Marianne Maderna in der Landesgalerie für zeitgenössische Kunst KREMS von 09. Juni
bis 13. Oktober 2013
Krems (kunstnet) - Ab 9. Juni präsentiert ZEIT KUNST NIEDERÖSTERREICH in der Landesgalerie für
zeitgenössische Kunst KREMS in der Dominikanerkirche Krems, mit Marianne Maderna unter dem Titel HUMANIMALS
die zweite Einzelschau und setzt damit das 2012 erfolgreich lancierte Projekt für zeitgenössische Kunst
fort.
Die Multi-Media-Künstlerin Marianne Maderna präsentiert in der Dominikanerkirche Krems das Gleichnis
eines räumlich erlebbaren Weltentheaters. Tausende piktogrammartige Animationszeichnungen menschenähnlicher
und animalischer Lebewesen bevölkern als begehbare 3-D-Projektion und vielteilige skulpturale Installation
den Kirchenraum. Die sich im Raum live bewegenden HUMANIMALS kommunizieren dabei unmittelbar mit dem Publikum.
Dabei entwickeln sich verschiedene Handlungsabläufe aus den Grundmustern wechselnder sozialer Systeme, aus
Strukturen der Macht und aus dem Dialog der Geschlechter.
Im Zentrum von Marianne Madernas Werk steht die Auseinandersetzung mit dem Menschen und die Visualisierung seines
Inneren, seiner Gefühle, Emotionen und Stimmungen, die Maderna durch die analytische Beobachtung von Bewegungsabläufen
und Körperpositionen aufzuspüren versucht. Schon sehr früh, im Alter von vier Jahren, beschäftigt
sich die Künstlerin mit aus Papier geformten Menschen und Tieren, die sie in ausgeschnittene Bahnen eines
Schachteldeckels steckt, um sie hin- und herzuschieben. „Das war für mich eine Art Lebensspiel, ohne Gewinner
und Verlierer“, so Marianne Maderna.
So wie dem Maler die Vielfalt der Farbpalette zur Verfügung steht, bedient sich Marianne Maderna einer Bandbreite
von erfundenen Gestalten und ihrer Handlungen, mittels derer sie das Gesehene in eine kürzelhafte Formensprache
bringt. Diese erfundenen Gestalten sind auch Ausgangspunkt für ihre 3-D-Animationen und für die Gestaltung
ihrer haptischen Installationen. Stets bleibt dabei das Vokabular erweiter- und erneuerbar. Auf diese Weise umgeht
sie das durch Wiederholung entstehende Moment des Perfektionismus und der Gewohnheit und betritt so immer wieder
Neuland.
Ihre Figuren sind einerseits sehr schematisiert, weisen andererseits aber als Protagonisten eines speziellen Typs
auch individuelle Merkmale auf. „Ich gehe meist von realen Situationen aus, von dem, was rund um mich herum passiert:
zum Beispiel von Menschen, die im öffentlichen Raum in Lumpen am Boden liegen, sich krümmen, warten,
etwas abwarten. Durch die zeichnerische Reduktion ihrer Körper auf Umrisslinien entstehen Kürzel, die
auf psychische und physische Zustandsbedingtheiten verweisen. Das Zusammensinken kommt einem Rückzug gleich,
die Deformierung einer Devolution, einer Rückentwicklung. Dabei sollte sich der selbstbewusste Mensch doch
eigentlich aufrichten, um dem vermeintlichen Gott als Individuum mit freiem Willen gegenüberzutreten, was
sich programmatisch bereits in der Gotik angekündigt hat. Diese Idee habe ich bei meiner Installation in der
Dominikanerkirche insofern aufgegriffen, als dass ich die ‚Götter’ durch eine Gruppe von teilweise kopflosen
‚Mächtigen’ ersetzt habe, die durch ihre herrische Körperhaltung keinen Zweifel aufkommen lassen, wer
die sogenannte Ordnung vorgibt“, so Marianne Maderna über ihre künstlerische Herangehensweise.
HUMANIMALS bevölkern die Dominikanerkirche Krems
In der Installation HUMANIMALS für die Landesgalerie für zeitgenössische Kunst KREMS in der
Dominikanerkirche Krems verbindet Marianne Maderna Skulptur, Zeichnung und Film zu einer Art Gesamtkunstwerk. Im
verdunkelten, punktuell mit Schwarzlicht beleuchteten Kirchenraum begegnen sich Mischwesen – teils Mensch, teils
Tier (HUMANIMALS) –, deren wichtigstes Merkmal ihre Wandlungsfähigkeit ist. Scheinbar schwerelos und nur durch
fluoreszierende Umrisslinien definiert, bevölkern sie einerseits in Form von tausenden, an Piktogramme erinnernde
Drahtfiguren die Apsis oder durchlaufen andererseits als virtuelle Protagonisten einer 3-D-Animation die kühnsten
Metamorphosen. Was sich den BesucherInnen darbietet, ist ein physisch erlebbares Welttheater, das unter den Vorzeichen
von Macht und Hierarchie das menschliche Sein sinnbildhaft vor Augen führt.
Dabei ruft die Figuren-Installation, die sich in der Apsis über die gesamte Raumhöhe erstreckt, Assoziationen
mit Darstellungen des Jüngsten Gerichts hervor. Allerdings entscheidet hier nicht ein göttlicher Richter
über Erlösung und Verdammnis sondern eine kleine Gruppe, die sich für allmächtig und unfehlbar
hält. Es sind die „Big Rulers“, die in aufrechter Haltung, mit den Händen in den Hosentaschen dafür
sorgen, dass die anderen möglichst devot bleiben. Ihr Widerpart sind die kleinen nimmermüden Kämpferinnen,
die sich in ständig wandelnder Gestalt bemühen die althergebrachte Ordnung zu unterminieren. Trotz solcher
narrativen Elemente und einer grundlegenden Dramaturgie geht es der Künstlerin nicht um eine nachvollziehbare
Geschichte, sondern vielmehr um ein mehrdeutiges System skulpturaler Chiffren, das allgemeine Mechanismen von Evolution
veranschaulichen und zu eigenen Überlegungen Anstoß geben soll.
Ähnlich verhält es sich bei der 3-D-Animation, die im Langhaus projiziert wird und mittels Polarisationsbrillen
für eine haptische, „begehbare“ Illusion sorgt. Ausgehend von unzähligen Handzeichnungen, die in weiterer
Folge computeranimiert und mit selbst kreierten Sounds unterlegt wurden, hat Marianne Maderna ihre HUMANIMALS als
stereoskopische Projektion erfahrbar gemacht. Die Gesamtdauer von ca. 40 Minuten ist, beginnend mit Wortkonglomeraten,
die auf inhaltliche Bezüge verweisen, in mehrere szenische Abläufe gegliedert, welche die einzelnen Charaktere
der HUMANIMALS, ihre Mutanten und Alienationen vorstellen. So werden die BesucherInnen etwa mit bildschirmverwachsenen
Freaks, mit den Orgien der Adipösen oder der Zeugung der Gedemütigten konfrontiert, wobei einzelne Akteure
immer wieder aus der Raumbühne hervorzutreten und direkt auf ihr Publikum zuzugehen scheinen, so dass es an
dem Prozess des Werdens und Vergehens unmittelbar Anteil nehmen kann.
Zu der von Alexandra Schantl kuratierten Ausstellung HUMANIMALS erscheint eine Publikation, die das künstlerische
Werk von Marianne Maderna umfassend illustriert und dokumentiert.
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