Burgenland 2012 im Bundesländervergleich an der Spitze, gefolgt von Tirol, Steiermark
und Vorarlberg – Wachstum verlor 2012 in allen Bundesländern an Tempo
Wien (bank austria) - Während zu Beginn des Jahre 2012 ein achtbares Wachstumstempo verzeichnet werden
konnte, nahmen die globale Konjunkturverlangsamung, Eurokrise, Sparpakete und Rezession in Europa der österreichischen
Wirtschaft im Verlauf des Jahres 2012 den Wind aus den Segeln. So war die Wirtschaftsdynamik 2012 in allen Bundesländern
spürbar geringer als 2011. Bundesländer mit einem starken, exportorientierten Industriesektor konnten
in den letzten Jahren von einer kräftigen Erholung profitieren. Angesichts der schwächeren Industriekonjunktur
hatten diese Bundesländer letztes Jahr nur noch leichte Vorteile, die vor allem in der ersten Jahreshälfte
ausgespielt werden konnten. Eine starke Ausrichtung auf Dienstleistungen war 2012 daher kaum von Nachteil. Abseits
dieses Grundschemas schafften es Bundesländer mit individuellen Stärken zu punkten. Das ist die eine
Seite der aktuellen Bundesländer-Analyse der Bank Austria Ökonomen. Die andere Seite: Im Jahresdurchschnitt
betrug das Wirtschaftswachstum in Österreich immerhin 0,8 Prozent (2011: 2,7 Prozent). Damit liegt die Wirtschaftsleistung
in fast allen Bundesländern zum Teil wieder deutlich über dem Niveau von vor der Krise 2008/2009.
Burgenland ist Wachstumsspitzenreiter 2012
„Weder die Industrieländer noch die Dienstleistungshochburgen konnten 2012 entscheidende strukturelle
Vorteile ausspielen. Vielmehr zählte eine sektorübergreifende breite Aufstellung. Von dieser profitierte
zum einen das Burgenland, das mit einem geschätzten Anstieg der Wirtschaftsleistung 2012 um 1,6 Prozent die
Wachstumsspitze erklomm. Zum anderen befand sich aber auch Tirol mit einem Anstieg der Wirtschaftsleistung von
1,4 Prozent auf der Sonnenseite Österreichs“, fasst Dieter Hengl, Vorstand Corporate & Investment Banking,
die wichtigsten Ergebnisse der Bundesländer-Analyse der Bank Austria Volkswirtschaft zusammen und ergänzt:
„Auch die Steiermark und Vorarlberg konnten mit recht unterschiedlichen individuellen Stärken ein Wachstum
knapp über dem österreichischen Durchschnitt erzielen. Das besonders fordernde regionale Umfeld war dagegen
maßgeblich für die wenig günstige Entwicklung im Süden. Die Wirtschaft Kärntens stand
2012 am Rande der Stagnation“.
Schwächere Exportnachfrage bremst Industrie
Die globale Konjunkturabkühlung ist 2012 über den Außenhandel auf die österreichische Wirtschaft
deutlich übergeschwappt. Im Jahresdurchschnitt betrug der Anstieg der Exporte nominell nur 1,4 Prozent. (2011:
+11,3 Prozent). Die österreichische Industrie – sie steuert etwa 70 Prozent der österreichischen Exporte
bei – bekam die schwache Auslandsnachfrage zu spüren. Insgesamt konnte die Industrie (ohne Bauwirtschaft)
dank einer dynamischen Entwicklung in der Energie- und Wasserversorgung sowie Abfallentsorgung dennoch ein respektables
Plus von real 1,8 Prozent erreichen. Die Sachgütererzeugung, also die Industrie ohne die Versorgungsbereiche,
hat 2012 jedoch nur noch um 0,3 Prozent zugelegt (2011: +6,7 Prozent). „Die Entwicklung war 2012 über die
einzelnen Branchen betrachtet sehr durchwachsen, das Wachstum unausgeglichen. Der Maschinenbau war einer der stärksten
Wachstumsstützen der österreichischen Industrie – mit einem Plus um rund 4 Prozent und einem Wertschöpfungsanteil
von über 10 Prozent am gesamten Produktionssektor. Auch die Metallwarenerzeugung, die chemische und pharmazeutische
Industrie und die Glaserzeugung steigerten 2012 ihre Produktion, während etwa die Stahlindustrie, der Fahrzeugbau,
die Elektroindustrie und regional die Holzwirtschaft zum Teil spürbare Einbußen hinnehmen mussten“ analysiert
Stefan Bruckbauer, Bank Austria Chefökonom, die wichtigsten Branchentrends.
