Verfassungsausschuss billigt Novellierung
 des Datenschutzgesetzes

 

erstellt am
17. 04. 13
14.00 MEZ

Bundesverwaltungsgericht wird künftig Vergabeverfahren prüfen
Wien (pk) - Die Einführung einer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich mit Anfang nächsten Jahres hat auch Auswirkungen auf das Vergaberecht und das Datenschutzgesetz. Sowohl die Datenschutzkommission als auch das Bundesvergabeamt gehören zu jenen unabhängigen Behörden, die im Zuge der Einrichtung von Verwaltungsgerichten aufgelöst werden. Für die Überprüfung öffentlicher Vergabeverfahren und Beschwerden gegen Datenschutzverletzungen müssen daher neue gesetzliche Regelungen geschaffen werden. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats gab am 16.04. grünes Licht für zwei entsprechende Gesetzesvorschläge der Regierung, wobei im Datenschutzgesetz mit einem Abänderungsantrag noch Adaptierungen vorgenommen wurden.

Auch das Parteiengesetz, das Volksgruppengesetz, das ORF-Gesetz und andere Mediengesetze sowie das Bundes-Personalvertretungsgesetz werden an die neue Verwaltungsgerichtsbarkeit angepasst.

Neue Datenschutzbehörde übernimmt Aufgaben der Datenschutzkommission
Im Konkreten sieht die Novelle zum Datenschutzgesetz die Einrichtung einer neuen unabhängige Datenschutzbehörde vor. Sie wird nicht nur als Kontrollstelle zur Überprüfung der Einhaltung von Datenschutzvorschriften fungieren, sondern unter anderem auch für die Führung von Registrierungsverfahren, die Genehmigung von Datenübermittlungen ins Ausland, die Genehmigung von Datenverwendungen für wissenschaftliche oder statistische Zwecke und die Auskunftserteilung an BürgerInnen zuständig sein. Der Leiter der Datenschutzbehörde soll für jeweils fünf Jahre vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Regierung bestellt werden.

Bescheide der neuen Datenschutzbehörde können beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden, wobei die Entscheidungen dort ein Senat unter Einbindung fachkundiger LaienrichterInnen aus dem Kreis der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer treffen wird. Ein jährlich zu erstellender Bericht der Datenschutzbehörde soll auch dem Nationalrat und dem Bundesrat übermittelt werden.

Von der ursprünglich vorgesehenen Einrichtung eines Fachbeirats zur Unterstützung der Datenschutzbehörde wurde letztendlich abgesehen. Man wolle jeglichen Zweifel an der Unabhängigkeit der Datenschutzbehörde vermeiden, heißt es dazu in den Erläuterungen zum heute gemeinsam von SPÖ, ÖVP und FPÖ vorgelegten Abänderungsantrag. Außerdem wurde durch eine Umformulierung des Gesetzentwurfs deutlicher sichtbar gemacht, dass nicht nur öffentliche Auftraggeber in Verfahren vor der Datenschutzbehörde Parteistellung erhalten. Der Datenschutzrat erhält die ausdrückliche Erlaubnis, Gutachten zu Fragen von grundsätzlicher Bedeutung des Datenschutzes einzuholen.

Im Rahmen der Debatte brachte Abgeordneter Albert Steinhauser (G) den seiner Ansicht nach eklatanten Ressourcenmangel im Bereich der Datenschutzbehörde zur Sprache. Die Aufgaben der Behörde würden immer größer, etwa im Zusammenhang mit der Vorratsdatenspeicherung und der Transparenzdatenbank, sagte er, ohne dass gleichzeitig das Personal aufgestockt würde. Man steuere auf einen "datenschutzpolitischen Supergau" zu, warnte er. Zur vorliegenden Gesetzesnovelle stellte Steinhauser die Zustimmung der Grünen in Aussicht, auch wenn seine Fraktion "kleinere Dinge anders sehe". Er hinterfragte etwa die Einbindung von LaienrichterInnen in Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts.

Sowohl Abgeordneter Herbert Scheibner (B) als auch Abgeordneter Werner Herbert (F) begrüßten die Streichung des Fachbeirats aus der Gesetzesnovelle. Zudem zeigte sich Herbert erfreut, dass in Bezug auf die Parteienstellung privater Auftraggeber vor der Datenschutzbehörde eine Klarstellung getroffen wurde.

