Bessere Pharmaprodukte aus lebenden Zellen:
Wien (tu) - Ein neues Christian Doppler Labor wird an der TU Wien eingerichtet: Biopharmazeutische Produktion
war bisher von Versuch und Irrtum abhängig, nun sollen die Prozesse auf solider wissenschaftlicher Basis untersucht
und verstanden werden. In der sogenannten "roten Biotechnologie" setzt man lebende Zellen für die
Herstellung von therapeutischen oder diagnostischen Pharmaproduckten ein. Dabei handelt es sich oft um sehr komplizierte
Moleküle, die sich nur mit Hilfe biotechnologischer Prozesse herstellen lassen. Bei der Entwicklung dieser
Prozesse war man bisher auf Versuch und Irrtum angewiesen, doch das soll sich nun ändern. Am 17. April wird
an der TU Wien ein vom Wirtschaftsministerium unterstütztes CD-Labor eröffnet, an dem in den nächsten
sieben Jahren ein mechanistisches und physiologisches Verständnis dieser Prozesse erarbeitet werden soll,
um sie in Zukunft schneller entwickeln und für die industrielle Produktion nutzen zu können.
Es funktioniert, und niemand weiß warum
Mit der Entwicklung neuer biotechnologischer Herstellungsverfahren, etwa für Antikörper oder rekombinante
Enzyme, ist immer großer Aufwand verbunden: Unzählige Versuchsreihen, zeitaufwändige Tests in Bioreaktoren,
Unmengen an gemessenen Daten gehören dazu.
"Man probiert viele unterschiedliche Varianten aus und misst, welcher Satz an Prozessparametern am erfolgreichsten
ist", erklärt Prof. Christoph Herwig. Danach weiß man zwar, wie der Herstellungsprozess funktioniert,
aber nicht warum. Christoph Herwig wird in den nächsten Jahren das "CD Labor für mechanistische
und physiologische Methoden für leistungsfähigere Bioprozesse" leiten, wo die heutigen Ansätze
des "Know-How" in der Biotechnologie durch das nötige "Know-Why" ergänzt werden sollen.
Das Problem der Skalierbarkeit "Die rote Biotechnologie bietet viele Chancen, doch viele Firmen haben in diesem
Bereich Schwierigkeiten, ihre Produkte zur Marktreife zu bringen", sagt Christoph Herwig. Wenn nur empirische
"Kochrezepte", nicht aber die zugrundeliegenden Mechanismen bekannt sind, erlebt man oft unangenehme
Überraschungen, wenn eine neu entdeckte Methode auf industrielle Größenordnungen hochskalieren
will: Was sich im kleinen Versuchsreaktor bewährt hat, lässt sich nicht unbedingt auf Industriemaßstäbe
anwenden. So entsteht oft großer finanzieller Schaden für Industrieunternehmen, da gesamte Produktionschargen
entsorgt werden müssen.
Biotechnologie ist wie Flugzeugbau
Untersucht werden im neuen CD-Labor der TU Wien ganz unterschiedliche biotechnologische Verfahren: Man forscht
an Bakterien und Hefe genauso wie an filamentösen Pilzen und sogar Säugetierzellen. "Wir wollen
einen breiten Bereich der Biotechnologie auf ein solides Fundament stellen" sagt Herwig. Er vergleicht dieses
Projekt mit dem Flugzeugbau: Die ersten Flugversuche hat man mit simplen Flugmaschinen unternommen, die durch simples
Ausprobieren verbessert wurden. Heute setzt man die Erkenntnisse der Ingenieurwissenschaften und die Gesetze der
Aerodynamik ganz bewusst und gezielt ein und erzielt von Anfang an bessere Ergebnisse. Auf ähnliche Weise,
so hofft Herwig, soll durch das Verstehen der grundlegenden physiologischen Prozesse bald auch die Biotechnologie
abheben und Erfolge bringen.
Wirtschaftsministerium unterstützt Christian Doppler Labors Mit finanzieller Unterstützung des Wirtschaftsministeriums
fördert die Christian Doppler Forschungsgesellschaft die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft durch
die Einrichtung von Christian Doppler Labors mit festen Laufzeiten. Derzeit sind an der TU Wien elf aktive Christian
Doppler Labors verankert - mehr als an jeder anderen Universität in Österreich. Die Feierliche Eröffnung
des neuen CD-Labors findet am 17. April um 14:00 im Radinger Hörsaal der TU Wien statt.
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