Wien (wifo) - Eine aktuelle WIFO-Studie untermauert die große Bedeutung von Patenten für die österreichische
Biotechnologiebranche. Bedenken, die vermehrte strategische Nutzung und die rasche Zunahme der Patentanmeldungen
könnten Patentierungs- und Forschungsaktivitäten in Österreich im Bereich der Biotechnologie und
Gentechnik beeinträchtigen, haben sich nicht bestätigt.
Wie eine Studie des WIFO zur Nutzung von Biotechnologie-Patenten in Österreich zeigt, spielen Patente bei
der Akquisition und Sicherung der Finanzierung sowie im Aufbau von Kooperationen mit anderen Unternehmen für
Österreichs Biotechnologie-Unternehmen eine bedeutende Rolle. Die Finanzierungsfunktion hat vor allem für
junge oder neu gegründete Unternehmen außerordentliches Gewicht: Deren Zugang zu Risikokapital und öffentlichen
Förderungen hängt maßgeblich davon ab, wieweit sie über geschützte oder schützbare
Erfindungen verfügen. Im Bereich der Forschung wirkt sich die vermehrte Patentierung von Forschungsergebnissen,
anders als oft befürchtet, nicht negativ auf die wissenschaftliche Produktivität der Forschungseinrichtungen
aus. Vielmehr melden wissenschaftlich produktivere Forschungseinrichtungen auch häufiger Patente an. Diese
Patentanmeldungen ergeben sich dabei zumeist aus Kooperationen mit Unternehmen.
Österreichs Biotechnologie-Unternehmen versuchen, ihre Erfindungen und Märkte durch die Gestaltung ihres
Patentportfolios sowie durch die Formulierung der Ansprüche in den Patenten breit zu schützen. Dies wird
aber aufgrund des raschen technischen Wandels im Bereich der Biotechnologie und Gentechnik immer schwieriger. In
der Biotechnologie bauen Erfindungen stark aufeinander auf. Ein zu weit reichender Erfindungsschutz kann dabei
höhere Kosten, etwa durch rechtliche Konflikte, zur Folge haben, aber auch bedeutende und volkswirtschaftlich
unerwünschte Einschränkungen der Verbreitung und Anwendung von neuen Erkenntnissen mit sich bringen.
Im Streitfall oder wenn eigene Erfindungen von der Nutzung fremder Patente abhängig sind, bevorzugen die meisten
Unternehmen außergerichtliche Regelungen. Häufig werden solche Abhängigkeiten durch wechselseitige
Lizenzierung gelöst. Die Unternehmen sind aber bestrebt, durch detaillierte Analysen des technologischen Umfeldes
Konflikte mit bestehenden Patentrechten bereits im Vorfeld zu vermeiden. Dadurch werden solche Probleme frühzeitig
abgefangen. Die Ergebnisse der Studie deuten auf Vorteile größerer Unternehmen im Management und der
Durchsetzung von Patentrechten hin.
Keine Hinweise gibt es auf eine maßgebliche Beeinträchtigung der Forschungstätigkeit von Unternehmen
oder Forschungseinrichtungen durch geschützte Forschungswerkzeuge (z. B. Antikörper, Zelllinien). Unternehmen
wie auch Forschungseinrichtungen prüfen häufig, ob eigene Forschungsvorhaben von geschützten Forschungswerkzeugen
abhängen. In den seltenen Fällen, in denen eine Abhängigkeit die Durchführung beeinträchtigt,
sind am ehesten Projektverzögerungen die Folge, kaum aber die Einstellung von Forschungsprojekten. Fallweise
versuchen Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die Abhängigkeit von Forschungswerkzeugen durch die Entwicklung
eigener Verfahren oder Technologien zu umgehen.
Die Studie "Die wirtschafts- und forschungspolitische Bedeutung der Umsetzung der Biopatentrichtlinie im österreichischen
Patentgesetz" basiert auf einer Befragung, die zwischen Oktober und Dezember 2011 durchgeführt wurde.
Die Bruttostichprobe umfasste mit 108 Unternehmen und 209 Forschungseinrichtungen annähernd die gesamte Population
der in der Biotechnologie tätigen Unternehmen und Forschungseinrichtungen in Österreich und erreichte
eine Rücklaufquote von 46%.
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