Staatssekretär Josef Ostermayer äußerte die Hoffnung, durch die Neuorganisation der Behörde und durch Aufgabenkritik dem Ressourcenmangel begegnen zu können. Sollte sich erweisen, dass die Maßnahmen nicht ausreichen, müsse man neu über die Ressourcenfrage diskutieren, meinte er.

Die Novelle zum Datenschutzgesetz wurde vom Verfassungsausschuss unter Berücksichtigung des Abänderungsantrags einstimmig beschlossen. Ebenfalls einstimmig fassten die Abgeordneten eine Ausschussfeststellung, in der unter anderem festgehalten wird, dass der Ausschuss davon ausgeht, dass auch Auftraggeber des privaten Bereichs Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erheben können.

Bundesverwaltungsgericht wird künftig Vergabeverfahren prüfen
Im Bereich des Vergaberechts verzichtet die Politik darauf, zur erstinstanzlichen Prüfung von Vergabeverfahren eine eigene Verwaltungsbehörde einzurichten. Vielmehr sieht der vom Verfassungsausschuss heute mit der Mehrheit von SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ gebilligte Gesetzentwurf vor, das Bundesverwaltungsgericht mit der bisher vom Bundesvergabeamt wahrgenommenen Aufgabe zu betrauen, Vergabeverfahren zu überprüfen. Damit will man, wie es in den Erläuterungen heißt, erhebliche Mehrkosten und signifikante Verfahrensverlängerungen vermeiden.

Weiters werden in Ergänzung des Zahlungsverzugsgesetzes neue Bestimmungen über Zahlungsfristen in das Bundesvergabegesetz aufgenommen, Innovation explizit als sekundäres Beschaffungsziel festgeschrieben und in Anlehnung an die EU-Energieeffizienzrichtlinie neue Pflichten öffentlicher Auftraggeber in Bezug auf energieeffiziente Beschaffungen verankert.

Im Konkreten hat die Gesetzesnovelle zur Folge, dass sich übergangene Bieter ab 2014 an das Bundesverwaltungsgericht wenden müssen, wenn das Vergabeverfahren ihrer Meinung nach rechtswidrig war. Wie früher beim Bundesvergabeamt wird für derartige Beschwerdeverfahren eine Pauschalgebühr fällig. Die Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht ist – mit Ausnahme von einstweiligen Verfügungen – durch einen Senat zu treffen, dem neben dem vorsitzenden Richter bzw. der Richterin auch zwei fachkundige LaienrichterInnen angehören müssen.

Neu ist darüber hinaus die grundsätzliche Verpflichtung öffentlicher Auftraggeber, Rechnungen innerhalb von 30 Tagen zu begleichen. Nur in wenigen Ausnahmefällen, etwa in Zusammenhang mit der Bereitstellung von Gesundheitsdienstleistungen, darf eine längere Zahlungsfrist vereinbart werden. Mit dieser Bestimmung und abschreckenden Sanktionen bei Zahlungsverzug soll – in Anlehnung an die Zahlungsverzugsrichtlinie der EU – die Zahlungsmoral der öffentlichen Hand verbessert und dadurch die Liquidität der Unternehmen gesteigert werden. Wie die Erläuterungen festhalten, beträgt die Zahlungsdauer des öffentlichen Sektors in Österreich derzeit laut Europäischem Zahlungsindex 2012 durchschnittlich 44 Tage.

Um Innovation verstärkt zu fördern, wird in das Bundesvergabegesetz ein neuer Passus eingefügt, dem zufolge im Vergabeverfahren auf innovative Aspekte Bedacht genommen werden kann. In Frage kommen etwa entsprechende Leistungsbeschreibungen oder die Festlegung konkreter Zuschlagskriterien. Öffentliche Auftraggeber müssen in Hinkunft außerdem bei der Beschaffung bestimmter Waren und Dienstleistungen verstärkt auf Energieeffizienz achten.

Im Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit werden spezielle organisations- und verfahrensrechtliche Vorschriften für Beschwerdeverfahren beim Bundesverwaltungsgericht verankert, etwa was den Schutz klassifizierter Dokumente betrifft. Zudem werden redaktionelle und legistische Anpassungen vorgenommen. Die Kundmachung des Bundesvergabegesetzes bedarf aus Kompetenzgründen der Zustimmung der Länder.

