PhysikerInnen der Uni Graz entdeckten neue Strukturen in der Wechselwirkung von Elementarteilchen
Graz (universität) - Am Institut für Physik der Karl-Franzens-Universität Graz erforschen
WissenschafterInnen die kleinsten und zugleich größten Geheimnisse des Universums: die Eigenschaften
und Wechselwirkungen der Elementarteilchen. Mit Hilfe von Berechnungen und Simulationen ist die Arbeitsgruppe „Theoretische
Elementarteilchenphysik“ unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Reinhard Alkofer, Univ.-Prof. Dr. Christof Gattringer
und Univ.-Prof. Dr. Christian Lang dem Verhalten von Quarks und Gluonen, den fundamentalen Bausteinen der Materie,
auf der Spur. Dabei entdeckten die ForscherInnen kürzlich neue Eigenschaften von Gluonen, wenn diese an Quarks
andocken. In ihrem Forschungsbereich ist die Grazer Arbeitsgruppe die stärkste in ganz Österreich.
99,9 Prozent der Masse der sichtbaren Materie bestehen aus Quarks und Gluonen. Mehrere Quarks bilden Hadronen,
wie zum Beispiel Protonen und Neutronen. Gluonen sind die „Kraftteilchen“, die zwischen den Quarks ausgetauscht
werden und dabei Bindungsenergie beziehungsweise die sogenannte Starke Wechselwirkung erzeugen. Sie sind unter
anderem für die Anziehung von Protonen und Neutronen in einem Atomkern verantwortlich. Die Theorie, die die
Wechselwirkung von Quarks und Gluonen beschreibt, ist die Quantenchromodynamik (QCD). Sie experimentell zu überprüfen,
ist in der Elementarteilchenphysik naturgemäß sehr schwierig. „Daher versuchen wir, uns der Theorie
über verschiedenste Berechnungsmethoden zu nähern“, erklärt Reinhard Alkofer. „Die Sprache, mit
der wir die Phänomene des Universums erforschen und beschreiben, ist die Mathematik.“ Dazu stehen den PhysikerInnen
der Karl-Franzens-Universität Hochleistungscomputer zur Verfügung, die sie gemeinsam mit KollegInnen
der TU Graz nutzen. Die Herausforderung ist, die Berechnungsverfahren immer weiter zu optimieren. Das ist Reinhard
Alkofer mit seinem Team in einem Bereich nun gelungen. Durch Simulationen haben die Grazer ForscherInnen neue Strukturen
in der Quark-Gluon-Wechselwirkung entdeckt. „Wir konnten erstmals präzise Eigenschaften von Gluonen beim Ankoppeln
an Quarks berechnen, die bisher nicht berücksichtigt wurden“, berichtet der Physiker.
Ein anderes Thema, das die Grazer WissenschafterInnen beschäftigt, ist die Frage, wie sich die Elementarteilchen
bei hohen Temperaturen und hoher Dichte verhalten, also bei Bedingungen, wie sie kurz nach der Geburt des Universums
vorherrschten. „Nach dem Urknall war es Millionen Mal heißer als heute im Inneren der Sonne. Quarks und Gluonen
befanden sich damals ungebunden im sogenannten Quark-Gluon-Plasma“, informiert Christof Gattringer. Im Zuge der
Abkühlung des Universums kondensierte das Plasma dann zu Protonen, Neutronen und anderen Teilchen aus. „Wie
sich der Phasenübergang vom Quark-Gluon-Plasma in den heutigen Zustand vollzog, gehört zu den spannendsten
Themen der Quantenchromodynamik“, so Gattringer, Sprecher des Doktoratskollegs (DK) „Hadronen im Vakuum, in Kernen
und Sternen“. Das vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF geförderte DK, in dem rund rund 20 ausgewählte
DissertantInnen eine exzellente Ausbildung erhalten, soll dafür sorgen, dass die Forschung in der Elementarteilchenphysik
weiter erfolgreich vorangetrieben wird. Neue Erkenntnisse werden dazu beitragen, der Beantwortung noch offener
Fragen zur Entstehung des Kosmos näherzukommen.
Die Arbeitsgruppe „Theoretische Elementarteilchenphysik“ ist in den universitätsweiten Forschungsschwerpunkt
„Modelle und Simulation“ der Karl-Franzens-Universität Graz eingebunden.
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