Burgenländischer Landtag hält Symposium zum Thema Barrierefreiheit
ab
Eisenstadt (blms) - „Barrierefreiheit – ein Leben ohne Handicap“ war das Thema eines Symposiums, das auf
Initiative von Landtagspräsident Gerhard Steier am 07.05. im Burgenländischen Landtag abgehalten wurde.
Zehn Jahre nach dem Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderung sollte damit ein weiteres Signal gesetzt
und auf noch vorhandene Barrieren hingewiesen werden. „Menschen mit Behinderung verdienen unsere ganze Aufmerksamkeit,
und dass alle Anstrengungen unternommen werden, ihnen ein möglichst uneingeschränktes Leben ohne Barrieren
zu ermöglichen“, stellte Steier fest. Behinderung kann jeden treffen, ob durch Unfall oder Krankheit; nicht
zuletzt jedoch aufgrund der demografischen Entwicklung und der Überalterung der Bevölkerung kommt dem
Thema Barrierefreiheit immer größere Bedeutung zu. Einhelliger Tenor über die Parteigrenzen hinweg:
Das Burgenland bekennt sich zur Barrierefreiheit.
„Jahrhundert der Alterung“
Das 21. Jahrhundert werde das „Jahrhundert der Alterung“ stellte ORGR Mag. Manfred Dreiszker, Referatsleiter
Statistik im Amt der Burgenländischen Landesregierung, in seinem Referat fest. Immer höhere Lebenserwartung
und stagnierende Fertilität werden den Anteil der älteren Bevölkerung (65+) im Burgenland in rund
25 Jahren auf mehr als 30 Prozent steigen lassen. Die Zahl der 90+-Jährigen wird von heute 2.000 auf mehr
als 4.000 in 20 Jahren anwachsen – Maßnahmen zur Barrierefreiheit seien mehr denn je gefragt. Bereits heute
seien im Burgenland mehr als 50.000 Menschen von einer Behinderung betroffen.
Politik, Wirtschaft, Gesellschaft gefordert
„Im Wort ‚Integration‘ steckt ‚ratio‘ – die Vernunft. Und diese ist eine wichtige Voraussetzung für Barrierefreiheit,
denn sie beginnt beim Verständnis“, erklärte Landeshauptmann Hans Niessl. „Barrierefreiheit heißt
aber auch, wirtschaftlich integriert zu sein, Menschen mit Handicap die Möglichkeit zu geben, einen Beruf
auszuüben“. Hier seien Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gefordert. Seit 2006 erfülle das Land die
geforderte Quote bei den Einstellungen von Menschen mit Behinderung im öffentlichen Dienst. Niessl sieht neben
der beruflichen auch schulische Integration als ein wichtiges Instrument; hier habe das Burgenland wichtige Weichenstellungen
vorgenommen. Insgesamt werden 450 Millionen Euro, das sind 45 % des Landesbudgets, für den gesamten Bereich
Gesundheit, Soziales und Wohnbauförderung ausgegeben. Landeshauptmann-Stellvertreter Mag. Franz Steindl verwies
auf die Maßnahmen im Hinblick auf Barrierefreiheit im Bereich des Baugewerbes; hier sei bereits, nicht zuletzt
durch das neue burgenländische Baugesetz, viel umgesetzt worden. „Es geht aber auch darum, nicht nur Barrieren
wegzuräumen, sondern Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Leben und persönliche Entfaltung zu
ermöglichen. Es braucht Menschen, die einander helfen, anstatt sich zu behindern“, so Steindl.
Visitenkarte der Gesellschaft
„Der Umgang mit dem Thema Barrierefreiheit stellt eine Visitenkarte der Gesellschaft dar. Integration ist nicht
nur ein Recht, sie ist auch eine Frage des Menschenbildes“, hielt Soziallandesrat Dr. Peter Rezar fest. Das Burgenland
habe dabei wichtige Schritte gesetzt: Seit dem Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderung ist das Budget
im Burgenland im Behindertenbereich von 19,4 auf 37,6 Millionen Euro im Jahr gestiegen; das entspricht fast einer
Verdoppelung. Seit 2009 kümmert sich im Burgenland eine Behindertenanwaltschaft in Kooperation mit den Behindertenorganisationen
um die Rechte und Anliegen von Menschen mit Handicap. „Das Land nimmt seine Verantwortung hinsichtlich des Abbaus
von Barrieren sehr ernst. Ich bin mir bewusst, dass es in diesem Bereich nie ein ‚Genug‘ geben kann, aber wir sind
auf dem richtigen Weg“, so Rezar.
Barrieren in den Köpfen abbauen
Hans-Jürgen Gross, Präsident des Österreichischen Zivilinvalidenverbandes (ÖZIV) Burgenland,
wünscht sich nicht nur die Beseitigung von Hindernissen im Alltag, sondern auch „den Abbau der Barrieren in
den Köpfen der Menschen“. Mit dem von Land und EU finanzierten Kompetenzzentrum für Barrierefreiheit
in Eisenstadt, dem ersten österreichweit, werde dazu ein großer Beitrag geleistet. Hier werden Firmen,
öffentliche Einrichtungen, Bauträger und Architekten zum Thema Barrierefreiheit geschult. Barrierefrei
ausgestattete Räume dienen als Anschauungsbeispiele. Barrierefreiheit solle selbstverständlich sein und
komme allen zugute, so etwa Menschen, die mit Kinderwägen unterwegs seien, Personen mit temporären Verletzungen
und nicht zuletzt älteren Menschen. Mit einfachsten Maßnahmen wie klaren Leitsystemen könnte oft
schon große Wirkung erzielt werden. Mit einem Gütesiegel will Gross Gebäude auszeichnen, die vorbildlich
barrierefrei ausgeführt sind. Ausdrücklich bedankte sich Gross für die gute Zusammenarbeit mit dem
Land Burgenland bei der Umsetzung vieler Maßnahmen und Initiativen.
Bereiche der Barrierefreiheit klar geregelt
Barrierefreiheit ist im Behindertengleichstellungsgesetz geregelt; dieses verlangt in klar umschriebenen Bereichen
Barrierefreiheit. Dazu gehören zum einen Gebäude und sonstige Anlagen, gestaltete Lebensbereiche, wie
öffentliche Parkanlagen, öffentliche Verkehrsmittel, aber auch technische Gebrauchsgegenstände
wie Handys, oder Systeme der Informationsverarbeitung wie Computer. Erst bei uneingeschränkter Benutzbarkeit
kann von Barrierefreiheit gesprochen werden.
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