Die Zauberformel heißt wachstumsfreundliche Konsolidierung
Wien (pk) – Die Bundesregierung hat dem Nationalrat kürzlich einen umfangreichen Bericht über
das Nationale Reformprogramm Österreichs 2013 vorgelegt. Das Dokument informiert im Detail über Fortschritte
bei der Erreichung der nationalen Europa-2020-Ziele, die im Juni 2010 vom Europäischen Rat angenommen wurde
und auf eine intelligente, nachhaltige und integrative Wirtschaftsentwicklung mit hohem Beschäftigungsniveau,
Produktivität und sozialem Zusammenhang zielt. Im Zentrum des Europäischen Semesters 2013 steht die Förderung
von Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung, insbesondere für junge Menschen. Die Leitlinien
für die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union, die der Europäische Rat
im vergangenen März nach eingehender Erörterung der wirtschaftliche und soziale Lage für 2013 festgelegt
hat, zielen angesichts einer prognostizierten Stagnation der Wirtschaft und unannehmbar hoher Arbeitslosigkeit
auf die Förderung des Wachstums bei Fortsetzung einer wachstumsfreundlichen Haushaltskonsolidierung. In diesem
Sinne bestätigte der Europäische Rat den Jahreswachstumsbericht und unterstrich dessen Prioritäten,
unter anderem eine normale Kreditvergabe für die Wirtschaft, die nachhaltige Förderung der Wettbewerbsfähigkeit,
die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Bewältigung der sozialen Folgen der Krise und die Modernisierung
der Verwaltungen.
Österreich verfolgt die bereits im Programm 2012 eingeleitete Strategie der wachstumsfreundlichen Konsolidierung
mit einem ausgewogenen Mix aus einnahmen- und ausgabenseitigen Maßnahmen, stellt die Bundesregierung fest.
Sie trägt zur Konsolidierung und zugleich zum Ausbau des Wachstumspotenzials bei. Die mit dem Stabilisierungspaket
2012 bis 2016 beschlossene Konsolidierung erfolgt gesamtstaatlich zu zwei Dritteln durch Reduktion von Ausgaben
und zu einem Drittel durch einnahmenseitige Maßnahmen, erinnert die Bundesregierung.
In den Bereichen Bildung, Forschung und Entwicklung wird durch Zukunftsinvestitionen das Wachstumspotenzial gestärkt
und die im Nationalen Reformprogramm 2012 beschriebenen Offensivmaßnahmen fortgesetzt. Dies steht im Einklang
mit den Orientierungen des Europäischen Rats vom März 2013, der den Mitgliedstaaten eine geeignete Kombination
von Maßnahmen auf der Ausgaben- und der Einnahmenseite empfiehlt, einschließlich kurzfristiger Maßnahmen
zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung, insbesondere für junge Menschen. Die Priorität
liegt auf wachstumsfreundlichen Investitionen, betont die Bundesregierung.
Wirtschaft startet verhaltenes Wachstum, Österreich weiter vorne
Mit realen BIP-Wachstumsraten von 2,1 % (2010) und 2,7 % (2011) hatte Österreich die Finanz- und Wirtschaftskrise
gut überwunden. 2012 fiel das reale BIP-Wachstum mit 0,8 % jedoch wieder deutlich schwächer aus. Ursachen
dafür waren die deutlich abfallende Exportdynamik in der Eurozone und das schwache globale Umfeld. Auch von
der heimischen Konsumnachfrage gingen kaum noch Wachstumsimpulse aus, und die Investitionstätigkeit fiel hinter
die Entwicklung im Jahr 2011 zurück. Mit 4,34 % (+0,1Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr) verzeichnete
Österreich jedoch die geringste Arbeitslosenquote in der Europäischen Union. Positiv entwickelte sich
2012 auch die Beschäftigung: Die Zahl der aktiv Erwerbstätigen stieg gegenüber 2011 um 52.100 Personen
oder 1,4 % auf 3.810.000. Die Inflation entsprach 2012 mit 2,6 % in etwa dem Durchschnitt der Eurozone und fiel
im Vergleich zum Jahr 2011 (3,6 %) deutlich niedriger aus.
Die Entwicklung in den Schwellenländern und in den USA begünstigte Anfang 2013 die internationale Wachstumsdynamik.
