hoffen, dass danach rasch eine echte
Reform der Polytechnischen Schule angegangen wird", sagte die BZÖ-Bildungssprecherin Abg. z. NR Ursula
Haubner.
Abg. z. NR Stefan Markowitz, Bildungssprecher des Team Stronach, erklärt: "Mir geht es bei dieser
Reform, für die ich mich seit zwei Jahren für die jungen Menschen in unserem Land einsetze, um die Aufwertung
der Polytechnischen Schule insgesamt und die längst überfällige Namensänderung im Sinne eines
modernen Dienstleistungsunternehmens. Die Anpassung an moderne Erfordernisse mit einer Vielfalt an Lehrberufen
soll den jungen Menschen in einer unsicheren Lebensphase helfen, doch noch erfolgreich in einem Lehrberuf Fuß
zu fassen. Jeder einzelne junge Mensch ist ein Gewinn für die Wirtschaft und ich freue mich, dass wir in Zukunft
keine Schüler ohne Abschluss haben werden. Wichtig ist die Umsetzung bis September in den großen und
problematischen Ballungsräumen wie Wien oder Innsbruck und dass jetzt die Möglichkeit besteht, die Schulstufe
zu wiederholen, was bisher nicht gesetzlich geregelt war."
|