Abgeordnete Daniela Musiol (G) begründete die Ablehnung des Gesetzes durch die Grünen damit, dass noch eine Fülle von Punkten zu klären seien. Sie zeigte sich aber nicht generell ablehnend und wertete es etwa als sinnvoll, die Zahlungsfrist für öffentliche Auftraggeber zu verkürzen. Auch die Berücksichtigung innovativer Aspekte bei öffentlichen Beschaffungen begrüßte sie.

Bundesdienst: Neue Behörde soll Personalvertretung beaufsichtigen
Mit der Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit wird auch die Personalvertretungs-Aufsichtskommission aufgelöst. Um dennoch weiter eine staatliche Aufsicht über die Personalvertretung der im Bundesdienst beschäftigten MitarbeiterInnen zu gewährleisten, wird als Ersatz ab 2014 eine Personalvertretungsaufsichtsbehörde mit ähnlichem Aufgabenprofil eingerichtet. Der Gesetzentwurf der Regierung wurde heute einstimmig gebilligt, wobei mit einem Abänderungsantrag der Koalitionsparteien noch einzelne Adaptierungen vorgenommen wurden. Dabei geht es insbesondere um die Frage der Personalvertretung in der Datenschutzkommission bzw. der neuen Datenschutzbehörde, wie Zweiter Nationalratspräsident Fritz Neugebauer (V) erklärte.

Im Gesetzentwurf verankert ist auch eine jährliche Berichtspflicht der Personalvertretungsaufsichtsbehörde an den Nationalrat, Bescheide können beim Bundesverwaltungsgericht beeinsprucht werden.

Mediengesetze werden an neue Verwaltungsgerichtsbarkeit angepasst
An die zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit müssen schließlich auch das KommAustria-Gesetz, das ORF-Gesetz, das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz, das Fernseh-Exklusivrechtegesetz, das Parteiengesetz und das Volksgruppengesetz angepasst werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf passierte den Verfassungsausschuss ebenfalls einstimmig.

Mit dem Gesetzespaket wird unter anderem der Auflösung des Bundeskommunikationssenats Rechnung getragen und dezidiert festgelegt, dass künftig ein Senat des Bundesverwaltungsgerichts für Berufungen gegen Entscheidungen der Kommunikationsbehörde KommAustria zuständig ist. Auch Beschwerden gegen Entscheidungen des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senats sowie Beschwerden gegen die Bestellung eines Mitglieds der Volksgruppenbeiräte sind in Hinkunft an das Bundesverwaltungsgericht zu richten. Um einen unverhältnismäßigen Aufwand zu vermeiden, wird die im Juni dieses Jahres auslaufende Funktionsperiode der Mitglieder des Bundeskommunikationssenats bis zum Ende des Jahres verlängert.

Die Gesetzesnovelle wird darüber hinaus für Detailänderungen in den genannten Gesetzen sowie für die Beseitigung von Redaktionsfehlern und andere technische Anpassungen genutzt. Unter anderem ist etwa vorgesehen, die Termine für die Überweisung von Fördergeldern aus dem Privatrundfunkfonds von März auf Jänner bzw. von September auf Juni vorzuziehen. Außerdem werden die Meldepflichten für Eigentumsänderungen bei Rundfunkveranstaltern vereinheitlicht.

Von Abgeordnetem Wolfgang Zinggl (G) auf die nach wie vor offene Novellierung des Volksgruppengesetzes angesprochen, hielt Staatssekretär Josef Ostermayer fest, sein Ziel sei es, noch in dieser Legislaturperiode einen Gesetzesbeschluss zu fassen. Allerdings gebe es immer noch Bedenken einiger Volksgruppenvertreter, etwa was die Frage der Verbandsklage betrifft. Ein wesentlicher Punkt der Gesetzesnovelle ist laut Ostermayer, den Volksgruppenbeiräten mehr Autonomie bei der Vergabe von Förderungen zu geben.

EU-Bericht: Grüne stemmen sich gegen Pakt für Wettbewerbsfähigkeit
Mit den Stimmen der Koalitionsparteien und der Grünen nahm der Verfassungsausschuss schließlich den gemeinsamen Bericht von Bundeskanzler Werner Faymann und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek über aktuelle EU-Vorhaben in ihrem Zuständigkeitsbereich zur Kenntnis. Unter anderem informiert Bundeskanzler Faymann im Bericht über die voraussichtlichen Schwerpunkte der diesjährigen EU-Gipfel und die Pläne der EU zur Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion.

