Krankheitsauslösende Genmutation gefunden – Gezielte Diagnostik für angeborene Verhornungsstörung
nun möglich – Neue biologische Einblicke unterstützen Therapieentwicklung
Innsbruck (med uni) - Trockene, raue Haut mit einer großflächigen Schuppung und gelegentlicher
Juckreiz sind meist Zeichen für eine Form der Ichthyose. Die Symptome resultieren aus einer gestörten
Barrierefunktion der obersten Hautschicht, der Hornhaut, deren Zellen gemeinsam mit dazwischen eingelagerten Fetten
eine wasserabweisende Schicht zum Schutz vor Austrocknung und dem Eindringen von Keimen bilden. Im Rahmen der Ichthyose
ist die natürliche Balance zwischen Abstoßung und Neubildung kleinster Hautschuppen gestört. Die
Haut Betroffener entwickelt große Hautschuppen und eine verdickte Hornhaut. Ist ein Kind bereits von Geburt
an von dieser Hautfunktionsstörung betroffen, sprechen MedizinerInnen von einer kongenitalen (angeborenen)
Ichthyose, die aufgrund stark erhöhter Infektionsgefahr lebensbedrohlich sein kann und sofort durch wärmeregulierende
Maßnahmen (Brutkasten) behandelt werden muss. Mit einer Häufigkeit von etwa 1:200.000 in Mitteleuropa
zählt die kongenitale Ichthyose zu den seltenen Krankheiten.
Fehlendes genetisches Bindeglied gefunden
Das Krankheitsbild der kongenitalen Ichthyose kann durch Veränderungen in unterschiedlichen Genen verursacht
werden. Mit der Identifikation des krankheitsauslösenden Enzyms Ceramid-Synthase 3 durch die Forschungsgruppe
Dermatogenetik um Priv.-Doz. Dr. Hans Christian Hennies von der Sektion für Humangenetik (Direktor: Univ.-Prof.
Dr. Johannes Zschocke) der Medizinischen Universität Innsbruck ist nun ein entscheidendes genetisches Bindeglied
gefunden. „Auf der Grundlage genetischer Analysen an einer Familie aus Deutschland mit gehäuftem Auftreten
der kongenitalen Ichthyose konnten wir nachweisen, dass das Enzym Ceramid-Synthase 3 (CerS3) eine entscheidende
Rolle in der Ausbildung der Barrierefunktion der Haut inne hat. Wir können außerdem darstellen, dass
vor allem die langkettigen Ceramide am Aufbau der Hornhaut maßgeblich beteiligt sind“, erklärt Priv.-Doz.
Hennies. Grundsätzlich handelt es sich bei den meisten Ichthyosen um erblich bedingte Verhornungsstörungen.
„Ist CerS3 durch eine Mutation in dem Gen CERS3 deaktiviert, wird der Prozess des Hornhaut-Aufbaus gestört
und es entwickelt sich eine angeborene Ichthyose. Diese Form der kongenitalen Ichthyose kann nun anhand eines spezifischen
genetischen Tests eindeutig nachgewiesen werden“, erklärt die Erstautorin der Forschungsarbeit, Dr.in Katja
Martina Eckl, Leiterin des Projekts Translationale Hautforschung.
Zielführende genetische Analysemethoden
Für die Identifikation des krankheitsauslösenden Gens bedienten sich die ForscherInnen um Dr. Hennies
der Kopplungsanalyse und der Exom-Sequenzierung. Im Rahmen von Kopplungsanalysen werden verschiedene genetische
Marker in der betroffenen Familie verglichen, um eine chromosomale Region zu identifizieren, in der sich die krankheitsverursachende
Genveränderung befindet. Der Nachweis krankheitsauslösender Mutationen in der Kandidatenregion gelang
schließlich mit der Methode der Exom-Sequenzierung, welche sämtliche für die Herstellung von Proteinen
notwendigen Abschnitte der mehr als 20.000 Gene (Exom) im Erbgut untersucht. Auf diesem Weg konnte der kausale
Zusammenhang zwischen der Mutation in CERS3 und dem vorliegenden Krankheitsbild hergestellt werden.
Entwicklung innovativer Therapieoptionen
Die in der angesehenen dermatologischen Fachzeitschrift Journal of Investigative Dermatology veröffentlichten
Ergebnisse bieten mit dem einhergehenden besseren biologischen Verständnis über die Funktion der langkettigen
Ceramide auch neue Ansatzpunkte für die Entwicklung kausaler Therapiekonzepte. Die Therapie der Ichthyose-Formen
beinhaltet bislang ausschließlich symptomatische Maßnahmen in Form von Bädern, Cremes und Salben.
„Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Deaktivierung von CerS3 bereits sehr früh in den Prozess der
Differenzierung der hornbildenden Zellen (Keratinozyten) eingreift. Auf der Basis geeigneter Hautmodelle könnten
ursächliche Behandlungsstrategien entwickelt werden, vorstellbar ist die Modulierung des Ceramid-Stoffwechsels“,
betont Dr. Hennies, der seit Ende letzten Jahres an der von Univ.-Prof. Johannes Zschocke geleiteten Sektion für
Humangenetik in Innsbruck tätig ist. Als Koordinator im EU-Projekt ERAnet will der Kölner Biochemiker
In-vitro- und In-vivo-Modelle für seltene angeborene Hautkrankheiten nutzen, um so die Therapiesituation seltener
Hauterkrankungen zu verbessern. Bereits seit einigen Jahren ist Dr.in Eckl in der Forschungsgruppe damit erfolgreich,
dreidimensionale Zell-Modelle der menschlichen Haut zu etablieren. In Innsbruck profitiert dieses Vorhaben vor
allem auch durch die gute Zusammenarbeit mit Univ.-Prof. Matthias Schmuth, dem Leiter der Univ.-Klinik für
Dermatologie und Venerologie, dessen Forschungsinteresse im Besonderen auf epidermaler Biologie liegt.
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