Industriespitzenreiter Burgenland – gefolgt von Tirol und der Steiermark
In diesem Umfeld konnte sich überraschend die burgenländische Industrie mit einem Anstieg um über
8 Prozent am besten behaupten. Wachstumstreiber waren Maschinenbau, Metallverarbeitung, Kunststoffverarbeitung
und Nahrungsmittelerzeugung. Wobei die hohe Dynamik zum Teil auch auf Standortverlagerungen aus anderen Bundesländern
zurückzuführen ist. Unter Berücksichtigung der Versorgungsbereiche konnte die Industrie auch in
Tirol (+5,9 Prozent) und trotz einer schwierigen Entwicklung im Fahrzeugbau auch in der Steiermark (+3,3 Prozent)
ein gutes Ergebnis erzielen. Auch der Vorarlberger Produktionssektor lag 2012 über dem Durchschnitt, während
Kärnten (+1,3 Prozent), Oberösterreich gedämpft durch die schwächere Stahlkonjunktur (+1,2
Prozent) und Niederösterreich (+0,3 Prozent) niedrige Zuwächse verzeichneten. Während in Wien der
Produktionssektor stagnierte, konnte 2012 nur in Salzburg das Vorjahresniveau nicht erreicht werden.
Bauwirtschaft sorgt für Schwung – vor allem in der Steiermark
Die Bauwirtschaft konnte 2012 zum Wirtschaftswachstum einen maßgeblich positiven Beitrag leisten. Der
Bauproduktionsindex stieg um durchschnittlich 1,7 Prozent. Insbesondere in der Steiermark sorgte der Sektor für
viel Schwung. Bis auf Salzburg und Kärnten verzeichnete die Bauwirtschaft in allen Bundesländern eine
zum Teil beachtliche, wenn auch im Jahresverlauf abnehmende, Wachstumsdynamik, die im Regelfall durch öffentliche
Investitionen in den Tiefbau getrieben war. Der Hochbau war dagegen angesichts der Investitionszurückhaltung
vieler Unternehmen generell unter Druck, zeigte aber in Vorarlberg, Tirol und in der Steiermark dennoch auf.
Moderater Zuwachs im Servicebereich
„Der Dienstleistungssektor sorgte, bedingt durch die sich im Jahresverlauf verschlechternde Lage am Arbeitsmarkt,
für immer weniger Schwung, war aber dennoch aufgrund der relativen Größe der wichtigste Wachstumsträger
der heimischen Wirtschaft im Jahr 2012“, betont Bruckbauer. Ganz gut unterwegs war der Fremdenverkehr, insbesondere
war in Wien wieder ein starkes Nächtigungsplus zu verzeichnen. Auch unternehmensnahe Dienstleistungen wie
beispielsweise Informationsdienstleistungen und freiberufliche Tätigkeiten expandierten. Der Einzelhandel
entwickelte sich in allen Bundesländern dagegen abermals ungünstig – trotz steigender Beschäftigung.
Während in Vorarlberg die Lage mit Unterstützung schweizerischer Kaufkraft noch relativ günstig
war, war Kärnten das einzige Bundesland in dem auch die nominellen Umsätze rückläufig waren.