Im Rahmen der Diskussion übte Abgeordneter Albert Steinhauser (G) scharfe Kritik am Pakt für Wettbewerbsfähigkeit, der im Zusammenhang mit der geplanten Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion zur Diskussion steht. Er fürchtet einen massiven Angriff auf das demokratische Gefüge und auf die Sozialpolitik der EU-Staaten. Für Steinhauser ist der seiner Darstellung nach vor allem von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel forcierte Pakt ein Versuch der EU, nicht nur Griechenland, sondern alle EU-Staaten unter eine Troika-Aufsicht zu stellen. Es drohen ihm zufolge unter anderem eine Deregulierung der Arbeitsmärkte, eine Senkung der Löhne und eine Abkehr vom Recht der Arbeitgeber und der Gewerkschaft, Löhne festzulegen.

All diese Punkte wären in nationalen Parlamenten nicht mehrheitsfähig, sagte Steinhauser, der Pakt wäre aber ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag, der den Parlamenten jeglichen Gestaltungsspielraum entziehen würde, adäquat auf Krisen zu reagieren. Solange Österreich eine wirtschaftlich stabile Lage habe, wäre es nicht gefährdet, hielt er fest, im Krisenfall müssten aber die von der EU diktierten Mechanismen umgesetzt werden, wenn sich Österreich nicht schon jetzt gegen falsche Weichenstellungen wehre. Steinhauser appellierte in diesem Sinn an die Regierungsparteien, beim Pakt für Wettbewerbsfähigkeit "nicht so widerstandslos mitzuziehen" wie beim Fiskalpakt.

Abgeordneter Herbert Scheibner (B) kritisierte, der vorliegende EU-Vorhabensbericht spiegle die derzeit prekäre Situation in Europa nicht wider. Das Rettungspaket für Zypern oder der neuerliche Finanzbedarf für Spaniens Banken würden ebenso wenig erwähnt wie die generelle EU-Krise, klagte er und forderte eine kritische Diskussion über die Lage Europas. Unzufrieden ist Scheibner auch darüber, dass die EU-Erweiterung und die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Union im Bericht nur in zwei Nebenabsätzen erwähnt werden.

Abgeordneter Johannes Hübner (F) schloss sich der Kritik von Abgeordnetem Steinhauser an und meinte, die EU werde von einer nicht legitimierten Exekutive geführt, die Beschlüsse fasse, die eigentlich der Legelative zustehen. Eine Folge der gegenwärtigen EU-Politik ist für ihn der Abbau des Sozialstaates und die Umwandlung europäischer Staaten in Billiglohnländer.

Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) brachte die Roma-Strategie der EU zur Sprache, seine Fraktionskollegin Daniela Musiol schnitt die Themen Frauenquoten in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen und die EU-Kampagne gegen weibliche Genitalverstümmelung an. Abgeordneter Werner Herbert (F) befasste sich mit der europäischen Strategie für Cybersicherheit und wandte sich dagegen, unter dem Vorwand der Cyberabwehr die Bevölkerung auszuspionieren. Abgeordneter Wolfang Gerstl (V) äußerte sich positiv zur Donauraumstrategie.

Staatssekretär Josef Ostermayer wollte sich den von Abgeordnetem Steinhauser geäußerten Bedenken nicht anschließen. Er sehe nicht, dass es irgendeine Chance gebe, dass sich das von Steinhauser skizzierte Szenario auf EU-Ebene durchsetzen könne, sagte er. Gerade der Wohlfahrtsstaat sei ein best-practice-Beispiel der EU, dessen Weg man nicht verlassen werde.

Zu Abgeordnetem Scheibner merkte Ostermayer an, der erste Vorschlag zur Rettung von Zypern vor der Staatspleite sei ein Fehler gewesen, da er eine Erschütterung von Vertrauen ausgelöst habe. Für die Zukunft setzt er auf das zur Diskussion stehende Bankeninsolvenzrecht, das sicherstellen soll, dass nicht immer die öffentliche Hand und damit der Steuerzahler einspringen müsse, wenn eine Bank ins Trudeln gerät.

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek hielt fest, dass es noch keine einheitliche Regierungslinie zum Vorschlag der EU gibt, eine Frauenquote im Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen einzuführen.

 

 

 

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