Die konjunkturelle Talsohle in Österreich dürfte zu Jahresbeginn durchschritten worden sein. Für
2013 erwartet das Österreichische Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) einen leichten Aufschwung (1 %), ein
Wachstumshöhepunkt sollte im Jahr 2015 (2 %) erreicht werden. Bis 2017 wird im Durchschnitt von einem realen
BIP-Wachstum von 1,5 % ausgegangen. Die verhaltene Entwicklung ist in erster Linie auf den gedämpften Ausblick
für die Eurozone zurückzuführen. Aufgrund der robusten Wirtschaftsstruktur, besseren Finanzierungsbedingungen
für Unternehmen, dem stabilen Engagement in Ostmitteleuropa sowie dem im europäischen Vergleich eher
geringen Konsolidierungserfordernis sollte der Wachstumsvorsprung gegenüber der Eurozone gehalten werden können.
Positiv wirkt sich der abnehmende Preisdruck aus. Dieser dürfte über den Prognosezeitraum gering bleiben
und die Inflationsrate von 2,6 % (2012) auf unter 2 % (2017) sinken. Etwas zeitverzögert wird auch der Arbeitsmarkt
auf den Konjunkturverlauf reagieren. Die Beschäftigung dürfte durchschnittlich (2012 bis 2017) um etwa
0,9 % pro Jahr wachsen, die Arbeitslosenrate wieder auf 4,3 % sinken.
Was empfiehlt die Europäische Union Österreich?
Die aktuellen "Länderspezifischen Empfehlungen", die der Europäische Rat Österreich im
Hinblick auf die Erfüllung des 2020-Programms mit auf den Weg gegeben hat, lauten wie folgt:
Österreich soll erstens die Konsolidierungsstrategie 2013 und in den folgenden Jahren verstärkt und strikt
umsetzen, das übermäßige Defizit rasch korrigieren und den Haushalt strukturell anpassen, wie dies
vor dem Hintergrund des Defizitverfahrens festgelegt wurde. Zweitens empfiehlt der Rat Österreich eine Stärkung
des nationalen Budgetrahmens. Die Verantwortungsbereiche von Bund, Ländern und Gemeinden sollen ausgerichtet
und Reformen zur Verbesserung von Organisation, Finanzierung und Effizienz des Gesundheits- und Bildungssektors
umgesetzt werden.
Beschleunigte Harmonisierung des gesetzlichen Pensionsalters für Frauen und Männer lautet die länderspezifische
Empfehlung Nr. 3 des Rates, in der auch eine bessere Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer
und die Überwachung der Reformen zur Beschränkung der Inanspruchnahme der Frühpension sowie eine
Anhebung des tatsächlichen Pensionsalter empfohlen werden, unter anderem durch Koppelung des gesetzlichen
Pensionsalter an die Lebenserwartung.
Länderspezifische Empfehlung Nr. 4 zielt auf Verringerung der effektiven Steuer- und Sozialversicherungsbelastung
der Arbeit, vor allem bei niedrigen Löhnen. Die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer und Frauen
soll gesteigert, die steuerlichen Belastungen budgetneutral auf Immobilien- und Umweltsteuern verlagert, der hohe
geschlechtsspezifische Lohnunterschied reduziert und Vollzeitbeschäftigungsmöglichkeiten für Frauen
gefördert werden, insbesondere durch den Ausbau der Betreuung abhängiger Personen.
Fünftens soll Österreich weiterhin Maßnahmen setzen, um die Bildungsergebnisse zu verbessern, insbesondere
bei benachteiligten jungen Menschen. Die Abbrecherquote an den Hochschulen soll gesenkt werden.
Länderspezifische Empfehlung Nr. 6 zielt auf die Förderung des Wettbewerbs im Dienstleistungssektor.
Marktzugangshindernisse bei Kommunikation, Verkehr und Energieeinzelhandel sollen beseitigt und ungerechtfertigte
Beschränkungen des Zugangs zu freien Berufen abgeschafft werden. Die Befugnisse der Bundeswettbewerbsbehörde
sollen gestärkt und die Umsetzung der Reform der Wettbewerbsvorschriften beschleunigt werden.
Laut länderspezifischer Empfehlung Nr. 7 sollen diejenigen Banken umstrukturiert und überwacht werden,
die staatliche Unterstützung erhalten haben, wobei eine übermäßige Verringerung des Fremdkapitalanteils
zu vermeiden sei. Die Zusammenarbeit und Koordinierung mit den Finanzaufsichtsbehörden anderer Länder
soll weiter verbessert werden, rät der Rat der Europäischen Union Österreich auf dessen Weg zur
Erfüllung der Europa 2020-Ziele.
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