Der Dienstleistungssektor, der einen Anteil an der Wertschöpfung in den einzelnen Bundesländern zwischen
60 Prozent (Oberösterreich) und bis zu 83 Prozent (Wien) hat, war in allen Bundesländern bestimmender
Wachstumstreiber – im Burgenland und in Salzburg am stärksten, in Kärnten und in Oberösterreich
relativ zurückhaltend.
Zunehmender Druck auf Arbeitsmarkt in allen Bundesländern
Im Durchschnitt stieg 2012 die Beschäftigung um beachtliche 1,3 Prozent an, im Burgenland als Spitzenreiter
sogar um 2,3 Prozent. „2012 wurde zum Jahr der Rekordbeschäftigungen und in acht von neun Bundesländern
wurde dank eines hohen Beschäftigungsplus im Dienstleistungsbereich und eines moderaten Anstiegs in der Industrie
ein neues Rekordbeschäftigungsniveau erreicht“, so Hengl. Der Aufwärtstrend in der Beschäftigung
bremste sich im Jahresverlauf mit zunehmender Abkühlung der Konjunktur jedoch spürbar ein. Die Arbeitslosigkeit
erhöhte sich 2012 in den meisten österreichischen Bundesländern, insbesondere in der zweiten Jahreshälfte.
Oberösterreich verzeichnete 2012 den stärksten relativen Anstieg der Arbeitslosenzahlen, hält aber
gleichzeitig mit 4,5 Prozent im Jahresdurchschnitt die niedrigste Arbeitslosenquote Österreichs. Wien wies
mit 9,5 Prozent weiterhin den höchsten Wert Österreichs auf. Nur in Tirol und Vorarlberg stieg die Arbeitslosenquote
im Jahresdurchschnitt nicht an. Für das Jahr 2013 ist in allen Bundesländern von einer Steigerung der
Arbeitslosenquote auszugehen, in Gesamtösterreich von durchschnittlich 7,0 auf 7,3 Prozent.
Das Wachstum wird 2013 auf breiter Basis stehen
„Die Industrie wird auch 2013 eine wichtige Wachstumsstütze sein, wenn auch das Wachstum mit rund 1 Prozent
sehr verhalten ausfallen wird. Der Nachfrageschwerpunkt wird noch stärker von Vorleistungen/Investitionsgütern
auf den Konsumgüterbereich übergehen. Der Dienstleistungsbereich wird 2013 durch die steigende Arbeitslosigkeit
und einen schwachen Beschäftigungsanstieg stark unter Druck sein und weiterhin nur bedächtig expandieren,
wobei im Jahresverlauf die Dynamik zulegen können sollte, was Bundesländer mit Spezialisierung auf Dienstleistungen
wie beispielsweise Wien in der zweiten Jahreshälfte stärken wird“, so Hengl über die diesjährigen
Wachstumsaussichten. Zwischen den Bundesländern wird es 2013 aufgrund der nur moderaten Impulse in allen Sektoren
geringe Wachstumsdifferenzen geben. Die besten Aussichten haben in diesem Umfeld Bundesländer mit breit aufgestellter
Industrie, was Vorarlberg, Oberösterreich und Tirol in eine gute Ausgangsposition bringt, wenn auch das Burgenland
wieder aufgrund von Sonderfaktoren Wachstumsspitzenreiter in Österreich sein dürfte. Salzburg wird voraussichtlich
das Wachstumsschlusslicht, doch der Abstand zur Spitze wird geringer als im Vorjahr sein. „Für das Gesamtjahr
2013 gehen wir in Österreich unverändert von einem Wirtschaftswachstum von 0,9 Prozent aus, da in unserer
Prognose ein schwacher, wenn auch nicht ganz so schwacher Jahresbeginn, wie er sich derzeit abzeichnet, eingerechnet
ist. Zwar haben sich die Aussichten in den vergangenen Wochen deutlich nach unten verschoben, trotzdem ist es noch
zu früh, die Hoffnung auf einen Aufschwung 2013 aufzugeben“, betont Bruckbauer.
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