Konjunkturaufschwung – zwischen Hoffen und Bangen

 

erstellt am
18. 04. 13
14.00 MEZ

Wien (rzb) - Viele offizielle Institute (EU-Kommission, EZB, etc.) sowie Analysehäuser legen ihren Wirtschaftsprognosen für die Eurozone die Annahme zugrunde, dass die Rezession im vierten Quartal 2012 ihren Tiefpunkt (stärksten Rückfall des BIP im Vergleich zum Vorquartal) erreicht hat. Weiters gehen - so wie wir - die meisten von einer Wirtschaftserholung im Laufe des Jahres aus. In der vorliegenden Ausgabe des Fokus Eurozone bieten wir einen Überblick von aussagekräftigen Konjunkturumfragen, um die geltende "Arbeitshypothese" Stabilisierung in 2013 Aufschwung in 2014 zu überprüfen. Um ein detailliertes Bild zu erhalten, stellen wir dabei die Entwicklungen in den einzelnen Euroländern vor.

Die Hoffnungen auf eine Stabilisierung der Konjunktur wurden zuletzt erheblich gedämpft. Stimmungsindikatoren für die gesamte Eurozone wie der Sentix und der ZEW Index, welche auf Umfragen unter Analysten und Investoren basieren und der zukünftigen Wirtschaftsentwicklung am weitesten vorauslaufen, haben sich seit Jahresbeginn wieder deutlich eingetrübt. Noch können sich diese Rückschläge als temporärer Hänger aufgrund der politischen Patt Situation in Italien sowie der eher turbulenten Hilfsaktion für Zypern erweisen.

Doch auch Umfragen, welche näher an der tatsächlichen Produktionsleistung konjunktursensibler Sektoren ansetzen, fielen seit Beginn des Jahres eher enttäuschend aus. Beispielsweise gingen die Umfragen unter Einkaufsmanagern (PMI) im Verarbeitenden Gewerbe insbesondere im März quer über alle Länder zurück. Die Indizes für Deutschland und die Niederlande hatten in den vorangegangen Monaten an der 50-Punkte Marke gekratzt bzw. diese im Falle von Irland bereits deutlich überschritten. Zuletzt fielen die Umfragen aber wieder unter diese wichtige Schwelle und liegen wie der Indexwert von Österreich zwischen 48 und 49 Punkte. Der Ausblick ist getrübt: Denn während das Auftrag-Lager Verhältnis in Deutschland noch kein Ende des Aufwärtstrends signalisiert, hat in den Niederlanden und in Irland bei selbiger Kennzahl zuletzt ein Abwärtstrend eingesetzt

In Spanien hat sich der über die 45-Punkte Marke gehende starke Anstieg im Februar als (noch) nicht nachhaltig erwiesen. Doch immerhin deutet das Auftrag-Lager Verhältnis ähnlich wie in Deutschland lediglich auf eine Verschnaufpause in der Aufwärtsbewegung hin. In Italien entwickelte sich der Gesamtindex in den letzten Monaten ähnlich und auch die nationale Umfrage zum Geschäftsklima (ISTAT) lässt zumindest auf keine weitere Verschlechterung der Dynamik schließen. Allerdings hinkt die Auftragslage in Italien jener in Spanien noch deutlich hinterher. Die im Auftrag-Lager Verhältnis für Italien zuletzt erkennbare Stabilisierung kam jedoch trotz der im Jänner und Februar einbrechenden Auftragskomponente zustande. Zudem weisen die Details für die Aufträge große Unterschiede aus. Die Gesamtaufträge liegen fast 10 (!) Indexpunkte unter den Exportaufträgen, welche sich schon knapp über der 50-Punkte Marke bewegen.

Von oben rasch den Umfragewerten Griechenlands angenähert hat sich Frankreich, wo die Schwächephase im Verarbeitenden Gewerbe nun schon bedenklich lange anhält (seit September des Vorjahres unter der 45-Punkte Marke). Auch die Auftragslage sowie die nationale Geschäftsklima-Umfrage (INSEE) lassen auf keine Trendwende schließen.

Neben den Einkaufsmanagerindizes gelten die Umfragen der EU-Kommission als die verlässlichsten Konjunkturfrühindikatoren. Die Wirtschaftsvertrauensindikatoren setzen sich dabei aus Befragungen im Dienstleistungs-, Industrie- und Bausektor, Einzelhandel sowie bei Konsumenten zusammen.

Diese Umfragewerte liegen in fast allen Euroländern unter dem historischen Durchschnitt. Doch immerhin ist außer in Luxemburg überall in den letzten sechs Monaten ein Aufwärtstrend zu beobachten. Allerdings erfolgte in Estland, Deutschland, Spanien und dem gesamten Euroraum zuletzt ein kleiner Rücksetzer. In Österreich, Belgien, Frankreich und den Niederlanden fiel der Rückfall im letzten Monat sogar sehr deutlich aus. Somit sind es also vor allem die "Kernländer" in Mitteleuropa, wo am letzten Rand die positive Dynamik durchbrochen wurde.

In den Details sticht eine interessante Entwicklung heraus. In Ländern Nord- und Westeuropas tendieren die Umfrageindikatoren für den Bausektor nach einer Zwischenerholung seit 2012 wieder nach unten. Eine erhoffte Erholung der Gesamtwirtschaft wird also bis dato durch diese Branche nicht mitgetragen. Im Gegensatz dazu hat sich die Stimmung am Bau und somit die Produktion in den Krisenländern nach der scharfen Rezession niemals erholt. Doch immerhin konnten sich die Vorzeichen für den Bau am letzten Rand verbessern. Auch wenn der Baubereich in Südeuropa und Slowenien noch weit weg ist von einer Erholung, so scheint der stärkste Rückfall zumindest ausgestanden zu sein.

Fazit: Angesichts der oftmals schwächeren Konjunkturumfragen ist es wenig überraschend, dass am Finanzmarkt die Verunsicherung bezüglich des Wirtschaftsausblicks zunimmt. Die bislang veröffentlichten realen Daten zum Euroraum (Industrie- und Bauproduktion, Einzelhandelsumsatz, Güterexporte, Autoneuzulassungen) lassen auf einen neuerlichen Rückgang des EUR BIP im ersten Quartal 2013 im Vergleich zum Vorquartal schließen. Allerdings dürfte der Rückgang, welcher von uns auf 0,1 % p.q. geschätzt wird, im Rahmen der meisten Prognosen liegen.

Die vorliegenden Konjunkturumfragen stellen daher zunächst vor allem Abwärtsrisiken für das zweite Quartal 2013 dar. Eine Konjunkturerholung im Euroraum in der zweiten Jahreshälfte ist keineswegs vom Tisch, hierfür müssen sich aber die Konjunkturumfragen in den kommenden Monaten wieder auf breiter Basis verbessern. Zweifel über die erhoffte Trendwende im Laufe des Jahres lassen interessanterweise bislang weniger die klassischen Krisenländer in Südeuropa aufflammen.

Vielmehr dürfte es vornehmlich von den "Kernländern" aus der zweiten Reihe Frankreich, Belgien sowie den Niederlanden abhängen, ob die Trendwende geschafft wird. Zudem kommt Italien eine Schlüsselrolle zu. Lähmen politscher Stillstand und restriktive Finanzierungsbedingungen weiterhin die privaten Investitionen, wird sich der herbe Einbruch der Binnenwirtschaft vertiefen.

 

 

 

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